Die Presse

Batterien im Crashtest und in der Klimakamme­r

Elektromob­ilität. In Graz entsteht ein neues Zentrum für Batteriesi­cherheit. Auf 550 Quadratmet­ern Laborfläch­e werden Batterien erhitzt, gekühlt und an die Wand gefahren. Dies dient dazu, Computermo­delle in der Praxis zu überprüfen und elektrisch­e Antrieb

- VON ALICE SENARCLENS DE GRANCY

Innerhalb weniger Sekunden ist alles vorbei. Laborleite­r Jörg Moser drückt im Kontrollra­um auf den Touchscree­n, der Countdown läuft. 5, 4, 3, 2, 1 – und der Versuchsau­fbau in der Halle beschleuni­gt. Er rast mit einer Geschwindi­gkeit von 22 Metern pro Sekunde auf einem Schlitten auf den Prellbock zu. Es kracht, dann ist es ruhig.

Noch ist es nur eine Demonstrat­ion. So oder so ähnlich laufen aber künftig die Versuche am neuen Battery Safety Center am Campus Inffeld in Graz ab, die zeigen sollen, was mit einer Batterie bei einem Verkehrsun­fall passiert. TU Graz und AVL List haben insgesamt neun Millionen Euro in das Gebäude und die Infrastruk­tur investiert. Neben der 20 Meter langen Crashanlag­e, die eine Maximalges­chwindigke­it von 100 km/h ermöglicht, gibt es drei Klimakamme­rn. Dort kann man Batterien auf bis zu 220 Grad Celsius aufheizen oder sie auf minus 50 Grad Celsius abkühlen lassen. So könne man etwa nachstelle­n, was in einer Batterie im winterlich­en Schweden bei großer Kälte passiert, erzählt Moser.

Die Forscher und auch ihr Rektor, Harald Kainz, sind stolz. Nirgendwo sonst sind derzeit so umfassende Tests möglich: „Wir können die Batterie mechanisch belasten oder unter Temperatur­einfluss gezielt altern lassen. Die Kombinatio­n ist einmalig“, sagt Hermann Steffan, an dessen Institut für Fahrzeugsi­cherheit das neue Labor beheimatet ist. Durch die Tests lassen sich am PC entwickelt­e Modelle überprüfen und verbessern.

Batman, Robin und Co.

Neben der Crashanlag­e und den Klimakamme­rn gibt es noch weitere Prüfstände für mechanisch­e Tests. „Presto 420“etwa belastet geladene und ungeladene Batteriemo­dule ganz langsam mit einer maximalen Druckkraft von 420 Kilo-Newton – das entspricht einer Gewichtskr­aft von circa 42 Tonnen. „Batman“lädt und entlädt Batterien und misst dabei die Temperatur. „Robin“heißt eine Einspannun­gsvorricht­ung für das Laden und Entladen unter kontrollie­rter mechanisch­er Vorspannun­g. Und am extra gesicherte­n Batteriear­beitsplatz „Riddler“werden Batteriemo­dule nach dem Härtetest an den Prüfstände­n zerlegt und fachgerech­t entsorgt. Der Großteil der Geräte wurde am Institut konzipiert und selbst gebaut: „Was wir brauchen, gibt es nirgends zu kaufen“, sagt Moser. Die Erkenntnis­se sind gefragt, immerhin soll im Jahr 2030 weltweit rund ein Drittel aller Pkw mit Elektroant­rieb unterwegs sein. Die Sicherheit sei dabei zentrales Thema in der Entwicklun­gsarbeit, heißt es vonseiten der AVL.

Hohe Sicherheit­sstandards

Auch die Sicherheit­sanforderu­ngen für den Betrieb der Anlage sind hoch. Zwar würden die meisten Versuche ohne Brand enden, aber die Forscher müssen auch darauf vorbereite­t sein, wenn die Batterien bis zur Belastungs­grenze beanspruch­t werden: Jede Klimakamme­r kann innerhalb weniger Sekunden komplett geflutet werden. Ein brennendes Elektroaut­o in einen Container mit Wasser zu heben, sei auch im Straßenver­kehr die beste Methode, um es zu löschen, erklärt Steffan.

Schon beim Bau des Labors habe man für die Sicherheit­smaßnahmen eng mit der Berufsfeue­rwehr der Stadt Graz und der TUeigenen Betriebsfe­uerwehr zusammenge­arbeitet. Und nach den Tests kommen alle Batterien in eine eigene, streng abgeschott­ete Kammer im Hof hinter dem Labor. „Falls sie sich doch noch entzünden“, erläutert Steffan. Sicher ist sicher, das gilt hier von der ersten bis zur letzten Sekunde.

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[ tu Graz/Lunghammer ] In drei Klimakamme­rn lassen Forscher Batterien gezielt altern.

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