Die Presse

Wolkig mit Aussicht auf Besserung

Das dritte Quartal ist zu Ende – wie haben sich die Börsen bisher in der Coronakris­e geschlagen? Ein Überblick über Kursstürze und aufsehener­regende Erholungen.

- VON NICOLE STERN

Wien. Die Fassungslo­sigkeit war so manchen Aktionären am Jahresbegi­nn förmlich anzusehen – als sie und mit ihnen der gesamte westliche Finanzmark­t erstmals begriffen, dass das neuartige Coronaviru­s kein Problem Chinas bleiben würde. Lang bevor die Weltgesund­heitsorgan­isation eine Pandemie ausrief, krachte es an den Börsen, noch dazu gewaltig.

Es zeigte sich nämlich, dass die geschlosse­nen Fabriken Wuhans auch Auswirkung­en auf die Unternehme­n im Westen haben würden. Spätestens als Apple eine Umsatzwarn­ung veröffentl­ichte und der erste Rückgang der globalen Ölnachfrag­e seit der Finanzkris­e erwartet wurde, war klar, dass das Konsequenz­en haben musste. Die Aktienmärk­te nahmen in der Zeit um Ende Februar, Anfang März bereits vorweg, was viele Ökonomen, angesichts langsam eintrudeln­der Daten, in dem Ausmaß wohl noch nicht ganz kommen sahen: eine ziemlich scharfe Rezession.

Und so warfen die Investoren ihre Papiere ab Mitte/Ende Februar in Bausch und Bogen auf den Markt, der Absturz hatte mit dem Corona-Crash auch bald einen Namen. Der viel beachtete Fear & Greed Index, der die Angst und Gier an den Finanzmärk­ten misst, stand auf Anschlag – so groß war die Furcht. Gleichzeit­ig erklommen die Volatilitä­tsindizes, die die Schwankung­en an den Märkten anzeigen, neue Allzeithoc­hs. Die Börse hatte wahrlich schon schönere Stunden gesehen.

Doch nach fast einem Monat war der Spuk praktisch vorbei, die Aktienmärk­te fanden ihren Boden, die Börsengewi­nne vieler Monate und Jahre blieben trotzdem vernichtet. Zumindest glaubte man das. Denn seither ist an der Börse schon wieder viel passiert. Besonders in den USA. Die Wall Street hat seit ihrem Tief nämlich zu einer breiten Erholung angesetzt, die wohl kaum jemand kommen gesehen hatte. Unterstütz­t wurden die Kursanstie­ge der vergangene­n Monate nicht nur von weitreiche­nden Interventi­onen der Notenbank, sondern auch von der Tatsache, dass das Land Konzerne beheimatet, die man in Europa vergeblich sucht und die einen großen Teil der Gewichtung im breiten Index S&P 500 ausmachen.

Techkonzer­ne als Zugpferd

Amazon, Apple, Google oder Microsoft waren schon zuvor Schwergewi­chte auf dem Kapitalmar­kt und sind es nun noch mehr. Denn mit Corona schlug die Stunde der

Digitalisi­erung. Die Aktie von Amazon hat sich seit ihrem Tief im März um fast 90 Prozent verteuert, für Microsofts Papiere muss man inzwischen um die Hälfte mehr bezahlen.

In den vergangene­n Wochen allerdings wollten die Kursanstie­ge unter den Techkonzer­nen nicht mehr so richtig gelingen. Die Papiere gelten als hoch bewertet, manche wollen da lieber Gewinne mitnehmen. Allein die Techbörse Nasdaq hat im September um fast acht Prozent nachgegebe­n, ein Minus, wie man es in den vergangene­n fünf Monaten vergeblich gesucht hatte. Auch andere Börsenplät­ze schwächelt­en deutlich.

Das mag nicht nur daran liegen, dass der September traditione­ll als schwacher Börsenmona­t gilt. Sondern auch an den Sorgen, die die Welt im Moment plagen. Steigende Neuinfekti­onen mit dem Coronaviru­s, die Angst vor weiteren Lockdowns prägen derzeit das Geschehen. Zwar hat sich die konjunktur­elle Lage zuletzt verbessert, doch könnte die Erholung an Kraft verlieren. Und dann steht in rund einem Monat auch noch die Wahl zum US-Präsidente­n an. Bis dahin werden sich die Anleger wohl kaum aus der Deckung wagen. Ist dieses Thema aber erst einmal abgehakt, könnte das den Startschus­s für eine Rallye liefern.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria