„Airbus lernt mich jeden Tag besser kennen“
Heer I. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) will ihr Budgetplus in die ABC-Abwehr und die Miliz investieren. Das Gesetz zur Teiltauglichkeit ist fertig. Und die Abkehr von der militärischen Landesverteidigung? „Das ist ein Unsinn.“
Die Presse: Frau Minister, Ihr Budget steigt auf 2,67 Milliarden Euro. Aus wehrpolitischer Sicht müssen Sie also froh sein, dass kein Nulldefizit angestrebt wurde.
Klaudia Tanner: Es gab jetzt zweimal eine Erhöhung des Budgets – mit einem Plus von 9,9 Prozent in diesem Jahr und von 8,3 Prozent für das kommende. Das hat es noch nie gegeben. Als Bundesheer konnten wir zeigen, wie notwendig wir in der Krise sind.
Ohne Corona gäbe es also weniger Budget. Das sind Mutmaßungen. Wir haben jedenfalls dafür gekämpft. Das Budget ist dringend notwendig, weil sich jahrzehntelang ein Investitionsstau angesammelt hat.
Das größte Stück vom Budgetkuchen, 70 Millionen, ist für die Miliz reserviert.
Wir haben gesehen, wie wichtig hier Investitionen sind. Das beginnt bei Nachtsichtgeräten, Helmen, Uniformen bis hin zu Waffen. Es gibt eine lange Liste. 20 Millionen fließen in die Cybersicherheit, 25 Millionen Euro in den Katastrophenschutz. Da geht es etwa um Baggerfahrzeuge für Pioniere.
25 Millionen Euro sind für die ABC-Abwehrtruppe reserviert . . .
Ja, insbesondere für Schutzanzüge und entsprechende Masken.
Laut dem Bericht von Ex-Minister Thomas Starlinger gibt es in dem Bereich bis 2030 einen Bedarf von 210 Millionen Euro.
Die ABC-Abwehr ist in der Krise so stark zum Einsatz gekommen, zum Beispiel bei Dekontaminierungen. Wir werden darauf einen Fokus legen.
Aber sehen Sie einen ähnlichen Bedarf? Die ABC-Abwehr ist besonders wichtig. Unser Risikobild wird neu überarbeitet, übrigens nicht nur in Österreich. Danach wird der Fokus, auch bei Investitionen, auf die eintrittswahrscheinlichsten Szenarien gelegt.
Kommt dann doch die Abkehr von der militärischen Landesverteidigung?
Das ist ja ein totaler Unsinn! Wer irgendwo findet, dass ich das jemals gesagt hätte . . .
Es geht um das berühmte Hintergrundgespräch eines hohen Offiziers.
Das ist ein Unsinn, der so von mir nicht gesagt wurde. Fakt ist: Die militärische Landesverteidigung ist unsere Kernaufgabe. Dazu gibt es andere Notwendigkeiten, die sich an dem Risikobild orientieren.
Es gibt die Sorge, dass es nur kurzfristig mehr Budget gibt. Können Sie garantieren, dass es mit Ihnen als Ministerin ein nachhaltiges Plus geben wird?
Ich kann jedenfalls garantieren, dass ich darum kämpfe. Ich habe ja schon bewiesen, dass ich es kann. Ich sage immer, wenn ich unterwegs bin: In diesem Haus ist alles so alt wie ich – über 50. Da wird es auch künftig notwendig sein, für mehr Mittel zu kämpfen.
Die Miliz wurde das erste Mal teilmobilisiert. Welche Lehren ziehen Sie daraus?
Es gibt einen Beschluss im Parlament, dass wir bis März 2021 Zeit für eine intensive Analyse haben. Das Gesetz stammt aus den 50ern, einige Punkte müssen reformiert werden. Die Teilaufbietung der Miliz hat aber gezeigt, wie wichtig sie ist. Wir sollten genug Soldaten dafür zur Verfügung haben.
Und wie?
Wir denken da unter anderem an ein Angebot in den ersten Monaten des Grundwehrdienstes: Wer sich für die Miliz verpflichtet, bekommt mehr Geld. Ab dem nächsten Jahr gibt es zwei Tauglichkeitsstufen.
Die Öffentlichkeit kennt noch keine Details zur Teiltauglichkeit, die ab 2021 gelten soll. Wann werden sie präsentiert?
Der Gesetzestext ist fertig, in den nächsten Wochen werden Details präsentiert.
Am Dienstag besucht Sie Indonesiens Verteidigungsminister, Prabowo Subianto. Er möchte Österreichs Eurofighter kaufen. Hier muss man kurz zurückblicken: Der Hersteller Airbus hat verschiedene Malversationen zugegeben und in einigen Ländern Schadenersatz gezahlt . . .
In Österreich nicht.
Genau. Es laufen in Verantwortung der Finanzprokuratur mehrere Verfahren, und die sind auch weiter zu verfolgen.
Aber ist ein Verkauf realistisch?
Jetzt gibt es einen Höflichkeitsbesuch – man muss schauen, wo man sich findet. Es braucht ja auch die Einverständniserklärung anderer Länder, inklusive den USA. Aber ich habe die Verantwortung, nichts unversucht zu lassen. Mein Vorschlag war bei der Luftraumüberwachung allgemein, dass man sich in einer parlamentarischen Enquetekommission und mit Experten beschäftigt.
Ist es dafür nicht etwas spät? Dass es eine Alternative für die Nachfolge der Saab 105-Flieger braucht, war lang klar.
Es gibt viele Dinge, die vorauszusehen waren. Dennoch hat keiner meiner Vorgänger die Verantwortung übernommen.
Unter Türkis-Blau war es Kanzler Sebastian Kurz, der diese Frage vertagt hat.
Die Ressortverantwortlichen hatten Jahre Zeit, um Entscheidungen zu treffen – etwa bei den Hubschraubern. Diese Entscheidung haben sie nicht getroffen. Ich schon.
Bei der Saab 105 allerdings nicht.
Laut unseren Experten wird die Saab 105 vorwiegend zu Schulungszwecken genutzt. Die Ausbildung der Piloten soll also auch weiterhin auf demselben Niveau sichergestellt sein – und das ist der Fall.
Bereuen Sie den Sager: „Airbus wird mich noch kennenlernen?“Es kam ja nie dazu. Überhaupt nicht! Ich sage so: Airbus lernt mich jeden Tag besser kennen. Die Rechtsverfahren laufen nach wie vor. Und für ein Unternehmen ist es ja auch nicht angenehm, immer damit konfrontiert zu werden.