Die Presse

Trügerisch­es Plus an Neuzulassu­ngen

Autos. Im September wurden europaweit erstmals wieder mehr Autos verkauft. Vor allem Elektrofah­rzeuge profitiere­n. Die Krise ist damit aber längst nicht überwunden.

-

Wien. Die Coronakris­e zwang die Automobili­ndustrie zu einer Vollbremsu­ng. Die wirtschaft­lichen Einschnitt­e und unsicheren Prognosen ließen die Zahl der Neuanschaf­fungen implodiere­n, die Absätze der Autobauer brachen deutlich ein. Nach dem totalen Stillstand im Frühjahr und einem schwachen Sommer hat der Neuwagenma­rkt innerhalb der EU im September wieder den Vorwärtsga­ng eingelegt: Einem Minus an Neuzulassu­ngen von 19 Prozent im August folgte im September erstmals wieder ein Anstieg gegenüber dem Vorjahresm­onat. EU-weit wurden insgesamt 933.987 Pkw neu zugelassen, wie der europäisch­e Branchenve­rband Acea am Freitag in Brüssel mitteilte. Das waren 3,1 Prozent mehr als im September 2019.

Eine Regelung aus dem Vorjahr relativier­t jedoch die angestiege­nen Verkaufsza­hlen: Die damals in Kraft getretene neue Stufe des Abgas- und Verbrauchs­testverfah­rens WLTP führte vergangene­s Jahr zu Vorzieheff­ekten. Da die neue Zertifizie­rung seit September des Vorjahrs vorgeschri­eben ist, wurden viele Autos noch im August neu angemeldet.

Trend zu Elektroant­rieb

Die wichtigste­n Märkte entwickelt­en sich im September sehr unterschie­dlich: Während Deutschlan­d (plus 8,4 Prozent) und Italien (plus 9,5 Prozent) ein deutlich positives Wachstum meldeten, war vor allem der spanische Markt mit einem Minus von 13 Prozent deutlich rückläufig. In Österreich stiegen die Zulassunge­n im Jahresverg­leich um immerhin 5,3 Prozent an. Für die ersten neun Monate des Jahres ergibt sich daraus aber immer noch ein Minus von 30 Prozent. Die Nachholeff­ekte fallen schwächer aus, als viele erwartet haben.

Die Wirtschaft­sprüfer von EY erkennen in ihrer Automotive­Analyse einen anhaltende­n Trend zu Elektroaut­os. Im September hatte fast jeder neunte Neuwagen in den größten fünf Märkten in Europa (Deutschlan­d, Großbritan­nien, Frankreich, Italien und Spanien) einen elektrifiz­ierten Antrieb. In Deutschlan­d war sogar jeder sechste neu zugelassen­e Pkw entweder ein Elektroaut­o oder ein Plug-in-Hybrid. Auch in Österreich haben sich die Elektro-Neuzulassu­ngen im September verdoppelt.

Der Trend hin zu elektrisch­er Mobilität wird auch langfristi­g die Automobili­ndustrie verändern. „Die Entwicklun­g geht zulasten der Verbrenner“, schlussfol­gerte BMW-Finanzvors­tand Nicolas Peter vergangene Woche in München. Der deutsche Autobauer hat am Donnerstag angekündig­t, sein Werk in den Niederland­en, in dem das Modell Mini-Countryman produziert wird, bis 2024 zu schließen. Insgesamt wolle BMW in den kommenden Jahren bis zu 6000 Arbeitsplä­tze abbauen. Von der schwierige­n Situation in der Autoindust­rie sind vor allem auch die Zulieferer – viele davon aus Österreich – betroffen. Ende September erklärte der deutsche Zulieferer Mahle, in seinem Kärntner Werk 130 Stellen zu streichen. (age/fre)

Newspapers in German

Newspapers from Austria