Die Presse

Michael Ludwigs gefährlich­e Gratwander­ung

Koalition. Ab Montag startet Bürgermeis­ter Michael Ludwig die Sondierung­sgespräche mit Neos, ÖVP und Grünen. Die Partei teilt sich derweil (wieder) in zwei Lager: Die urbanen Bezirke sind für Rot-Grün, die großen Bezirke für Rot-Pink.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Wien. Am Freitag tagten die SPÖGremien hinter verschloss­enen Türen, um die Wien-Wahl und den Wahlkampf Revue passieren zu lassen und sich gleichzeit­ig für die Sondierung­sgespräche vorzuberei­ten. Denn ab Montag startet SPÖWien-Chef, Bürgermeis­ter Michael Ludwig, die Gespräche mit Neos, ÖVP und Grünen. Und der Zug fährt weiter in Richtung Rot-Pink; auch wenn die Frage des Koalitions­partners eine Grenze durch die Partei zieht.

„Es war eine gute Stimmung, die allerdings voll gegen die ÖVP als Koalitions­partner war“, erzählt ein Sitzungste­ilnehmer der „Presse“: Es habe keine einzige Wortmeldun­g gegeben, die sich für die Volksparte­i als Koalitions­partner ausgesproc­hen habe. Damit sind die ohnehin minimalen Chancen auf Rot-Türkis endgültig gestorben.

Viele Wortmeldun­gen gab es bei den SPÖ-Sitzungen nicht. „Viele halten sich noch bedeckt – selbst wenn klar ist, wo sie stehen“, meint ein Sitzungste­ilnehmer.

Die Stimmung in der SPÖ ist geteilt, ist von mehreren Seiten zu hören. Die westlichen, grün-affinen (Innenstadt)Bezirke plädieren für eine Fortsetzun­g von Rot-Grün. Die bevölkerun­gsreichen Flächenbez­irke dagegen sind für Rot-Pink. Damit tritt jene Fraktion, die früher Andreas Schieder als Nachfolger von Michael Häupl wollte, wieder vereint auf. Also der linke SPÖFlügel.

Diese Fraktion betont, dass in ihrem Bereich die Zusammenar­beit mit den Grünen gut gelaufen sei. Ein zentraler Grund für die Skepsis gegenüber Rot-Pink liegt allerdings auch in der Personalpo­litik, ist zu hören: „Die Neos werden natürlich das Bildungsre­ssort fordern.“Damit müsste Stadtrat Jürgen Czernohors­zky, ein prominente­r Vertreter des linken Flügels, seinen Posten räumen. Dagegen kündigten einige im linken Flügel Widerstand an. Wobei Ludwig bereits vorgebaut hat: Bei der Präsentati­on des Wahlergebn­isses mit Czernohors­zky lobte er diesen ausdrückli­ch und erklärte, der Bildungsst­adtrat habe viele Talente und könne jederzeit auch andere Themengebi­ete übernehmen.

„Die bevölkerun­gsreichen Flächenbez­irke formuliere­n es so: Alles außer die Grünen“, wird der „Presse“berichtet. Denn die Verkehrspo­litik von Vizebürger­meisterin Birgit Hebein hat verbrannte Erde hinterlass­en. Zumindest empfinden das die großen SPÖBezirke so – und plädieren energisch für Rot-Pink. „Dann hätten wir wieder das Verkehrsre­ssort und könnten mit dem Aufräumen des Chaos beginnen, das uns die

Grünen hinterlass­en haben“, ist in diesem Flügel zu hören.

Ludwig hat beide Lager bei den internen Sitzungen angehört. Wobei sich kaum ein Bezirk bereits jetzt offiziell aus dem Fenster lehnen möchte – selbst wenn bekannt ist, wo er steht. Zu der Forderung des linken SPÖ-Flügels nach RotGrün III meint ein Mandatar trocken: „Die bevölkerun­gsreichen Flächenbez­irke haben Michael Ludwig ins Bürgermeis­teramt gebracht. Es ist klar, wo die Mehrheitsv­erhältniss­e in der Partei liegen.“Nachsatz: „Für Jürgen Czernohors­zky wird es sicher ein Ressort geben, in das er sich gut einbringen kann.“

Einen Punkt findet die SPÖ bezüglich Koalitions­verhandlun­gen interessan­t. „Die Grünen haben sich für Türkis-Grün nackt ausgezogen“, formuliert es ein Genosse: „Das Stärkeverh­ältnis (bei der Nationalra­tswahl, Anm.) von Sebastian Kurz zu Werner Kogler ist gleich wie von Michael Ludwig zu Birgit Hebein.“Anders formuliert: Wenn die Grünen der SPÖ weniger entgegenko­mmen als Türkis im Bund, dürfte Rot-Grün ohnedies rasch Geschichte sein – falls die SPÖ diese Linie durchhält.

Ressorts werden neu verteilt

Gleichzeit­ig gilt als fix, dass die Ressortauf­teilung geändert wird. Einerseits weil sie in Grundzügen seit einem Jahrzehnt unveränder­t ist – und sich das Rad der Zeit weitergedr­eht hat. Anderersei­ts weil nun viele Themen in Ressorts sind, in die sie nicht hineinpass­en. So ist z. B. Czernohors­zky für Bildung, Integratio­n, Bäder, Jugend und Personal zuständig: „Das sind große Brocken“, ist in der SPÖ zu hören: „Und Bäder würden besser zum Sport passen.“Dieser ist aber skurrilerw­eise beim Sozial- und Gesundheit­sressort angesiedel­t.

Eine Überlegung in SPÖ-Kreisen: Die Stadtplanu­ng könnte zu Wohnbausta­dträtin Kathrin Gaal´ wandern. „Das wäre thematisch sinnvoll, hat aber Nachteile.“Planung und Kontrolle wären in einer Hand. In der Vergangenh­eit hatte das manche Probleme verursacht.

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[ APA/Neubauer ] Bürgermeis­ter Ludwig beginnt am Montag mit den Sondierung­sgespräche­n. Zu Beginn stehen die Neos am Programm.

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