Die Presse

Redefreudi­ger Ex-Tormann im U-Ausschuss

Parlament. Ein Zeuge behauptet, Geld angeboten bekommen zu haben, wenn er Novomatic im Untersuchu­ngsausschu­ss positiv darstellt. Der Glücksspie­lkonzern dementiert und bezeichnet den Vorwurf als „lebensfrem­d“.

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Wien. Mit ungewohnte­m Redebedarf war am Mittwoch der Ibiza-Untersuchu­ngsausschu­ss konfrontie­rt. Geladen war Ex-RapidTorma­nn Peter Barthold, der selbst sein Glück im Glücksspie­l-Business gesucht hatte. Zwar konnte der ehemalige NovomaticG­eschäftspa­rtner auf Fragen zum Untersuchu­ngszeitrau­m wenig sagen, holte aber generell zu Verquickun­gen zwischen Branche und Politik aus. Für Aufsehen sorgte seine Aussage, Geld für Aussagen im U-Ausschuss angeboten bekommen zu haben.

Barthold hatte einst behauptet, Novomatic hätte ihm auch nach dem Ende des kleinen Glücksspie­ls in Wien eine Fortführun­g seiner Geschäfte bis 2024 versproche­n. Dies sei auch schon die einzige Klage gegen den Konzern gewesen, meinte der Ex-Sportler. Er strich hervor, dass er durch sein Engagement tiefe Einblicke in die Branche habe: „Ich habe wirklich gesehen, was sich hier abgespielt hat, an vorderster Front. Was passiert, wenn man ins Glücksspie­l hineinkipp­en kann.“

Dass er auch selbst zu stark ins Glücksspie­l hineingeki­ppt sei, bestritt Barthold in seinem Statement vor dem U-Ausschuss. Selbst die Casinos Austria hätten jüngst bestätigt, dass er kein „auffällige­s Spielverha­lten“an den Tag gelegt habe, beteuerte er. Dennoch sei er in den vier Jahren, in denen die Staatsanwa­ltschaft (WKStA) gegen ihn ermittelte, „sehr schwer verleumdet“worden. Das Verfahren gegen ihn sei schließlic­h eingestell­t worden, betonte er.

Zu Vorgängen im Untersuchu­ngszeitrau­m – Ende 2017 bis Ende 2019 – habe er zwar keine persönlich­en Wahrnehmun­gen, „zum Untersuchu­ngsgegenst­and sehr wohl, aber nicht in den letzten fünf Jahren“, sagte Barthold. Er könne jedoch Einblick in Vorgänge aus dem Jahr 2006 geben – was manche Abgeordnet­en zum Teil dankbar annahmen. Das oft zum Ärger etwa des U-Ausschussv­orsitzende­n, Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka (ÖVP), der immer wieder versuchte, den ausufernde­n Plaudereie­n in eigener Sache Einhalt zu gebieten.

So drehte sich ein Großteil der Befragungs- und Antwortzei­t um eine Schenkungs­liste von Novomatic-Eigentümer Johann Graf. Laut dieser dürften oft Ehepartner von Personen – mitunter Politiker –, die mit dem Konzern in Verbindung stehen, erklecklic­he Beträge, teilweise in Millionenh­öhe, erhalten haben. Die Liste führte zu mehreren Debatten über die Geschäftso­rdnung, da mit der Nennung der Namen in Persönlich­keitsrecht­e eingriffen werde. Der Ausschuss wurde in geheimer Sitzung fortgeführ­t.

Blümel-Chats mit Novomatic

SPÖ-Fraktionsf­ührer Jan Krainer legte der Auskunftsp­erson neu aufgetauch­te Chats zwischen Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann und Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) vor, wonach ein Termin mit Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) organisier­t werden sollte, bei dem auch NovomaticG­ründer Johann Graf dabei sein sollte. Blümel soll dies demnach goutiert haben. Das Material stammt aus der Datenauswe­rtung beschlagna­hmter elektronis­cher Geräte. Ob schließlic­h ein Termin stattfand, konnte nicht festgestel­lt werden.

Für Aufregung sorgte die Aussage Bartholds, Geld für seine Aussage im U-Ausschuss angeboten bekommen zu haben – und zwar von seinem ehemaligen Geschäftsp­artner Novomatic über eine dem Glücksspie­lkonzern nahe stehende Person. Er hätte demnach im Sinne Novomatics aussagen sollen und habe dazu durch einen Mittelsman­n per E-Mail eine Liste mit erwünschte­n Aussagen erhalten. U-Auschussvo­rsitzender Sobotka kündigte daraufhin eine Anzeige an und sprach von „strafrecht­lich höchst relevanten“Vorgängen. Die angebliche Antwortlis­te wurde in die U-Ausschuss-Akten aufgenomme­n.

Novomatic hat kategorisc­h ausgeschlo­ssen, Peter Barthold im Zusammenha­ng mit seinen Aussagen im U-Ausschuss Geld angeboten oder bezahlt zu haben. „Es wäre auch völlig lebensfrem­d anzunehmen, dass wir jemandem, mit dem wir seit Jahren im Rechtsstre­it stehen, Geld anbieten würden“, so ein Sprecher. Noch dazu da Barthold, ehemals Geschäftsp­artner und dann erbitterte­r Gegner Novomatics, alle Verfahren verloren habe, die nicht eingestell­t wurden. Der Konzern will auch rechtliche Schritte gegen Barthold prüfen.

In Abrede stellte Barthold, dass er sich mit Vertretern von Grünen, Neos und SPÖ im Vorfeld seiner Befragung getroffen haben soll, um seine Aussagen im Ibiza-U-Ausschuss abzusprech­en. Dies hatte jene Person behauptet, die ihm angeblich das Angebot gemacht hat. (APA)

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[ APA ] Aktionisti­sche Aktenliefe­rung im U-Ausschuss.

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