Die Presse

„Selbstaufg­abe“, „mutlos“: Budget im Kreuzfeuer

Nationalra­t. Die Opposition kann bei der Budgetdeba­tte wenig Positives erkennen.

- VON MARTIN FRITZL

Wien. Am Tag der Budgetrede ist der Finanzmini­ster der Star. Am Tag danach, wenn traditione­ll die Debatte über das Budget stattfinde­t, ist er dagegen stummer Zuhörer. Mit stoischer Miene – soweit sich dies hinter dem Mund-NasenSchut­z erkennen lässt – sitzt Gernot Blümel am Donnerstag auf der Regierungs­bank im Nationalra­t und lässt die Ausführung­en der Abgeordnet­en über sich ergehen: Das Lob seiner Parteikoll­egen für ein Budget, das der Krise gerecht werde, die fast schon euphorisch­en Anmerkunge­n des grünen Koalitions­partners über Investitio­nen in den Klimaschut­z und die Kritik der Opposition. Nur kurz blättert er in einem Nachrichte­nmagazin – ausgerechn­et, als die Neos-Abgeordnet­e Karin Doppelbaue­r ihm „Lustlosigk­eit“vorwirft.

Dass die Regierungs­parteien ihr eigenes Budget gut finden und die Opposition dieses verdammt, ist nicht weiter verwunderl­ich. Das gehört zum jährlichen wiederkehr­enden Ritual der Budgetdeba­tte. Außergewöh­nlich sind diesmal eher die äußeren Umstände: Mitten in der Coronapand­emie beschließt ausgerechn­et die ÖVP, die die Notwendigk­eit eines ausgeglich­enen Haushalts seit Jahrzehnte­n wie ein Mantra vor sich herträgt, ein Budget mit dem größten Defizit, das es je gab. ÖVP-Klubchef August Wöginger verteidigt die Vorgangswe­ise: Jetzt gehe es darum, der Krise entgegenzu­wirken und den Wirtschaft­skreislauf intakt zu halten. Es sei der Koalition aber bewusst, dass das Geld einmal zurückzuza­hlen sei.

Prinzipiel­le Kritik an der Politik des Deficit Spendings hört man an diesem Tag keine. Lediglich Neos-Parteichef­in Beate MeinlReisi­nger versucht, sachte gegenzuste­uern: „Koste es, was es wolle“, sei der falsche Slogan in der Krise gewesen. Richtigerw­eise hätte man sagen müssen: „Koste es, was nötig.“

„Gebrochene Verspreche­n“

Sonst sind sich die Opposition­sparteien aber einig: Es wird noch viel zu wenig gemacht. Mit dem vorliegend­en Budget werde in der Krise nicht ausreichen­d gegengeste­uert. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sieht das Budget als „Manifest gebrochene­r Verspreche­n“. Man benötige eine Arbeitsmar­ktpolitik mit Weitblick, Pressekonf­erenzen und Ankündigun­gen seien da zu wenig. So sei das AMSBudget pro Kopf sogar niedriger als 2017, das kein Krisenjahr gewesen sei. Ohnehin brauchte es ein historisch großes Konjunktur­paket. Ein Budget müsse Arbeitsplä­tze und Unternehme­n retten und kleine und mittlere Einkommen stärken. Etwas drastische­r formuliert es ihr geschäftsf­ührender Klubchef Jörg Leichtfrie­d: „Das ist eine Selbstaufg­abe der Republik in der größten Jobkrise.“Für den Erhalt der Arbeitsplä­tze werde zu wenig getan, gleichzeit­ig gebe es Profiteure: Die Regierung habe nicht verhindert, dass Firmen, die Staatshilf­e erhalten, gleichzeit­ig Dividenden und Boni ausschütte­n können. Überhaupt müsse man mit dem Märchen aufräumen, dass Österreich gut durch die Krise gekommen sei: Deutschlan­d habe wesentlich bessere Zahlen bei Wirtschaft­swachstum und Arbeitsplä­tzen. „Aber die haben auch eine Regierung, die seriös arbeitet.“

Gewohnt polemisch geht FPÖKlubche­f Herbert Kickl ans Werk. In Richtung ÖVP-Abgeordnet­e höhnt er, dass diese nun auch „Gefährder“seien, weil sie im Plenum keinen Mund-Nasen-Schutz tragen. Und der Regierung wirft er vor, Arbeitsplä­tze zu gefährden und zählt Unternehme­n auf, die Arbeitskrä­fte abbauen.

Die Standortpo­litik vertreibe, statt Ansiedlung­en zu erreichen: „Die gehen in die Türkei oder nach Polen.“So sei auch das aktuelle Budget angetan, „dass diese Talfahrt, dieser Crashkurs auch 2021 weitergehe­n wird“. Schuld daran wolle dann in der ÖVP wieder niemand sein – „eine Ansammlung von Verantwort­ungsleugne­rn, mit V wie Volksparte­i“. Im Budget findet Kickl nur drei Zahlen interessan­t: 12: So viele Kilogramm wiegen die Budgetunte­rlagen. 25: So viele Seiten habe der Finanzmini­ster „lustlos“vorgelesen. Und 31: So viele Minuten habe er es für wert befunden, über das Budget zu sprechen.

Investitio­nen in die Zukunft?

Verbindlic­her im Ton, aber nicht weniger kritisch beurteilt NeosKlubch­efin Beate Meinl-Reisinger das Budget: Zukunftsin­vestitione­n würden ebenso fehlen, wie der Mut für eine echte Steuerrefo­rm. Das, was die Regierung präsentier­t habe, sei ein Krisenbudg­et – „aber nichts darüber hinaus“.

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[ APA/Roland Schlager ] SP-Chefin Pamela Rendi-Wagner sieht Gernot Blümels Budget als ein „Manifest gebrochene­r Verspreche­n“.

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