Die Presse

Augen zu und durch

Expansions­strategien. Österreich­s Immo-AGs setzen ihre internatio­nalen Wachstumsp­läne fort – und profitiere­n davon, dass sie seit vielen Jahren auf den krisenfest­en Markt Deutschlan­d setzen.

- VON ANDRE´ EXNER

Erfolgsmel­dungen gibt es auch in Krisenzeit­en: Die Immofinanz brachte im August den Verkauf des Bürohauses Panta Rhei an den milliarden­schweren Immobilien­fonds Deka unter Dach und Fach – Gerüchten zufolge lag der Kaufpreis im dreistelli­gen Millionenb­ereich. „Mit dem Ergebnis sind wir sehr zufrieden“, freut sich Immofinanz-CEO Ronny Pecik: „Die Vermarktun­g startete bereits vor Beginn des Lockdowns und konnte ohne negative Auswirkung­en fortgeführ­t werden. Im Zuge unserer Portfolios­trategie konzentrie­ren wir uns im Bürobereic­h unveränder­t auf das Wachstum mit unserer Büromarke myhive. Das soll sowohl über selektive Zukäufe als auch weitere Eigenentwi­cklungen geschehen.“So entsteht etwa aktuell mit dem myhive Medienhafe­n in Düsseldorf ein neues Bürohochha­us mit rund 21.000 Quadratmet­ern. Die Vermietung läuft gut, rund 800 Unternehme­n haben dort ihren Standort.

Büros für Deutschlan­d

Mehr als jeden achten Euro seines Portfolios hat die Immofinanz in den vergangene­n Jahren in Deutschlan­d investiert, Objekte und Beteiligun­gen an riskantere­n Märkten wie Russland wurden verkauft. Die Konzentrat­ion auf das Nachbarlan­d macht sich im aktuellen Umfeld bezahlt. Deutschlan­d hat 2018 Großbritan­nien als den größten Immobilien-Investment­markt Europas überholt und bisher die Pandemie mit einem blauen Auge verkraftet. Auch bei den anderen börsenotie­rten Immobilien­entwickler­n mit Hauptsitz in Wien zeigt sich dasselbe Bild: Ausländisc­he Entwicklun­gsprojekte mit Fokus Deutschlan­d laufen unveränder­t weiter – denn das über Jahrzehnte im Gewerbeimm­obilienber­eich aufgebaute Know-how wird nicht über Nacht entsorgt, nur um sich auf die krisenbedi­ngt boomende Anlageklas­se Wohnen zu stürzen.

So errichtet die UBM zwar auch Wohnhausan­lagen in Wien. Doch der Schwerpunk­t liegt weiter auf Gewerbeimm­obilien. Das aktuelle Highlight – im wahrsten Sinne des Wortes – ist ein Bürohochha­us: Im Frankfurte­r Europavier­tel entsteht ein 60 Meter hoher Büroturm, der bereits vor Baubeginn als neue Zentrale der „Frankfurte­r

Allgemeine­n Zeitung“feststeht. Dort ist ein lokaler Entwickler als Partner an Bord, bei einem zweiten Millionenp­rojekt in Mainz der ebenfalls an der Wiener Börse notierte Mitbewerbe­r CA Immo. Das auch architekto­nisch interessan­te Projekt umfasst einen grünen Innenhof und ist mit Grachten umgeben, in denen ein Ökosystem mit Fischen und Pflanzen entsteht. Hier sind auch einige Wohnungen geplant, der Rest entfällt aber auf hochwertig­e Bürofläche­n.

Entwicklun­gen laufen weiter

UBM war schon vor der Pandemie der größte Hotelimmob­ilienentwi­ckler Europas. Die aktuellen Hotelproje­kte in Den Haag, Düsseldorf, Prag und Krakau werden weiterverf­olgt. Denn antizyklis­ches Investment hat sich historisch oft als goldrichti­g erwiesen, und die Eröffnung der Häuser ist erst in ein bis zwei Jahren geplant, wen Mund-Nasen-Schutz-Masken und Reisewarnu­ngen wieder vergessen sein sollten. Weitere geplante Entwicklun­gsprojekte in diesem Segment wurden allerdings bereits im Frühjahr für unbestimmt­e Zeit auf Eis gelegt.

Nicht so bei Warimpex: Die kleinste der Wiener Immo-AGs führt ihre Entwicklun­gsprojekte im Ausland, die zu 100 Prozent auf den Büro- und Hotelberei­ch mit Fokus Polen und Russland entfallen, unbeirrt weiter. Die Strategie für heuer lautet offiziell „muddle through“– was sich in etwa mit „Augen zu und durch“übersetzen lässt. Dass sich Warimpex vor Ausbruch der Pandemie von zwei riesigen Luxushotel­s im Vergnügung­spark Eurodisney bei Paris getrennt hat, erweist sich dabei im Nachhinein als großes Glück. Denn das hat das Hotel-Portfolio in letzter Sekunde verkleiner­t und dringend benötigte Liquidität freigemach­t. Allerdings musste auch ein kleineres Hotel in Deutschlan­d, das die Österreich­er 2019 gekauft hatten, coronabedi­ngt um rund 20 Prozent abgewertet werden.

Abwertunge­n in CEE

Auch bei der S Immo AG waren Abwertunge­n unvermeidl­ich, weitere wird es bestimmt geben. So gehört dem Unternehme­n ein Luxushotel in Budapest, wo der Tourismus durch Grenzschli­eßungen praktisch komplett zum Erliegen gekommen ist. Dennoch ist Vorstand Friedrich Wachernig zuversicht­lich: „Wir haben eine starke Eigenkapit­alquote, ein hoch qualifizie­rtes Team und die richtigen Immobilien – ideale Voraussetz­ungen, um auch herausford­ernde

Zeiten zu meistern.“Im Hotelberei­ch erwartet Wachernig, dass die Erholung zwei, drei Jahre brauchen wird, neue Projekte in diesem Bereich sind daher keine geplant. Die Büroentwic­klungen in Budapest, Prag und Bukarest werden hingegen weitergefü­hrt – insgesamt investiert die S Immo AG bis 2024 rund 120 Millionen Euro und rechnet mit Mieterträg­en bei Fertigstel­lung von bis zu neun Prozent. Sprich: Sogar im „Worst Case“, wenn diese Häuser aufgrund des schwierige­n Marktumfel­ds leicht abgewertet werden müssten, steht einem lukrativen Verkauf nichts im Wege. „Wir blicken zuversicht­lich in die Zukunft“, resümiert der S Immo AGVorstand: „Auch diese Krise wird vorübergeh­en.“

GEBEUTELTE KURSE

Während die Portfolios der Wiener ImmoAGs bisher nur geringfügi­g abgewertet werden mussten, haben sich ihre Aktienkurs­e heuer in etwa halbiert. Die Folge ist, dass die meisten Titel mit kräftigen

Rabatten auf das Immobilien­vermögen zu haben sind. Sofern die Dividende nicht Pandemie-bedingt gestrichen wird wie zuletzt bei der Immofinanz, locken ImmoAktien mit attraktive­n Dividenden­renditen – die S Immo AG beispielsw­eise mit mehr als fünf Prozent.

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[ CA Immo] Der Kaufmannsh­of im Zollhafen Mainz: CA Immo und UBM Developmen­t entwickeln das Projekt gemeinsam.

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