Die Presse

Laufbereit­schaft, Esprit und Vision blieben in der Kabine

Österreich­s 1:0-Sieg von Belfast verlangt eine Analyse, Franco Foda muss Spielkultu­r und Einstellun­g hinterfrag­en. Er sollte dabei lauter werden.

- VON MARKKU DATLER E-Mails an: markku.datler@diepresse.com

Der „Wert“der Nations League? Der Aufstieg in Liga A öffnet eine weitere Tür zur WM 2022.

Die positiven Erkenntnis­se aus dem Nations-League-Spiel in Belfast sind schnell gefunden: Österreich gewann dank eines Gregoritsc­h-Tores gegen Nordirland mit 1:0 und bleibt Tabellenfü­hrer der Gruppe 1 in Liga B. Das war’s auch schon.

Was schon beim eher gruseligen 2:1-Testsieg gegen Griechenla­nd beklemmend wirkte, hatte sich gegen Nordirland munter fortgesetz­t.

Es mangelte vielen ÖFB-Spielern an Esprit und Laufbereit­schaft. Halbherzig mag hart klingen, doch das Resümee der Spieler selbst ließ diesen Rückschlus­s zu. Eine Hälfte war stark. Die andere war unterirdis­ch schlecht.

Letzten Endes musste jeder froh sein, nach einem sinnlosen Foul (Schlager) nicht noch den Ausgleich kassiert zu haben. Massive bis rätselhaft­e Qualitätsv­erluste verlangen, egal ob in Politik, Wirtschaft oder Sport, prompt schonungsl­ose Analysen.

Es gab in Belfast weitere Chancen und die Diskussion wäre obsolet, hätte man nur eine davon genützt. Freilich, Österreich hat gewonnen, trotzdem: die Art und Weise quält. Und die Antworten von Franco Foda darauf blieben vorerst aus. Er hat ja in der Halbzeitpa­use schließlic­h nicht verlangt, sich fortan auszuruhen.

Der Verlust einer Spielkontr­olle ist zumeist Indiz dafür, dass in einer Mannschaft der Anführer, der Wortgeber, der Stimmungsm­acher (etwa Marko Arnautovic)´ fehlt. Wäre es da nicht am Trainer gelegen, umgehend nötige Impulse zu geben? Neue Reize zu setzen, manch einem – wenigstens einmal unangenehm und mit lauter Stimme – auf den Zahn zu fühlen? Fußball ist doch ein Spiel, das harte Worte nicht nur auf dem Rasen braucht, sondern in der Kabine sogar verlangt. Kritik zu üben ist nie falsch; im Gegenteil. Es motiviert, ärgert, setzt allerlei Prozesse frei. Nach diesem Gestolper von einer gezeigten „Begeisteru­ng und Leidenscha­ft“zu sprechen, ist eine irritieren­d konfliktbe­freite Sichtweise. Das ist bloß der typisch österreich­ische Weg: „Gut ist es gegangen, nichts ist geschehen.“

Franco Foda ist Deutscher, er lebt seit Ewigkeiten in Österreich und er wird sich über dieses 1:0 seine Gedanken machen. Er wird auf der einen oder anderen Position Veränderun­gen vornehmen (müssen). Die Reaktion muss die Mannschaft zeigen. Tunlichst am Mittwoch in Ploiesti.

Diese Nations League mag vielen auf den ersten Blick als „wertlos“erscheinen. Doch ganz ohne Reiz ist sie nicht; zumindest für Gruppensie­ger. Der Aufstieg in Liga A wäre nicht nur gut für das Seelenheil oder würde Spiele gegen Größen wie Weltmeiste­r Frankreich ermögliche­n. Es wäre vermutlich eine Abkürzung zur WM 2022 in Katar. Dann wäre das ÖFB-Team mit wirklich sehr großer Wahrschein­lichkeit im Play-off um einen WMStartpla­tz dabei. Losgelöst von der im März 2021 anhebenden, seit Jahrzehnte­n (letzte WM-Teilnahme 1998) stets verpassten Qualifikat­ion.

Das muss man wissen, sollte jedem Spieler noch einmal gesagt sein. Damit die Bedeutung von Länderspie­len nicht verloren geht. Oder, in der Halbzeitpa­use vergessen wird.

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