„Normale“Ferien, dafür neue Maßnahmen?
Ein Gerücht geht, das nächste kommt: Der Bildungsminister erteilte längeren Herbstferien eine Absage. Aktuell wird aber in der Koalition über andere Verschärfungen diskutiert. Grün will regionale, Türkis lieber zentrale Regeln.
Zusätzliche Maßnahmen werden in der Regierung aktuell diskutiert und evaluiert. Der Fokus liegt vor allem auf gezielten regionalen Maßnahmen.
Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums über mögliche Anti-Corona-Verschärfungen
Wien. Eltern schulpflichtiger Kinder können kurz aufatmen. Bildungsminister Heinz Faßmann schloss am Montag im Gespräch mit „Ö1“eine Verlängerung der Herbstferien aus. Auch Kompromiss-Ideen seien damit vom Tisch, präzisierte das Ministerbüro später auf Nachfrage. Aus türkisen Regierungskreisen war nämlich etwa der Vorschlag zu hören, dass man nur die Oberstufe temporär nach Hause schicken könnte.
Freilich, wenn man genau hinhörte, sagte der Minister bloß: „derzeit“. Aber viel Zeit für ein Umdenken ist nicht. Die Herbstferien beginnen am 24. Oktober. Aus Sicht des Büros des Wiener Bildungsstadtrats, der formell übrigens nie über die Option informiert wurde, wäre man ohnehin schon jetzt „zu spät“dran gewesen. Tatsächlich hat das Ferien-Gerücht auf mehreren Seiten für Verwirrung gesorgt.
Einerseits bei den Grünen, die seit der Kritik, Türkis-Grün habe die Bildung im Lockdown nachrangig behandelt, hier sensibel reagieren. Andererseits war man auch in Expertenkreisen irritiert. Denn wie zuletzt von der Corona-Kommission präsentiert, spielen Bildungseinrichtungen beider Infektion s ausbreitung bloß eine untergeordnete Rolle. Speziell wenn es um jüngere Kind ergeht.
In der Kommission selbst war der Vorschlag auch nie diskutiert worden. Ein plötzlicher Beschluss hätte zudem nicht nur die Eltern, sondern auch die Wirtschaft vor Probleme gestellt. Denn eine kurzfristige Ferien verlängerung könnte laut dem Arbeitsrechts experten der Arbeiter kammer, Philipp Brokes, eine Dienst verhinderung darstellen. Im Unterschied zu der wegen Covid neu geschaffenen Sonder betreuungs freistellung, die man mit dem Dienstgeber vereinbaren muss, hat man auf eine Freistellung wegen
Dienstverhinderung einen Rechtsanspruch – und der Dienstgeber bekommt auch nicht die Hälfte der Personalkosten ersetzt.
Wenn nun die Ferien nicht verlängert werden, heißt das, dass auch sonst keine neuen Anti-Corona-Maßnahmen geplant sind? Das auch wieder nicht. Zusätzliche Maßnahmen würden in der Bundesregierung „aktuell diskutiert und evaluiert“, erklärt ein Sprecher des Gesundheitsministers. Von anderer Seite erfährt man auch ein bisschen mehr, nämlich zumindest einen Zeithorizont: Schon in ein, zwei Tagen sei mit einem Gesamtpaket zu rechnen.
Was das beinhalten wird? Welche Maßnahmen er in seiner „Schublade“habe, wollte Gesundheitsminister Rudolf Anschober ja zuletzt nicht sagen – um „die Bevölkerung nicht zu verwirren“, wie es hieß. Was die „weichen Lockdown“-Gerüchte freilich erst recht befeuerte. Einen klassischen Lockdown hat Anschober ja bereits ausgeschlossen, da dieser nur vor einem flächendeckenden Zusammenbruch des Gesundheitssystems rechtlich möglich sei. Und davon sei keine Rede.
Und was macht Wien?
Ein Nebensatz aus dem Gesundheitsministerium ist jedoch wichtig. Der Fokus liege, wie es heißt, vor allem auf „gezielten regionalen Maßnahmen“. Dahinter verbirgt sich ein Richtungsstreit in der Koalition. Während die Grünen nämlich finden, dass jetzt, wo alle rechtlichen Voraussetzungen geschaffen wurden, die Länder und Bezirke gemäß der Ampel-Logik selbstständig tätig werden sollen, wird der ÖVP nachgesagt, weiterhin bundesweite Lösungen zu bevorzugen. Aus Gründen der besseren, sprich zentralen Kontrolle.
Derzeit hofft man bei den Grünen offenbar noch, dass man sich ein bundesweites Verschärfen sparen kann, wenn stattdessen regional nachgeschärft wird. Die Hoffnung hält sich aber in Grenzen: Offenbar sei es nicht allen Ländern gar so unrecht, wenn die Verantwortung weiter beim Bund bleibe und nicht Landes- und Regionalpolitiker dann für Beschränkungen bei der Bevölkerung gerade stehen müssten. Zudem ist die regionale Ausgangslage sehr unterschiedlich. Nicht alle stehen so unter Druck wie Salzburg, das punkto Aktivität als Positivbeispiel genannt wird und wo man gerade quasi alles macht, um trotz ansteigender Infektionszahlen die nahende Wintertourismussaison zu retten.
Gespannt blickt man im Bund vor allem nach Wien. Auch dort ist die Lage nicht rosig. Kommen nach der Wahl neue Maßnahmen? Das Büro des Gesundheitsstadtrats Peter Hacker ist zwar derzeit in Klausur, von fertigen Maßnahmenpaketen ist jedoch noch keine Rede. Erstens müsse man diese Woche abwarten, um zu sehen, ob die letzten Verschärfungen greifen, heißt es. Und zweitens ist man bei den Rezepten aus dem Westen wie der Vorverlegung der Sperrstunde weiter skeptisch. Schon jetzt passiere der Großteil der Ansteckungen im Privatbereich. Eine Vorverlegung der Sperrstunde würde die Verlagerungen der Freizeitaktivitäten ins Private nur weiter befördern, wo rechtlich jede Handhabe fehle.