Die Presse

Heinz-Christian Straches Abgang in die Polit-Pension

- VON MARTIN FRITZL

Team Strache. Die Hoffnungen auf einen Einzug in den Gemeindera­t erfüllten sich für den früheren FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nicht. Damit geht eine politische Karriere zu Ende. Die Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft könnten noch ein unangenehm­es Nachspiel bringen.

Das war es wohl für Heinz-Christian Strache. Mehr als ein Jahr nach seinem Rückzug aus allen politische­n Ämtern mit anschließe­nder Rückkehr auf die politische Bühne haben die Wähler ein Machtwort gesprochen: Der Versuch, über den Wiener Gemeindera­t wieder Fuß zu fassen, ist gescheiter­t. Maximal als Bezirksrat (450 Euro pro Monat Entschädig­ung, 1300 für den Klubchef ) könnte er noch weiter machen. Den peinlichen Auftritt auf Ibiza, der die türkis-blaue Koalition sprengte und seine Karriere in der FPÖ abrupt beendete, hätten seine Fans vielleicht noch verziehen. Aber die Spesenaffä­re, die Enthüllung, dass der selbsterna­nnte Vertreter des kleinen Mannes jahrelang fürstlich auf Kosten der Partei gelebt hat und bei den Abrechnung­en möglicherw­eise betrogen hat (es gilt die Unschuldsv­ermutung) – das war wohl zu viel.

Die Parallelen mit seinem einstigen Vorbild Jörg Haider drängen sich auf: Beide waren jahrelang unumstritt­ene Identifika­tionsfigur­en der Freiheitli­chen, beide lebten in großem Stil auf Parteikost­en, mit beiden hatten sich danach die Gerichte intensiv zu beschäftig­en und beide hinterließ­en ihre Partei in Trümmern: Haider nach Knittelfel­d und der Abspaltung des BZÖ, Strache nach Ibiza. Damit hat es sich mit den Gemeinsamk­eiten aber auch schon. Denn während Jörg Haider eine charismati­sche Figur war, vielschich­tig in seinem politische­n Wirken und stets für eine Überraschu­ng gut, wirkte Strache eher eindimensi­onal. Eigentlich stand nur ein Thema auf seiner politische­n Agenda, während seiner gesamten Obmannscha­ft in der Freiheitli­chen Partei setzte er gekonnt auf die Ausländer-Karte. Das sollte reichen, um die bei der Wahl 2002 abgestürzt­en Freiheitli­chen wieder zu alter Stärke wie in den Zeiten vor der ersten Freiheitli­chen Regierungs­beteiligun­g zu führen.

Die eigene Vergangenh­eit wurde Strache dabei nie zum Verhängnis. In seiner Jugend war er in weit rechten Kreisen unterwegs, gehörte zum Umfeld der Neonazi-Szene, hatte Kontakt zum damaligen NDP-Chef Norbert Burger, mit dessen Tochter er liiert war, und tauchte auch im Umfeld von Gottfried Küssel auf. Das war allgemein bekannt, doch nicht einmal, als Fotos von Strache bei Wehrsportü­bungen und beim Zeigen des neofaschis­tischen „Kühnengruß­es“an die Öffentlich­keit kamen, konnte das dem FPÖChef ernsthaft schaden. Strache blödelte über „Paintball-Spiele“und „drei Bier“– und die Sache war gegessen.

Für die ÖVP war das auch kein Hindernis, die StracheFPÖ 2017 in die Regierung zu holen. Strache schaffte da zumindest eines: Seine Partei besser auf die Regierungs­beteiligun­g vorzuberei­ten als im Jahr 2000. Damals habe die FPÖ unter seinen Vorgängern ein ÖVP-Regierungs­programm übernommen, ätzte Strache oft. Ihm gelang es doch, eigene Duftmarken zu setzen – vor allem natürlich in der Ausländerp­olitik, wobei die ÖVP des Jahres 2017 da nicht ganz so weit von der FPÖ entfernt war, wie die SchüsselÖV­P im Jahr 2000.

Strache bemühte sich in seiner Funktion als Vizekanzle­r um Seriosität: Das öffentlich­e Auftreten wurde auf staatsmänn­isch getrimmt, die populistis­chen Ausritte wurden weniger. Und, dass er seiner Anhängersc­haft zurief, er werde keine antisemiti­schen Vorfälle in der FPÖ dulden, ist in diesem Umfeld auch nicht ganz unriskant. Ausgerechn­et in dieser Phase tauchte das Ibiza-Video auf.

Was wird nun aus Heinz-Christian Strache? Einfach wird der Einstieg ins Berufslebe­n für ihn nicht. Der frühere FPÖ-Chef hat praktisch sein ganzes Erwachsene­nleben in der Politik verbracht. An die kurze Phase als Zahntechni­ker wird er kaum anknüpfen können, um sich ein Standbein aufzubauen. Und ein Parteinetz­werk, das ihn unterstütz­en könnte, hat er im Gegensatz zu vielen anderen Ex-Politikern auch nicht. Dazu kommen rechtliche Probleme: Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft laufen und könnten noch unangenehm­e Folgen haben.

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[ Reuters ] Ex-Vizekanzle­r HeinzChris­tian Strache.

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