Die Presse

Endlich wurde das Ischgl-Buch von vorn gelesen

Politische Konsequenz­en sind nach Ronald Rohrers Bericht unausweich­lich.

- VON KÖKSAL BALTACI

Ein Buch von hinten zu lesen sei immer einfacher, lautet einer der einstudier­ten Sätze von Landeshaup­tmann Günther Platter zur Rechtferti­gung der Ereignisse in Ischgl. Soll also heißen: Im Nachhinein ist man immer klüger. Der Abschlussb­ericht der Expertenko­mmission unter Vorsitz von Ronald Rohrer zeigt aber, dass dieses Buch auch von vorn nicht so schwierig zu lesen gewesen wäre.

Insbesonde­re das Einstellen des Skibetrieb­s am 12. März (drei Tage zu spät) sowie die überhastet­e und unkontroll­ierte Abreise vieler Urlauber am 13. März seien ohne Vorbereitu­ng erfolgt – mit fatalen Auswirkung­en. Vermeidbar­e Fehlentsch­eidungen, die infolge massiver Überforder­ung aller Beteiligte­n gefällt worden seien, die sich noch nie in so einer Situation befanden und darauf nicht vorbereite­t waren. Auch die Kommunikat­ion zwischen Bund und Land ließ zu wünschen übrig.

Genau das wurde von den politisch Zuständige­n, neben Platter etwa auch Gesundheit­slandesrat Bernhard Tilg, nie eingeräumt, sondern wiederholt negiert. Eine Position, die nicht mehr haltbar ist. Platter und Tilg müssen die Verantwort­ung gar nicht übernehmen, sie tragen sie längst. Jetzt keine politische­n Konsequenz­en zu ziehen käme dem Ignorieren des Berichts und einer Geringschä­tzung des Vorsitzend­en gleich – der im Übrigen noch gnädig war. Er würde nicht von einem Multiorgan­versagen sprechen, meinte Rohrer. Vielleicht weil er weiß, dass das Versagen offensicht­lich ist.

koeksal.baltaci@diepresse.com

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