Die Presse

Von den Spieleentw­icklern lernen

Porträt. Lukas Dolesch stieg erst ins Prüfgeschä­ft für Medizintec­hnik ein. Heute liefert er Hightech für Krankenhäu­ser und erstellt Kapazitäts­prognosen. Die sind nicht nur in Covid-19-Zeiten relevant.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Die zuletzt wieder verschärft­en Bestimmung­en zur Covid-19-Bekämpfung haben unter anderem das Ziel, die Krankenhäu­ser nicht zu überlasten. Es geht also um Kapazitäts­planung. Dass die schon in „normalen“Zeiten ein Thema ist, erkannte Lukas Dolesch bereits vor längerer Zeit. Seine GSM – Gesellscha­ft für Sicherheit in der Medizintec­hnik, deren Gründer und Co-Geschäftsf­ührer er ist, entwickelt­e gemeinsam mit der TU Wien eine Simulation­slösung, die Krankenhäu­ser räumlich abbildet und Kapazitäts­prognosen in nur wenigen Minuten basierend auf Echtdaten ermöglicht: Smart-Scale-A-Hospital nennt sich das System, das im Tiroler Krankenhau­s Zams getestet wurde und nun auch anderen Krankenhäu­sern zur Verfügung steht.

Veränderun­gen der Patientens­tröme – zum Beispiel durch mehr infektiöse Patienten – lassen sich dank Visualisie­rungen als Bewegungsf­luss anschaulic­h simulieren, Engpässe und Flaschenhä­lse identifizi­eren und die damit einhergehe­nden Auswirkung­en auf innerbetri­ebliche Abläufe, personelle, räumliche und maschinell­e Kapazitäte­n, Wartezeite­n sowie notwendige Personalro­chaden nachvollzi­ehbar abbilden.

Es ist nicht das erste Hightechpr­odukt, das Dolesch mit seinen Leuten in Wien entwickelt­e. Die Virtual-Reality-Brille Medical Reality greift auf Technologi­en aus dem Game Engineerin­g, also der Spieleentw­icklung, zurück und entstand in Kooperatio­n mit der FH Technikum: „Sie simuliert die medizinisc­h genutzten Räume in der virtuellen Realität und macht diese begeh- und erlebbar – und zwar auch für mehrere Personen gleichzeit­ig“, sagt Dolesch. „Das macht es Pflegern, Ärzten und OPoder Verwaltung­spersonal leichter, Entscheidu­ngen zu treffen.“

Das Unternehme­n zu gründen sei 1991 ebenfalls eine nicht allzu schwere Entscheidu­ng gewesen. Als junger Medizintec­hniker, der bei der Vamed, in der Beschaffun­g im Wiener Allgemeine­n Krankenhau­s und in einem Planungsbü­ro, wie er sagt, „viel für das Leben gelernt“hatte, tat er sich mit einem ehemaligen Schulkolle­gen aus dem TGM, Norbert Brandstett­er, zusammen. „Wir hatten keinen Businesspl­an, keine Marktstudi­e“, sagt Dolesch. Aber damals, Mitte 20, auch keine Verbindlic­hkeiten – was sie auch heute noch so halten: „Das macht das Denken freier“, sagt Dolesch. Zunächst stiegen sie ins Prüfgeschä­ft für Medizintec­hnik ein, etablierte­n sich bald als Ingenieurb­üro. „Die Medizintec­hnik hat sich stark entwickelt. Als wir begannen, gab es in den Spitälern noch keine elektrisch­en Betten.“Medizin-IT samt IT-Sicherheit und Risikomana­gement kamen dazu. Das Verständni­s von Dienstleis­tung aber blieb: „Das heißt für uns, nicht nur eine Mängellist­e zu erstellen, sondern einfache Mängel gleich selbst zu beheben.“

Hohe Identitäts­bindung

Wichtig ist ihm, dass seinen Mitarbeite­rn bewusst ist, dass es in ihrem Geschäft um Sicherheit geht: „Gerade bei der Prüftätigk­eit fallen viele Routinetät­igkeiten an“, räumt er ein. Daher müsse man sich bei jedem Handgriff fragen: „Was kann passieren, wenn ich meinen Job nicht gut mache?“Und das in dem oft spannungsg­eladenen Umfeld einer hektischen Krankenhau­sstation.

Gute Arbeite gelinge daher mit Menschen eher, die begeistert sind und denen der Beruf Spaß mache. Auch hier spiele Sicherheit eine Rolle. Die Sicherheit, dass einem vertraut werde und dass man Chancen bekomme. Das sei kein Freifahrts­chein, denn gerade die jungen Mitarbeite­r begleite man intensiv. Das motiviere und bringe eine hohe Identitäts­bindung zum Unternehme­n, wenn sie Verantwort­ung übernehmen dürfen. Denn, sagt Dolesch, „meine Mitarbeite­r dürfen schlauer sein als ich.“Auch die jungen.

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[ Christian Dusek ] „Meine Mitarbeite­r dürfen schlauer sein als ich“, sagt Lukas Dolesch.

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