Laufbereitschaft, Esprit und Vision blieben in der Kabine
Österreichs 1:0-Sieg von Belfast verlangt eine Analyse, Franco Foda muss Spielkultur und Einstellung hinterfragen. Er sollte dabei lauter werden.
Der „Wert“der Nations League? Der Aufstieg in Liga A öffnet eine weitere Tür zur WM 2022.
Die positiven Erkenntnisse aus dem Nations-League-Spiel in Belfast sind schnell gefunden: Österreich gewann dank eines Gregoritsch-Tores gegen Nordirland mit 1:0 und bleibt Tabellenführer der Gruppe 1 in Liga B. Das war’s auch schon.
Was schon beim eher gruseligen 2:1-Testsieg gegen Griechenland beklemmend wirkte, hatte sich gegen Nordirland munter fortgesetzt.
Es mangelte vielen ÖFB-Spielern an Esprit und Laufbereitschaft. Halbherzig mag hart klingen, doch das Resümee der Spieler selbst ließ diesen Rückschluss zu. Eine Hälfte war stark. Die andere war unterirdisch schlecht.
Letzten Endes musste jeder froh sein, nach einem sinnlosen Foul (Schlager) nicht noch den Ausgleich kassiert zu haben. Massive bis rätselhafte Qualitätsverluste verlangen, egal ob in Politik, Wirtschaft oder Sport, prompt schonungslose Analysen.
Es gab in Belfast weitere Chancen und die Diskussion wäre obsolet, hätte man nur eine davon genützt. Freilich, Österreich hat gewonnen, trotzdem: die Art und Weise quält. Und die Antworten von Franco Foda darauf blieben vorerst aus. Er hat ja in der Halbzeitpause schließlich nicht verlangt, sich fortan auszuruhen.
Der Verlust einer Spielkontrolle ist zumeist Indiz dafür, dass in einer Mannschaft der Anführer, der Wortgeber, der Stimmungsmacher (etwa Marko Arnautovic)´ fehlt. Wäre es da nicht am Trainer gelegen, umgehend nötige Impulse zu geben? Neue Reize zu setzen, manch einem – wenigstens einmal unangenehm und mit lauter Stimme – auf den Zahn zu fühlen? Fußball ist doch ein Spiel, das harte Worte nicht nur auf dem Rasen braucht, sondern in der Kabine sogar verlangt. Kritik zu üben ist nie falsch; im Gegenteil. Es motiviert, ärgert, setzt allerlei Prozesse frei. Nach diesem Gestolper von einer gezeigten „Begeisterung und Leidenschaft“zu sprechen, ist eine irritierend konfliktbefreite Sichtweise. Das ist bloß der typisch österreichische Weg: „Gut ist es gegangen, nichts ist geschehen.“
Franco Foda ist Deutscher, er lebt seit Ewigkeiten in Österreich und er wird sich über dieses 1:0 seine Gedanken machen. Er wird auf der einen oder anderen Position Veränderungen vornehmen (müssen). Die Reaktion muss die Mannschaft zeigen. Tunlichst am Mittwoch in Ploiesti.
Diese Nations League mag vielen auf den ersten Blick als „wertlos“erscheinen. Doch ganz ohne Reiz ist sie nicht; zumindest für Gruppensieger. Der Aufstieg in Liga A wäre nicht nur gut für das Seelenheil oder würde Spiele gegen Größen wie Weltmeister Frankreich ermöglichen. Es wäre vermutlich eine Abkürzung zur WM 2022 in Katar. Dann wäre das ÖFB-Team mit wirklich sehr großer Wahrscheinlichkeit im Play-off um einen WMStartplatz dabei. Losgelöst von der im März 2021 anhebenden, seit Jahrzehnten (letzte WM-Teilnahme 1998) stets verpassten Qualifikation.
Das muss man wissen, sollte jedem Spieler noch einmal gesagt sein. Damit die Bedeutung von Länderspielen nicht verloren geht. Oder, in der Halbzeitpause vergessen wird.