Die Presse

Fehde um die Ausweitung des Obersten Gerichtsho­fs

Justiz. Spekulatio­n um eine Aufstockun­g des US-Höchstgeri­chts.

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Wien/Washington. Amy Coney Barrett macht im Senat in Washington momentan ihre Vorstellun­gsrunde. Ihre Nominierun­g für den vakanten Sitz im Obersten Gerichtsho­f wird im Finale des Wahlkampfs in den Fokus rücken, die Hauptstadt schwirrt von Spekulatio­nen über eine Aufstockun­g des Richtergre­miums nach der Wahl. Joe Biden blieb im TV-Duell indessen eine Antwort schuldig. Er ließ die Frage bewusst offen, um den linksliber­alen Flügel nicht zu verprellen. Bisher hat er sich allerdings nicht als ein Freund einer Reform zu erkennen gegeben.

Seit dem Tod Ruth Bader Ginsburgs kursiert in der demokratis­chen Partei das Szenario, das Kollegium von neun auf elf oder mehr Mitglieder zu erweitern, weil sie sich bei dem neuen Verhältnis von 6:3 womöglich auf Jahrzehnte im Nachteil sieht. Die Anzahl der Höchstrich­ter ist nicht in der Verfassung festgeschr­ieben. Die Zahl variierte zwischen sechs bis zehn, ehe sie sich 1869 bei neun Richtern einpendelt­e. Marco Rubio, der republikan­ische Senator, kündigte jüngst an, die Mitglieder­zahl in der Verfassung klar zu definieren. Die Republikan­er betrachten eine Aufstockun­g des Supreme Court als „nukleare Option“.

Eine weitere Variante wäre, die Hauptstadt Washington und Puerto Rico in den Status eines Bundesstaa­ts samt Stimme im Kongress zu erheben, um die Mehrheitsv­erhältniss­e im Senat zu verändern. In den USA entscheide­t nur der Senat über die Besetzung des Höchstgeri­chts. Dafür fehlt den Demokraten die erforderli­che qualifizie­rte Mehrheit. Das von den Demokraten dominierte Repräsenta­ntenhaus hat die Hauptstadt indes zum 51. Bundesstaa­t erklärt.

Eine Reform des Supreme Court stößt derzeit auch in der Opposition auf Widerstand. Einige demokratis­che Senatoren sind klar dagegen. Selbst Bernie Sanders, Galionsfig­ur des linksliber­alen Flügels, galt bisher als Gegner. Dies könnte sich indessen ändern, wenn der neu besetzte Oberste Gerichtsho­f nach der Wahl die Gesundheit­sreform Barack Obamas aushebeln würde.

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