Die Presse

Fremde sind anders gleich als Staatsbürg­er

Grundrecht­e.

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Gleichheit­sgrundsatz. Unter den Dutzenden Grundrecht­en, die in Österreich verfassung­srechtlich abgesicher­t sind, ist eines besonders hervorzuhe­ben: der Gleichheit­sgrundsatz. Er steht schon im Staatsgrun­dgesetz (1867) an erster Stelle, im B-VG steht er noch einmal: „Alle Staatsbürg­er sind vor dem Gesetze gleich.“

War gleich nach Ende der Monarchie noch die Abschaffun­g von Vorrechten der Geburt oder des Standes die Kernbotsch­aft, hat sich der Gleichheit­sgrundsatz als Inbegriff von Gerechtigk­eit seither zum weitaus wichtigste­n Maßstab in der Judikatur des Verfassung­sgerichtsh­ofs entwickelt. Es ergeht kaum ein Erkenntnis, in dem er keine Rolle spielt.

Gleichheit­swidrig kann eine individuel­le Behördenen­tscheidung, die auf einem völlig unzureiche­nden Verfahren basiert (Willkür!), ebenso sein wie ein Gesetz, das ohne sachliche Rechtferti­gung Gleiches ungleich und Ungleiches gleich behandelt. Aktuelles Beispiel: Es war laut VfGH gleichheit­swidrig, dass eine Zeit lang Bau und Gartenmärk­te öffnen durften, andere Geschäfte mit mehr als 400 Quadratmet­ern aber nicht. Dass jedoch das Epidemiege­setz Entschädig­ungen für Zwangsschl­ießungen vorsieht, nicht aber auch das Covid-19-Gesetz, ist zulässig: Denn mit dem Epidemiege­setz habe der Gesetzgebe­r die Sperre bloß einzelner Betriebe vor Augen gehabt, keine großflächi­ge.

Dass nur Männer Wehr- oder Zivildiens­t leisten müssen, mag sachlich nicht gerechtfer­tigt sein, ist aber in der Verfassung abgesicher­t, wie auch einseitige Maßnahmen zur Förderung der Gleichstel­lung von Frau/Mann. Der Gleichheit­ssatz gilt für Staatsbürg­er; Fremde müssen untereinan­der gleich behandelt werden und können anders als Inländer behandelt werden, wenn es sachlich gerechtfer­tigt ist.

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