Augen zu und durch
Expansionsstrategien. Österreichs Immo-AGs setzen ihre internationalen Wachstumspläne fort – und profitieren davon, dass sie seit vielen Jahren auf den krisenfesten Markt Deutschland setzen.
Erfolgsmeldungen gibt es auch in Krisenzeiten: Die Immofinanz brachte im August den Verkauf des Bürohauses Panta Rhei an den milliardenschweren Immobilienfonds Deka unter Dach und Fach – Gerüchten zufolge lag der Kaufpreis im dreistelligen Millionenbereich. „Mit dem Ergebnis sind wir sehr zufrieden“, freut sich Immofinanz-CEO Ronny Pecik: „Die Vermarktung startete bereits vor Beginn des Lockdowns und konnte ohne negative Auswirkungen fortgeführt werden. Im Zuge unserer Portfoliostrategie konzentrieren wir uns im Bürobereich unverändert auf das Wachstum mit unserer Büromarke myhive. Das soll sowohl über selektive Zukäufe als auch weitere Eigenentwicklungen geschehen.“So entsteht etwa aktuell mit dem myhive Medienhafen in Düsseldorf ein neues Bürohochhaus mit rund 21.000 Quadratmetern. Die Vermietung läuft gut, rund 800 Unternehmen haben dort ihren Standort.
Büros für Deutschland
Mehr als jeden achten Euro seines Portfolios hat die Immofinanz in den vergangenen Jahren in Deutschland investiert, Objekte und Beteiligungen an riskanteren Märkten wie Russland wurden verkauft. Die Konzentration auf das Nachbarland macht sich im aktuellen Umfeld bezahlt. Deutschland hat 2018 Großbritannien als den größten Immobilien-Investmentmarkt Europas überholt und bisher die Pandemie mit einem blauen Auge verkraftet. Auch bei den anderen börsenotierten Immobilienentwicklern mit Hauptsitz in Wien zeigt sich dasselbe Bild: Ausländische Entwicklungsprojekte mit Fokus Deutschland laufen unverändert weiter – denn das über Jahrzehnte im Gewerbeimmobilienbereich aufgebaute Know-how wird nicht über Nacht entsorgt, nur um sich auf die krisenbedingt boomende Anlageklasse Wohnen zu stürzen.
So errichtet die UBM zwar auch Wohnhausanlagen in Wien. Doch der Schwerpunkt liegt weiter auf Gewerbeimmobilien. Das aktuelle Highlight – im wahrsten Sinne des Wortes – ist ein Bürohochhaus: Im Frankfurter Europaviertel entsteht ein 60 Meter hoher Büroturm, der bereits vor Baubeginn als neue Zentrale der „Frankfurter
Allgemeinen Zeitung“feststeht. Dort ist ein lokaler Entwickler als Partner an Bord, bei einem zweiten Millionenprojekt in Mainz der ebenfalls an der Wiener Börse notierte Mitbewerber CA Immo. Das auch architektonisch interessante Projekt umfasst einen grünen Innenhof und ist mit Grachten umgeben, in denen ein Ökosystem mit Fischen und Pflanzen entsteht. Hier sind auch einige Wohnungen geplant, der Rest entfällt aber auf hochwertige Büroflächen.
Entwicklungen laufen weiter
UBM war schon vor der Pandemie der größte Hotelimmobilienentwickler Europas. Die aktuellen Hotelprojekte in Den Haag, Düsseldorf, Prag und Krakau werden weiterverfolgt. Denn antizyklisches Investment hat sich historisch oft als goldrichtig erwiesen, und die Eröffnung der Häuser ist erst in ein bis zwei Jahren geplant, wen Mund-Nasen-Schutz-Masken und Reisewarnungen wieder vergessen sein sollten. Weitere geplante Entwicklungsprojekte in diesem Segment wurden allerdings bereits im Frühjahr für unbestimmte Zeit auf Eis gelegt.
Nicht so bei Warimpex: Die kleinste der Wiener Immo-AGs führt ihre Entwicklungsprojekte im Ausland, die zu 100 Prozent auf den Büro- und Hotelbereich mit Fokus Polen und Russland entfallen, unbeirrt weiter. Die Strategie für heuer lautet offiziell „muddle through“– was sich in etwa mit „Augen zu und durch“übersetzen lässt. Dass sich Warimpex vor Ausbruch der Pandemie von zwei riesigen Luxushotels im Vergnügungspark Eurodisney bei Paris getrennt hat, erweist sich dabei im Nachhinein als großes Glück. Denn das hat das Hotel-Portfolio in letzter Sekunde verkleinert und dringend benötigte Liquidität freigemacht. Allerdings musste auch ein kleineres Hotel in Deutschland, das die Österreicher 2019 gekauft hatten, coronabedingt um rund 20 Prozent abgewertet werden.
Abwertungen in CEE
Auch bei der S Immo AG waren Abwertungen unvermeidlich, weitere wird es bestimmt geben. So gehört dem Unternehmen ein Luxushotel in Budapest, wo der Tourismus durch Grenzschließungen praktisch komplett zum Erliegen gekommen ist. Dennoch ist Vorstand Friedrich Wachernig zuversichtlich: „Wir haben eine starke Eigenkapitalquote, ein hoch qualifiziertes Team und die richtigen Immobilien – ideale Voraussetzungen, um auch herausfordernde
Zeiten zu meistern.“Im Hotelbereich erwartet Wachernig, dass die Erholung zwei, drei Jahre brauchen wird, neue Projekte in diesem Bereich sind daher keine geplant. Die Büroentwicklungen in Budapest, Prag und Bukarest werden hingegen weitergeführt – insgesamt investiert die S Immo AG bis 2024 rund 120 Millionen Euro und rechnet mit Mieterträgen bei Fertigstellung von bis zu neun Prozent. Sprich: Sogar im „Worst Case“, wenn diese Häuser aufgrund des schwierigen Marktumfelds leicht abgewertet werden müssten, steht einem lukrativen Verkauf nichts im Wege. „Wir blicken zuversichtlich in die Zukunft“, resümiert der S Immo AGVorstand: „Auch diese Krise wird vorübergehen.“
GEBEUTELTE KURSE
Während die Portfolios der Wiener ImmoAGs bisher nur geringfügig abgewertet werden mussten, haben sich ihre Aktienkurse heuer in etwa halbiert. Die Folge ist, dass die meisten Titel mit kräftigen
Rabatten auf das Immobilienvermögen zu haben sind. Sofern die Dividende nicht Pandemie-bedingt gestrichen wird wie zuletzt bei der Immofinanz, locken ImmoAktien mit attraktiven Dividendenrenditen – die S Immo AG beispielsweise mit mehr als fünf Prozent.