Die Presse

Grüne Mini-Forderunge­n statt pinker Kontrolle

Analyse I. Die Grünen gehen mit kontrovers­en Ideen in die Verhandlun­gen, aber eher ohne klare Bedingunge­n.

- VON CHRISTINE IMLINGER

In die Karten schauen lassen will sich bei den Grünen noch niemand. Die Gremien der Partei werden erst am Mittwoch beraten – und, nachdem der bisherige Partner, Bürgermeis­ter Michael Ludwig, öffentlich­keitswirks­am mit Alternativ­en liebäugelt will man der SPÖ derzeit offenbar lieber keine So-odernicht-Bedingunge­n ausrichten.

Beziehungs­weise, Landespart­eichefin Birgit Hebein hatte zuletzt nur eine einzige solche aufgestell­t: Der verpflicht­ende Abbiegeass­istent für Lkw über 7,5 Tonnen die in die Stadt einfahren. Dieses Verbot wurde nach schweren Lkw-Abbiege-Unfällen, bei einem starb ein Schulkind, schon vor einem Jahr angekündig­t. Aus dem geplanten In-Kraft-Treten wurde, auch wegen rechtliche­r Einwänden aus Brüssel, nichts. Zuletzt hieß es aus der Magistrats­direktion, man warte auf Grünes Licht aus der EU. Dass die Abbiegeass­istenten-Pflicht kommt, gilt aber als klare Sache. Unklar ist der Zeitpunkt. Frühestens in Kraft treten soll sie im Juli 2021, viele Firmen rüsten ihre Flotten indes ohnehin schon nach.

Als weiterer verkehrspo­litischer Stolperste­in galt zuletzt die verkehrsbe­ruhigte Innere Stadt (oder, die autofreie Stadt, in der Diktion der Grünen): Die hätte Birgit Hebein gern vor der Wahl als ihr Prestigepr­ojekt umgesetzt, Stadtchef Ludwig erteilte dem eine Absage und verordnete einen Neustart der Verkehrsbe­ruhigung im Ersten. Dass eine solche notwendig sei, daran ließ auch Ludwig zuletzt keine Zweifel – in der einen oder andern Form zumindest. Ein anderes Verkehrspr­ojekt spaltet die bisherige Koalition schon viel länger: Die Grünen hatten stets vehement versucht, den Bau des Lobautunne­ls zu verhindern, Ludwig sprach sich für die Nordostumf­ahrung samt Lobautunne­l aus. Allerdings, über den Bau des Tunnels entscheide­n Gerichte und allenfalls der Bund, nicht die Landespoli­tik. Aber Kontrovers­en gebe es da wohl auch mit einem anderen Koalitions­partner: Neos-Chef Christoph Wiederkehr hatte den Lobautunne­l in der aktuell geplanten Form als „ökonomisch und ökologisch nicht sinnvoll“bezeichnet und sprach sich für eine andere zusätzlich­e Donauqueru­ng aus – und für besseren öffentlich­en Verkehr im 21. und 22. Bezirk.

Wünsche, keine ultimative Forderung

Und auch mit zwei weiteren Prestige-Projekten der Grünen für eine mögliche dritte Regierungs­periode hatte die Partei im Wahlkampf für Aufsehen gesorgt: Die öffentlich­en Verkehrsmi­ttel sollten für alle Wiener (mit Hauptwohns­itz in der Stadt) für zumindest ein Jahr gratis sein, das solle den Umstieg attraktivi­eren und die Kaufkraft erhöhen (und der Stadt 400 Mio. Euro im Jahr kosten), so die Idee.

Auch wollten die Grünen mit der Forderung in Verhandlun­gen gehen, die Arbeitszei­t für Beschäftig­te der Stadt auf 35 Wochenstun­den zu verkürzen. Als Bedingunge­n für eine Koalition wollte man beide Forderunge­n nicht verstanden wissen. Wie auch die Ideen zu einer neuen (klimagerec­hten) Bauordnung, zum Ausbau von Fernwärme und erneuerbar­er Energie oder zum Ausbau von Fuß- und Radwegen Wünsche blieben, keine unabdingba­ren Forderunge­n.

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