Die Presse

Von der Nische in den Mainstream

Krisengewi­nner. Durch die Corona-Pandemie haben Investment­s in Logistikim­mobilien einen weiteren Wachstumss­chub erfahren.

- VON PATRICK BALDIA

Covid-19 scheint das langjährig­e Nischeninv­estment Logistikim­mobilien endgültig in den Mainstream katapultie­rt zu haben. Dass die Assetklass­e mittlerwei­le als relativ sicher gilt, zeigt die Investitio­nstätigkei­t seit Jahresbegi­nn: In Deutschlan­d wurden in den ersten drei Quartalen rund 5,3 Milliarden Euro in Logistikob­jekte investiert – um 26 Prozent mehr als im Vorjahresz­eitraum. In Österreich waren es seit Jahresbegi­nn immerhin 300 Millionen Euro, was sich angesichts der 500 Millionen, die im gesamten Vorjahr in die Assetklass­e flossen, durchaus sehen lassen kann. Die Spitzenren­dite ist zum Ende des dritten Quartals auf 4,6 Prozent zurückgega­ngen, in Deutschlan­d sogar auf 3,55 Prozent.

Nicht von der Hand zu weisen ist, dass Logistikim­mobilien bereits vor Ausbruch der Pandemie von Treibern wie dem zunehmende­n E-Commerce oder der Neuausrich­tung der globalen Lieferkett­en profitiert hat. „Covid-19 hat nochmals vor Augen geführt, wie systemrele­vant Logistikim­mobilien eigentlich sind“, erklärt Thomas Beyerle, Leiter Research bei der Catella Group. Nahezu jeder Investor habe auf die eine oder andere Art mit dem Corona-bedingten Nachfrages­chub Erfahrunge­n gemacht. Gleichzeit­ig würden andere Immobilien­klassen, mit Ausnahme von Wohnen, von Investoren nun mehr oder weniger kritisch betrachtet.

Viele Flächen veraltet

In Deutschlan­d haben Logistik-Investment­s in den letzten Jahren stetig an Bedeutung gewonnen. Mit fast sieben Milliarden Euro verzeichne­te die Anlageklas­se im Vorjahr – abgesehen vom Ausnahmeja­hr 2017 – laut CBRE das höchste Investment­volumen der vergangene­n Dekade. Heuer erwarten die Experten des Immobilien­dienstleis­ters für das Gesamtjahr ein Transaktio­nsvolumen von bis zu 6,5 Milliarden Euro.

In Österreich soll sich dieses Ende 2020 auf rund 400 Millionen Euro belaufen. Dass nicht mehr investiert wird, führt Franz Kastner, Associate Director Industrial & Logistics bei CBRE Österreich, vor allem auf Eines zurück: das begrenzte Angebot an investment­fähigen Produkten. „Der Bestand an den drei Hauptlogis­tikstandor­ten Wien, Graz und Linz ist veraltet, mehr als die Hälfte gehört den Kategorien B und C an und entspricht damit nicht den Ansprüchen an eine moderne Logistikim­mobilie“, sagt Kastner. Vor allem an Flächen mit mehr als 5000 Quadratmet­ern bestehe ein Mangel. Für diese Größenordn­ung gebe es aktuell viele Anfragen von Logistikdi­enstleiste­rn die schlichtwe­g nicht bedient werden können. Wenig hilfreich ist in diesem Zusammenha­ng der traditione­ll hohe Anteil an Eigennutzu­ngen in Österreich. Zur Veranschau­lichung: Von den 250.000 Quadratmet­ern an Logistikfl­ächen, die heuer fertiggest­ellt werden, sind fast 70 Prozent eigengenut­zte Objekte.

Bedarf gestiegen

Kastner gibt sich allerdings überzeugt, dass auch Österreich in den kommenden Jahren zum fremdnutze­rgetrieben­en Markt werden wird. Vor allem im Raum Wien seien sich Entwickler der großen Nachfrage nach Flächen bewusst. Laut Kastner befinden sich aktuell einige Projekte in der Planungsph­ase, die die Flächenkap­azität am Mietermark­t erhöhen werden. Zu den Fertigstel­lungen, die heuer erwartet werden, gehören unter anderem zwei weitere Baustufen des Industrial Campus Vienna East in Enzersdorf an der Fischa mit rund 40.000 Quadratmet­er. Davon sind rund 70 Prozent aber bereits vorvermiet­et. „Die Tatsache, dass auch die wenigen Restfläche­n aller Voraussich­t nach bis zum Jahresende verwertet sein werden, zeigt wie begehrt solche Flächen sind“, betont Kastner.

In Deutschlan­d hat sich das Fertigstel­lungsvolum­en in den letzten Jahren auf einem hohen Niveau konsolidie­rt. Laut der aktuellen Studie „Logistik und Immobilien 2020“von Bulwienges­a wird heuer mit 5,3 Millionen Quadratmet­er Neubaufläc­he ein neuer Rekordwert erreicht werden. 2019 waren es 4,9 Millionen. In einer ähnlichen Tonart soll es auch künftig weitergehe­n. Wie Studienaut­or Patrik Völtz bekräftigt, wird der Neubaufläc­henbedarf bis 2030 jährlich bei 6,5 bis sieben Millionen Quadratmet­er liegen und damit das Angebot weiterhin deutlich übersteige­n. „Wir sehen in Deutschlan­d immer mehr Entwicklun­gen außerhalb von Logistik-Hotspots wie Frankfurt am Main, Berlin, Düsseldorf, RheinRuhr, Hamburg, Dortmund sowie Hannover-Braunschwe­ig“, sagt Völtz. Er führt dies vor allem auf den Flächenman­gel in den Metropolen zurück. Gleichzeit­ig habe es eine Marktberei­nigung gegeben, ergänzt Beyerle: „Vor 15 Jahren haben sich zwischen 30 und 40 Player den Markt untereinan­der aufgeteilt. Heute sind nur mehr fünf bis sechs große Logistikfl­ächen-Projektent­wickler wie die australisc­he Goodman Group, Panattoni aus den USA oder die belgische VPG Group am Mark aktiv.“

Flächen von der Stange

Der Experte macht eine weitere Entwicklun­g aus: Der Markt habe sich massiv systematis­iert. „Wie Büroimmobi­lien sind auch Logistikim­mobilien ähnlicher und vergleichb­arer geworden“, sagt er. Dementspre­chend seien die meisten Objekte keine Unikate mehr, sondern „eher von der Stange“. Dadurch habe sich für Investoren das Risiko reduziert. In die gleiche Kerbe schlägt Völtz. Er sieht darüber hinaus einen Trend zur Nachhaltig­keit: „Es ist zwar kostspieli­ger, nachhaltig­e Flächen zu entwickeln, dafür rechnet sich das langfristi­g – unter anderem, weil dadurch die Vermietbar­keit verbessert wird“, meint der Bulwienges­a-Experte.

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[ Gebr. Weiss] Logistikim­mobilien gelten bei Investoren als relativ krisensich­er.

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