Wolkig mit Aussicht auf Besserung
Das dritte Quartal ist zu Ende – wie haben sich die Börsen bisher in der Coronakrise geschlagen? Ein Überblick über Kursstürze und aufsehenerregende Erholungen.
Wien. Die Fassungslosigkeit war so manchen Aktionären am Jahresbeginn förmlich anzusehen – als sie und mit ihnen der gesamte westliche Finanzmarkt erstmals begriffen, dass das neuartige Coronavirus kein Problem Chinas bleiben würde. Lang bevor die Weltgesundheitsorganisation eine Pandemie ausrief, krachte es an den Börsen, noch dazu gewaltig.
Es zeigte sich nämlich, dass die geschlossenen Fabriken Wuhans auch Auswirkungen auf die Unternehmen im Westen haben würden. Spätestens als Apple eine Umsatzwarnung veröffentlichte und der erste Rückgang der globalen Ölnachfrage seit der Finanzkrise erwartet wurde, war klar, dass das Konsequenzen haben musste. Die Aktienmärkte nahmen in der Zeit um Ende Februar, Anfang März bereits vorweg, was viele Ökonomen, angesichts langsam eintrudelnder Daten, in dem Ausmaß wohl noch nicht ganz kommen sahen: eine ziemlich scharfe Rezession.
Und so warfen die Investoren ihre Papiere ab Mitte/Ende Februar in Bausch und Bogen auf den Markt, der Absturz hatte mit dem Corona-Crash auch bald einen Namen. Der viel beachtete Fear & Greed Index, der die Angst und Gier an den Finanzmärkten misst, stand auf Anschlag – so groß war die Furcht. Gleichzeitig erklommen die Volatilitätsindizes, die die Schwankungen an den Märkten anzeigen, neue Allzeithochs. Die Börse hatte wahrlich schon schönere Stunden gesehen.
Doch nach fast einem Monat war der Spuk praktisch vorbei, die Aktienmärkte fanden ihren Boden, die Börsengewinne vieler Monate und Jahre blieben trotzdem vernichtet. Zumindest glaubte man das. Denn seither ist an der Börse schon wieder viel passiert. Besonders in den USA. Die Wall Street hat seit ihrem Tief nämlich zu einer breiten Erholung angesetzt, die wohl kaum jemand kommen gesehen hatte. Unterstützt wurden die Kursanstiege der vergangenen Monate nicht nur von weitreichenden Interventionen der Notenbank, sondern auch von der Tatsache, dass das Land Konzerne beheimatet, die man in Europa vergeblich sucht und die einen großen Teil der Gewichtung im breiten Index S&P 500 ausmachen.
Techkonzerne als Zugpferd
Amazon, Apple, Google oder Microsoft waren schon zuvor Schwergewichte auf dem Kapitalmarkt und sind es nun noch mehr. Denn mit Corona schlug die Stunde der
Digitalisierung. Die Aktie von Amazon hat sich seit ihrem Tief im März um fast 90 Prozent verteuert, für Microsofts Papiere muss man inzwischen um die Hälfte mehr bezahlen.
In den vergangenen Wochen allerdings wollten die Kursanstiege unter den Techkonzernen nicht mehr so richtig gelingen. Die Papiere gelten als hoch bewertet, manche wollen da lieber Gewinne mitnehmen. Allein die Techbörse Nasdaq hat im September um fast acht Prozent nachgegeben, ein Minus, wie man es in den vergangenen fünf Monaten vergeblich gesucht hatte. Auch andere Börsenplätze schwächelten deutlich.
Das mag nicht nur daran liegen, dass der September traditionell als schwacher Börsenmonat gilt. Sondern auch an den Sorgen, die die Welt im Moment plagen. Steigende Neuinfektionen mit dem Coronavirus, die Angst vor weiteren Lockdowns prägen derzeit das Geschehen. Zwar hat sich die konjunkturelle Lage zuletzt verbessert, doch könnte die Erholung an Kraft verlieren. Und dann steht in rund einem Monat auch noch die Wahl zum US-Präsidenten an. Bis dahin werden sich die Anleger wohl kaum aus der Deckung wagen. Ist dieses Thema aber erst einmal abgehakt, könnte das den Startschuss für eine Rallye liefern.