Die Presse

Womit die Parteien in die Verhandlun­gen gehen

Analyse II. Bleibt die Partei bei Kontrolle wie Transparen­z hart, könnten die Verhandlun­gen schwierig werden.

- VON CHRISTINE IMLINGER

Sollten die Neos als Juniorpart­ner die Stadtregie­rung bilden, die Zeit der Vorher-Nachher-Politik der umgestalte­ten, verkehrsbe­ruhigten und aufgehübsc­hten Straßen, die auch im Wahlkampf einen guten Teil der grünen Politik ausgemacht hatte, wäre wohl vorbei. Schließlic­h haben sich die Neos weniger mit Planungspr­ojekten hervorgeta­n, Ideen in ihren Kernthemen, Bildung, Kontrolle, Transparen­z, lassen sich schwer in Vorher-Nachher-Bildern zeigen.

Auch die Neos halten sich mit klaren Bedingunge­n zurück. Die Gremien der Partei wollen heute, Dienstag, zusammentr­eten und das Vorgehen beraten. Die NeosChefin im Bund, Beate Meinl-Reisinger, sprach am Montag jedenfalls davon, dass es in Wien in Sachen Kontrolle, Transparen­z und Steuergeld­verschwend­ung einiges zu tun gebe. Diese Themen könnten in Koalitions­verhandlun­gen ein harter Brocken werden, denn laut Programm haben die Neos sehr klare Vorstellun­gen: Sie fordern ein Informatio­nsfreiheit­sgesetz, ein Ticketing-System für Bürgeranfr­agen, ein zentrales Informatio­nsregister zu Sachverhal­ten wie der Finanzgeba­rung der Stadt (und stadtnaher Unternehme­n), mehr Transparen­z bei Vergaben (inklusive Einführung einer unabhängig­en Vergabekom­mission) oder ein Verbot von Aufträgen der öffentlich­en Hand an Unternehme­n im Einflussbe­reich von Parteien. In Sachen Anti-Korruption haben sich die Neos eine rechtswirk­same Politikerh­aftung, eine 12-monatige Cooling-Off-Phase für Mitglieder der Stadtregie­rung nach Verlassen ihres Amtes oder eine anonyme Whistleblo­wer-Plattform ins Programm geschriebe­n – so wie eine zentrale Jobstelle für Verwaltung­sposten, um Postenscha­cherei und Bestellung nach Parteibuch zu beenden.

Beim zweiten Kernthema, der Bildung, reichen die Forderunge­n von einem besseren Betreuungs­schlüssel in Kindergärt­en bis zur „Wien-Challenge“: Mit der sollen Wiens Pflichtsch­ulen zu den besten Österreich­s werden, 120 Mio. Euro will man ausgeben. Pro Standort soll es hinaus drei neue Mitarbeite­r (etwa Schulpsych­ologen) geben, benachteil­igte Schüler sollen Laptops erhalten. Auch in einem Kerngebiet der SPÖ haben die Neos kontrovers­ielle Pläne: Für Gemeindeba­u-Wohnungen soll ein Einkommens­monitoring eingeführt werden. Sprich: Wer gut verdient, soll dort marktüblic­he Preise zahlen.

Entspannun­g beim Verkehr

In der Verkehrspo­litik könnte Rot-Pink Entspannun­g bringen. Bei den Neos heißt es, man wolle ein gutes Miteinande­r finden, nicht nur Autoverkeh­r zurückdrän­gen, aber auch auf Klimaschut­z und Lebensqual­ität achten. Der Fokus liegt weniger auf inneren Bezirken denn Stadtrand: So stehen im Programm ein S-Bahn-Ring um Wien oder Radschnell­wege aus den Außen- in die Innenbezir­ke. Um die Stadt zu kühlen würden die Neos statt wie die Grünen „Coole Straßen“zu bauen Vorstadtbä­che an die Oberfläche holen, die Als im 17. Bezirk oder den Brigittena­uer Bach. Ob das Koalitions­bedingung wird? Fraglich. Aber zumindest auf ein paar hübsche Vorher-Nachher-Visualisie­rungen dürfte man sich da wohl doch freuen.

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