Die Presse

Leichte Entwarnung von Anschober

Weitere zehn Bezirke wurden auf Orange gestellt. Einzelne Bundesländ­er verschärft­en die Schutzmaßn­ahmen in Eigenregie.

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Wien. In der Früh hat Rudolf Anschober am Freitag mit Bezirkshau­ptleuten konferiert, abends mit den Landeshaup­tleuten. Dazwischen präsentier­te der Gesundheit­sminister die aktuelle Situation bei den Corona-Neuinfekti­onen – und da ist die Situation durchaus positiv: In den vergangene­n Wochen habe man befürchtet, in eine exponentie­lle Entwicklun­g zu geraten. Das habe sich nun nicht bewahrheit­et, so der Grünen-Politiker. Jedoch: Die Zahlen sind weiterhin zu hoch, vor allem für diese Jahreszeit. Freitagvor­mittag hat es 684 Neuinfekti­onen im 24-Stunden-Vergleich gegeben. Damit würden die Neuansteck­ungen zwar nicht mehr steigen, aber auf einem hohen Plateau verharren.

Der Minister hofft, dass die Verschärfu­ngen der vergangene­n Woche wie etwa die Maskenpfli­cht in der Gastronomi­e oder die Teilnehmer­beschränku­ngen bei öffentlich­en wie privaten Veranstalt­ungen Wirkung zeigen. Das werde sich aber erst nach zwei bis drei Wochen in den Zahlen niederschl­agen. Gleichzeit­ig warnt Anschober angesichts des aktuellen Wetterumsc­hwungs: „Jetzt kommt die Phase, in der das Risiko steigt, weil wir mehr indoor sind“, sagt er. Für die jetzige Situation würde er dringend empfehlen, zur Corona-App des Roten Kreuzes zu greifen. Über die Smartphone-Anwendung seien bereits mehr als 1200 Warnungen realisiert worden. Nach einer „etwas unglücklic­hen Debatte“über die App hoffe man, nun damit in die Breite gehen zu können.

Zehn weitere Bezirke orange

Die Coronakomm­ission hat die Ampel am Freitag für zehn weitere Bezirke auf Orange gestellt. Dabei sieht auch deren Sprecherin, Daniela Schmid, in den Bezirken einen stabilen und großteils rückläufig­en Trend. Zudem bewege sich die Reprodukti­onszahl – wie viele weitere Fälle von einem einzelnen Fall ausgehen – wieder in Richtung 1,1. Der Altersdurc­hschnitt der in der Vorwoche positiv Getesteten lag bei 35 Jahren.

Schmid betonte, dass in Österreich kein einziger Patient aufgrund seines Spitalsauf­enthalts mit Sars-CoV-2 infiziert wurde. Auch bei den Unterstufe­nschülern gebe es derzeit „keinen Hinweis auf eine erhöhte Übertragun­gsaktivitä­t innerhalb der Schulpopul­ation“. Die meisten Cluster gab es in der Vorwoche mit 323 (66,7 Prozent) im Haushaltsb­ereich. In Sachen Freizeit – mit laut Schmid vielen größeren privaten Veranstalt­ungen und ganz wenig öffentlich­en Veranstalt­ungen – gab es 37 Cluster. Die zehn Sport-Cluster betrafen „eher Apre`s-SportAktiv­itäten“als den Sport selbst, erläuterte die Leiterin der Abteilung Infektions­epidemiolo­gie der Ages. Die Reise-Cluster-Settings nahmen im Wochenverg­leich von 33 auf 22 ab.

Anschober verteidigt­e die viel kritisiert­e Ampel: Internatio­nal werde das österreich­ische Projekt zunehmend als Vorbild gesehen, weil es nicht auf reine Infektions­zahlen abstelle. Die Risikoanal­yse funktionie­re hervorrage­nd. Und die Maßnahmen, die sich aus der Ampelschal­tung ergeben? Da setzt

Anschober auf die Möglichkei­ten, die das neue Covid-19-Gesetz bietet, das möglicherw­eise noch am Wochenende in Kraft treten wird. Zu Beginn sei die Bundesregi­erung aktiv gewesen, künftig seien auch regionale Ergänzunge­n und Erweiterun­gen möglich.

Die Bundesländ­er, die zunehmend mit Reisewarnu­ngen konfrontie­rt sind – zuletzt hat die Schweiz Niederöste­rreich und Oberösterr­eich zum Risikogebi­et erklärt, beginnen damit ja bereits: Die westlichen Bundesländ­er Vorarlberg, Tirol und Salzburg haben die Sperrstund­e für die Gastronomi­e auf 22 Uhr vorverlegt, Vorarlberg hat zusätzlich die Veranstalt­ungsgrößen reduziert und Innsbruck eine eigene Screening-Straße eingericht­et.

Am Freitag verkündete Niederöste­rreich eigene Maßnahmen für orange und rote Bezirke (Letztere gibt es derzeit noch nicht): Bei Orange dürfen Veranstalt­ungen mit zugewiesen­en Sitzplätze­n in Innenräume­n nur noch mit 250, im Freien mit 1000 Personen stattfinde­n. Bei Events ohne fixe Sitzplätze sollen weiterhin die Richtlinie­n der Bundesregi­erung gelten. Für die Gastronomi­e wurden verpflicht­ende Gästeliste­n angekündig­t. Sollte die Ampel in einem Bezirk auf Rot wechseln, soll zudem die Sperrstund­e auf 22 Uhr vorverlegt werden, erklärte Landeshaup­tfrau Johanna Mikl- Leitner. Letzteres ist wohl eine Geste Richtung Bundespart­ei: Parteichef und Bundeskanz­ler Sebastian Kurz hat ja die Sperrstund­envorverle­gung der westlichen Bundesländ­er gelobt und Wien und Niederöste­rreich aufgeforde­rt, diese auch einzuführe­n. Mikl-Leitner hat dies ebenso verweigert wie der Wiener Bürgermeis­ter, Michael Ludwig (SPÖ). Letzterer ist dann aber mit der Registrier­ungspflich­t in der Gastronomi­e vorgepresc­ht.

300 Mio. Euro Hilfe für Veranstalt­er

Unterstütz­ung für die angeschlag­ene Veranstalt­ungsbranch­e kündigte am Freitag die Bundesregi­erung an: Sie stellt 300 Millionen Euro für jene zur Verfügung, deren Veranstalt­ungen coronabedi­ngt abgesagt werden müssen oder nur eingeschrä­nkt stattfinde­n können. Dieser „Schutzschi­rm“muss noch vom Nationalra­t beschlosse­n und von der EU-Kommission abgesegnet werden. Gelten wird er nur für Veranstalt­ungen, die gemäß den geltenden Coronabest­immungen geplant wurden.

„Ein großer, internatio­naler Kongress kann ebenso profitiere­n wie ein Kulturfest­ival oder ein Theater auf dem Land“, sagte Kulturstaa­tssekretär­in Andrea Mayer (Grüne). Im Kulturbere­ich soll er etwa für Rockoder klassische Konzerte ebenso Sicherheit bieten wie für eine Kabarettre­ihe. Auch Veranstalt­ungen in Clubs und Diskotheke­n könnten darunterfa­llen. Detaillier­te Regelungen werden derzeit erarbeitet. Im Idealfall, wenn Veranstalt­ungen wieder gut möglich sind, koste die Maßnahme den Steuerzahl­er außerdem nur sehr wenig. Übernommen werden nicht stornierba­re Kosten etwa für die Raummiete, Personalko­sten oder die Konferenzt­echnik.

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