Grüne Mini-Forderungen statt pinker Kontrolle
Analyse I. Die Grünen gehen mit kontroversen Ideen in die Verhandlungen, aber eher ohne klare Bedingungen.
In die Karten schauen lassen will sich bei den Grünen noch niemand. Die Gremien der Partei werden erst am Mittwoch beraten – und, nachdem der bisherige Partner, Bürgermeister Michael Ludwig, öffentlichkeitswirksam mit Alternativen liebäugelt will man der SPÖ derzeit offenbar lieber keine So-odernicht-Bedingungen ausrichten.
Beziehungsweise, Landesparteichefin Birgit Hebein hatte zuletzt nur eine einzige solche aufgestellt: Der verpflichtende Abbiegeassistent für Lkw über 7,5 Tonnen die in die Stadt einfahren. Dieses Verbot wurde nach schweren Lkw-Abbiege-Unfällen, bei einem starb ein Schulkind, schon vor einem Jahr angekündigt. Aus dem geplanten In-Kraft-Treten wurde, auch wegen rechtlicher Einwänden aus Brüssel, nichts. Zuletzt hieß es aus der Magistratsdirektion, man warte auf Grünes Licht aus der EU. Dass die Abbiegeassistenten-Pflicht kommt, gilt aber als klare Sache. Unklar ist der Zeitpunkt. Frühestens in Kraft treten soll sie im Juli 2021, viele Firmen rüsten ihre Flotten indes ohnehin schon nach.
Als weiterer verkehrspolitischer Stolperstein galt zuletzt die verkehrsberuhigte Innere Stadt (oder, die autofreie Stadt, in der Diktion der Grünen): Die hätte Birgit Hebein gern vor der Wahl als ihr Prestigeprojekt umgesetzt, Stadtchef Ludwig erteilte dem eine Absage und verordnete einen Neustart der Verkehrsberuhigung im Ersten. Dass eine solche notwendig sei, daran ließ auch Ludwig zuletzt keine Zweifel – in der einen oder andern Form zumindest. Ein anderes Verkehrsprojekt spaltet die bisherige Koalition schon viel länger: Die Grünen hatten stets vehement versucht, den Bau des Lobautunnels zu verhindern, Ludwig sprach sich für die Nordostumfahrung samt Lobautunnel aus. Allerdings, über den Bau des Tunnels entscheiden Gerichte und allenfalls der Bund, nicht die Landespolitik. Aber Kontroversen gebe es da wohl auch mit einem anderen Koalitionspartner: Neos-Chef Christoph Wiederkehr hatte den Lobautunnel in der aktuell geplanten Form als „ökonomisch und ökologisch nicht sinnvoll“bezeichnet und sprach sich für eine andere zusätzliche Donauquerung aus – und für besseren öffentlichen Verkehr im 21. und 22. Bezirk.
Wünsche, keine ultimative Forderung
Und auch mit zwei weiteren Prestige-Projekten der Grünen für eine mögliche dritte Regierungsperiode hatte die Partei im Wahlkampf für Aufsehen gesorgt: Die öffentlichen Verkehrsmittel sollten für alle Wiener (mit Hauptwohnsitz in der Stadt) für zumindest ein Jahr gratis sein, das solle den Umstieg attraktivieren und die Kaufkraft erhöhen (und der Stadt 400 Mio. Euro im Jahr kosten), so die Idee.
Auch wollten die Grünen mit der Forderung in Verhandlungen gehen, die Arbeitszeit für Beschäftigte der Stadt auf 35 Wochenstunden zu verkürzen. Als Bedingungen für eine Koalition wollte man beide Forderungen nicht verstanden wissen. Wie auch die Ideen zu einer neuen (klimagerechten) Bauordnung, zum Ausbau von Fernwärme und erneuerbarer Energie oder zum Ausbau von Fuß- und Radwegen Wünsche blieben, keine unabdingbaren Forderungen.