Wenn viele Milliarden wenig bewirken
Mehrwertsteuersenkungen helfen in der Krise offenbar wenig.
In der Theorie ist die Sache einfach: Man senkt die Mehrwertsteuer, der Handel gibt dies an die Kunden weiter, die Preise sinken, die Konsumenten greifen zu, der Umsatz steigt – und schon hat man einen schönen Konjunkturimpuls gesetzt.
Diese Lehrbuchweisheit war wohl der Hintergrund der befristeten Mehrwertsteuersenkung von 19 auf 16 (beziehungsweise von sieben auf fünf ) Prozent, mit der die deutsche Regierung die coronabedingt lahmende Konjunktur anschieben wollte. Und beim Nachbarn wurde diese Steuersenkung (anders als bei einer ähnlichen Aktion für die Gastronomie in Österreich) in mehr als der Hälfte der Fälle auch an die Kunden weitergegeben.
Nur: Theorie ist die eine, das wirkliche Leben die andere Seite der Medaille. Laut mehreren, gestern vom „Handelsblatt“veröffentlichten Umfragen war die Sache nämlich ein ziemlicher Schlag ins Wasser. Nur elf Prozent der Konsumenten gaben an, dass sie die Mehrwertsteuersenkung zum Besuch von Geschäften animiert habe. Und 82 Prozent der befragten kleinund mittelständischen Händler klagten, dass das Steuerzuckerl keine Geschäftsbelebung gebracht habe.
Konsum hat eben auch mit Psychologie zu tun. Menschen, die um ihre Jobs bangen, stürmen wegen ein paar Prozent Preisnachlass nicht unbedingt die Einkaufsstraßen. Sie kaufen nur das, was sie dringend brauchen. Deshalb spürt auch der Lebensmittelhandel relativ wenig von der Krise.
Die Sache ist nur die: Die Mehrwertsteuersenkung bedeutet fast 20 Milliarden Euro an Einnahmenausfall. Und bringt so gut wie nichts. Das wird jetzt niemanden weiter aufregen, denn große Zahlen schrecken keinen mehr, seit die Billion zur gängigen Recheneinheit geworden ist. Aber es sind doch sinnlos verbratene Milliarden, die künftigen Generationen als Staatsschulden um den Hals hängen werden.
Was das alles uns hier in Österreich angeht? Nun, auch hier wird in der Krise mit Geld geschüttet, als gäbe es kein Morgen. Und da könnte man ruhig ein bisschen mehr auf Wirkungsorientierung schauen.
josef.urschitz@diepresse.com