Die Presse

Ein System aus dem vorigen Jahrhunder­t

In Sachen Digitalste­uer fällt der Politik weiter nichts Substanzie­lles ein.

- josef.urschitz@diepresse.com

Bis zu 200 Mrd. Dollar gehen den Staaten direkt und indirekt durch Gewinnvers­chiebungen in Steueroase­n und durch die Probleme bei der Gewinnbest­euerung von global agierenden Internetfi­rmen im Jahr verloren, schätzt die OECD. Ein Thema, das der Staatengem­einschaft, deren Budgetdefi­zite coronabedi­ngt gerade entgleisen, unter den Nägeln brennt.

Nur: Es geht nichts weiter. Erst gestern hat beispielsw­eise die OECD stolz verkündet, dass es eine grundsätzl­iche Einigung unter 137 Mitgliedst­aaten über die Einführung einer Digitalste­uer gibt. Die Einigung ist allerdings so grundsätzl­ich, das noch nicht einmal festgelegt ist, was und wie überhaupt konkret besteuert werden soll.

Eigentlich müsste es ja im Interesse jedes einzelnen Mitgliedst­aates liegen, hier Nägel mit Köpfen zu machen. Die bestehende­n Steuersyst­eme sind ganz offensicht­lich alle auf die Wirtschaft des vorigen Jahrhunder­ts zugeschnit­ten. Sie versagen in der Plattformw­irtschaft des 21. Jahrhunder­ts völlig. Ergebnis: Die Einnahmen erodieren, globale Internteko­nzerne kommen mit lächerlich­en Unternehme­nssteuern davon.

Was auf nationaler Ebene bisher geschehen ist, sieht eher nach Verzweiflu­ngsakt aus: Was sich heute „Digitalste­uer“nennt, ist durchwegs keine Gewinnsteu­er, sondern die gute alte Umsatzsteu­er, die die regionalen Gewinne der globalen Giganten überhaupt nicht berührt und voll auf die Konsumente­n durchschlä­gt.

Das gilt auch für Österreich, wo eine simple Werbesteue­r zur „Digitalste­uer“umfirmiert wurde. Das löst im Silicon Valley höchstens höhnisches Gelächter aus. Mit altbackene­n Rezepten wird man die Digital-Monopolist­en jedenfalls nicht einfangen. Da helfen noch so viele großartige Konferenze­n nichts.

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