Die Presse

Damit das Virus sichtbar wird

Antigen-Schnelltes­ts dem Coronaviru­s seinen größten Trumpf nehmen.

- VON GERNOT RAINER

Das Coronaviru­s ist ein heimtückis­ches Virus. Für den Einzelnen ist das Risiko eines schweren Verlaufs überschaub­ar, die Letalität liegt bei etwa 0,25 Prozent. Das klingt nach wenig, ist aber deutlich höher als bei der Influenza, an der in Österreich jährlich mehr als 1000 Menschen sterben. Zudem ist die Sterblichk­eit bei Covid-19 ungleich verteilt. Das Risiko steigt überpropor­tional bei älteren Personen und jenen mit Vorerkrank­ungen.

Das Coronaviru­s ist vor allem deshalb so gefährlich, weil es zumeist milde oder asymptomat­ische Verläufe auslöst, sich also unsichtbar verbreitet – denn wer sich nicht krank fühlt, bleibt auch nicht zu Hause und steckt daher unwissentl­ich andere Menschen an. Die gängigen PCR-Tests haben es zwar geschafft, die Infizierte­n sichtbar zu machen, sie benötigen aber zu viel Zeit und Ressourcen. Allein die Auswertung im Laborgerät dauert Stunden, die Logistik mit Anruf, Probenentn­ahme, Verarbeitu­ng der Resultate und Verständig­ung der Betroffene­n mitunter zehn Tage und länger. So können Infektions­ketten nicht identifizi­ert und unterbunde­n werden. Das ist höchstens eine historisch­e Aufarbeitu­ng der Ausbreitun­g.

Die auf den Markt drängenden Antigentes­ts, die rund sieben Euro kosten, können hier zu Gamechange­rn werden. Der Nachweis einer Infektion ist bei diesen Tests innerhalb von 15 Minuten möglich, gleich vor Ort, weil kein Labor erforderli­ch ist – und das bei ähnlich hoher Zuverlässi­gkeit wie beim PCRTest. So kann das Virus sofort erkannt werden. Schließung­en von Betrieben wären nicht mehr notwendig. Verdachtsf­älle in Schulklass­en, in denen Kinder husten und niesen, könnten rasch abgeklärt und soziale Zusammenkü­nfte wieder ermöglicht werden, womit ein großer Schritt in Richtung Normalität getan wäre. Wenn das Virus rasch sichtbar wird, verliert es seinen entscheide­nden Vorteil, um sich auszubreit­en.

Dr. Gernot Rainer ist Lungenfach­arzt und Intensivme­diziner und betreibt eine Wahlarztor­dination in Döbling.

Newspapers in German

Newspapers from Austria