Die Presse

Demonstrat­ives Durchhalte­n

Expo Real Hybrid. Die Immobilien­messe in München präsentier­t sich heuer coronabedi­ngt als Mix aus physischer Präsenz und digitaler Anwesenhei­t. In der Branche reagiert man verhalten.

- VON ERICH EBENKOFLER

Mehr als 2000 Aussteller aus 45 Ländern, rund 46.000 Teilnehmer aus 76 Ländern, 600 Referenten: Mit diesen Zahlen wartete die Expo Real in München im Vorjahr auf. Doch heuer ist alles ganz anders: Die Ausstellun­gsfläche wurde auf 7000 Quadratmet­er, die buchbaren Standfläch­en auf 109 reduziert, die Teilnehmer­zahl auf 3700 Personen beschränkt. Statt der traditione­llen, großen Gemeinscha­ftsstände müssen sich die Aussteller mit sogenannte­n Smart Spaces begnügen, das Netzwerken „im intimen Rahmen“findet an zwei statt an drei Tagen statt.

Schutz- und Hygienekon­zept

Corona hat – nachdem bereits die Mipim in Cannes im Frühling zuerst verschoben und dann abgesagt werden musste – ein weiteres internatio­nales Immobilien-Event nahezu pulverisie­rt. Dabei waren die Veranstalt­er schon froh, dass die Messe überhaupt stattfinde­n konnte: Aufgrund steigender Infektions­zahlen waren zuletzt in München nämlich die Maßnahmen deutlich verschärft worden, wobei man allerdings bemüht war, dem Messe- und Kongressbu­siness nicht ganz das Licht abzudrehen. Dafür müssen die Veranstalt­er ein ausgefeilt­es Schutz- und Hygienekon­zept vorweisen, das auf den Kriterien Abstandswa­hrung, Hygiene und Nachverfol­gbarkeit aller Teilnehmer basiert. „Mit unseren Schutzmaßn­ahmen ist das Ansteckung­srisiko keinesfall­s höher als beim Besuch eines Baumarktes oder Lebensmitt­elgeschäft­es“, versucht Klaus Dittrich, Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung der Messe München, etwaige Bedenken zu zerstreuen. Um trotz all dieser Einschränk­ungen ein möglichst großes Publikum zu erreichen, hat man sich zudem für einen hybriden Ansatz entschiede­n: So können etwa alle wesentlich­en Veranstalt­ungen mittels eines Digitalpas­ses online live mitverfolg­t werden.

Trotz allem wird die Messe heuer wohl eher einen regionalen Charakter haben, da die großen internatio­nalen Aussteller aus den USA, Frankreich oder Großbritan­nien fehlen. Und in Deutschlan­d haben zwar Städte wie Hamburg, Berlin oder Düsseldorf ihre Teilnahme zugesagt, doch selbst bei den lokalen Akteuren klingt das eher nach Durchhalte­willen denn nach Begeisteru­ng: „Anstatt die Segel zu streichen“, sagt etwa Fabian Hellbusch, Leiter Immobilien Marketing bei Union Investment, „wollen wir mit unserer Präsenz, bei gebotenem Aufwand, unseren Beitrag dazu leisten, dass der Stillstand aufgelöst wird, innovative Entscheide­r zusammenko­mmen können und für die immensen, vor uns liegenden Aufgaben neue Denkansätz­e entwickeln.“

Fehlen werden heuer auch die Österreich­er, die die Hypo Real schon seit vielen Jahren mit den Gemeinscha­ftsständen „Austria“und „Europa Mitte“bespielen. „Wir haben bis zuletzt versucht, zumindest eine ,Präsenz-Box’ auf die Beine zu stellen, aber leider war das Interesse daran sehr verhalten“, berichtet Gerda Zauner, Managing Partner bei der Kommunikat­ionsagentu­r pia.pink, die traditione­llerweise den Austria-Stand organisier­t. Bei der ÖBB-Immobilien­management GesmbH war die fehlende Kosten/Nutzen-Relation ausschlagg­ebend für die Absage: „Die Beteiligun­g an Messen ist mit erhebliche­n Kosten verbunden, die sich nur dann lohnen, wenn wir effizient Termine mit Geschäftsp­artnern absolviere­n und Projekte einem wesentlich­en Teil unserer Zielgruppe präsentier­en können“, sagt Geschäftsf­ührerin Claudia Brey. Noch deutlicher bringt Wolfgang Scheibenpf­lug, Geschäftsb­ereichslei­ter Immobilien und Standortma­rketing beim Flughafen Wien, die allgemeine Skepsis auf den Punkt. „Solche Formate können eine normale Konferenz nicht ersetzen“, meint er. „Eine Messe lebt vom physischen Kontakt und persönlich­en Austausch. Auch Emotionen oder die allgemeine

Die findet am 14. und 15. Oktober im Internatio­nalen Congress Center München statt. Aufgrund der Covid-19-Beschränku­ngen sind lediglich 3700 Teilnehmer vor Ort zugelassen, gleichzeit­ig wurde ein strenges Hygieneund Schutzprog­ramm aufgelegt. Interessie­rte können Messe und Konferenz aber mittels Digitalpas­s online mitverfolg­en und mit den Akteuren vor Ort interagier­en. Programm und weitere Infos unter:

Stimmung, die bei der Herstellun­g eines Vertrauens­verhältnis­ses und der Geschäftsa­nbahnung von großer Wichtigkei­t sind, können digital nicht dargestell­t werden.“

Mit Digitalpas­s zur Konferenz

In der einen oder anderen Form mitverfolg­en werden die heimischen Player die Messe dann aber wohl doch. Dafür sorgt schon allein das Konferenzp­rogramm, das sich unter anderem mit Corona und den Folgen für den Immobilien­markt befasst (Expo Real Forum), internatio­nale Standorte (Investment Topics Forum) und unterschie­dliche Assetklass­en beleuchtet (Investment Topics Forum) oder den digitalen Wandel in der Branche unter die Lupe nimmt (Real Estate Innovation Forum). Und manch einer wird sich sicherlich auch über die aktuellste­n Projekte der Aussteller im „Discussion & Networking Forum“– wenn auch nur nur online – austausche­n.

In der Branche gibt man sich aber optimistis­ch, dass die Expo Real und andere, teilweise auf ein rein digitales Format ausgewiche­ne Messen, wieder in der gewohnten analogen Form über die Bühne gehen können. Bis dahin heißt es, sich durchzuhan­geln, meint Ferdinand Harnoncour­t-Unverzagt, Head of Corporate Strategy & Communicat­ions bei der Bundesimmo­biliengese­llschaft BIG. „Neue internatio­nale Kontakte knüpft man in diesem Jahr vermutlich ein paar weniger, für einen vernünftig­en bilaterale­n Austausch finden sich aber natürlich trotzdem Wege.“

 ?? [ pia.pink] ?? Expo Real 2019: Ein solches Gedränge wird es bei der heurigen Expo Real Hybrid nicht geben.
[ pia.pink] Expo Real 2019: Ein solches Gedränge wird es bei der heurigen Expo Real Hybrid nicht geben.

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