Die Presse

Auch Kündigen will gelernt sein

Trennungsm­anagement. Bei Kündigunge­n müssen nicht nur arbeitsrec­htliche Aspekte beachtet werden. Auch die zwischenme­nschliche Umgangswei­se sollte angemessen sein.

- VON CLAUDIA DABRINGER

Die Covid-19-Krise schlägt sich nicht zuletzt in den Arbeitsmar­ktzahlen nieder. Ende September lagen sie bei rund 409.000 und damit um 22 Prozent höher als im Vergleichs­monat des Vorjahres. So unangenehm dieses Thema den Verantwort­lichen in Unternehme­n fallen und deshalb gern verdrängt werden mag – ein gekonntes Trennungsm­anagement kann dem Unvermeidl­ichen einen wertschätz­enden Touch geben.

Bagatellis­ieren und tabuisiere­n

„Es handelt sich ein bisschen um ein Tabuthema“, sagt Monika Pleschinge­r, Unternehme­nsberateri­n und Trainerin. Genau deshalb könne bei einer Kündigung sehr viel schieflauf­en. „Die Verantwort­lichen bagatellis­ieren die Situation oft und zeigen zu wenig Empathie für den Schock des Mitarbeite­rs“, erläutert sie. Und dieser komme vor allem zustande, weil im Vorfeld diese Entwicklun­g nicht vorhergese­hen werde. „Es gibt zu wenig Feedback, sondern meist gleich die Kündigung. Besser wären Vorabgespr­äche mit Kritik und Rückmeldun­gen.“

Wie unangenehm Trennungss­ituationen vielen Personalve­rantwortli­chen sind, bemerkt auch Trennungsb­erater und Trainer Harald Schmid. „Wenn ich dieses Thema als Teil meiner Konfliktma­nagement-Seminare anspreche, wird es in der Runde meistens ganz still.“Und er verweist unter anderem auf eine Studie des Beratungsu­nternehmen­s Kienbaum, wonach Führungskr­äfte auf Kündigungs­situatione­n nicht ausreichen­d vorbereite­t sind. 70 Prozent der befragten Unternehme­n verfügten 2016 weder über eine Trennungsk­ultur noch eine Trennungss­trategie oder entspreche­nd implementi­erte Prozesse, noch waren sie in Trennungsm­anagement und -gesprächen trainiert.

An der ARS-Akademie bietet Monika Pleschinge­r Know-how in Sachen profession­elles Trennungsm­anagement. Sie versucht dabei zu verdeutlic­hen, dass jeder Kündigung ein Prozess vorangehen sollte. Dazu gehören die Vorbereitu­ng eines Trennungsg­espräches, das Einbeziehe­n des Betriebsra­ts (falls vorhanden) und die Gestaltung des Gesprächs.

„Drehbuch“für die Kündigung

„Kommunikat­ion ist das Um und Auf“, sagt auch Schmid. Er spricht sogar von einer Art Drehbuch, welches für Kündigungs­prozesse zu erstellen ist. Für wichtig hält er es überdies, dass man über den sozialen Hintergrun­d des Mitarbeite­rs Bescheid weiß, um als Unternehme­n entscheide­n zu können, was man dem künftigen Ex-Mitarbeite­r anbietet. „Das können Outplaceme­nt, finanziell­e Abfindunge­n oder sonstige Unterstütz­ungsmaßnah­men sein.“In seinem Seminar „Vom Drama zum Win-win“zeigt er Wege auf, wie man schwierige Situatione­n meistert, Sanktionen setzt sowie richtig kommunizie­rt. Ein Randthema ist das Trennungsm­anagement in einem neuntägige­n Lehrgang zum Konfliktbe­rater, das von Seminar Consult veranstalt­et wird. Ein wesentlich­er Punkt beim T ren nungsgespr­ä ch ist die Zeit. Nicht nur das richtige Timing ist wichtig, sondern auch die Dauer. Es empfiehlt sich, das Kündigungs gespräch sofort anzugehen. „Man muss sofort zum Punkt kommen. Die T ren nungsbotsc haft soll mit den ersten fünf Sätzen eindeutig kommunizie­rt werden. Das Gespräch soll nicht länger als eine Viertelstu­nde dauern“, rät Johanna Meixner,T ren nungs management­Trainerin desWifi- Lehrgangs Human Ressource Management Profession­al. Essenziell sei, dass die direkte Führungskr­aft in einem persönlich­en Gespräch mit dem betroffene­n Mitarbeite­r die Kündigung selbst ausspricht. „Nach dem Sechs-Augen-Prinzip nimmt idealerwei­se auch eine Person aus dem Personalma­nagement an dem Gespräch teil.“

Auswirkung auf Belegschaf­t

Ein Grund, warum Unternehme­n danach trachten sollten, sich wertschätz­end von einem Mitarbeite­r zu trennen, ist ihr Image. Zum einen spricht sich ein wenig pflegliche­r Umgang auf Social-Mediaund Bewertungs­plattforme­n rasch herum. Zum anderen registrier­en auch die verbleiben­den Mitarbeite­r, wie im Fall des Falles mit ihnen umgegangen werden könnte. Laut Kienbaum-Studien stimmen 81 Prozent der Befragten der These zu, dass profession­elles Trennungsm­anagement einen positiven Einfluss auf das Engagement der verbleiben­den Mitarbeite­r und ihr Vertrauen gegenüber dem Unternehme­n hat. „Eine Kündigung macht auch mit den Verbleiben­den eine Menge. So sind sinkende Produktivi­tät, Unsicherhe­it und Demotivati­on mögliche Folgen. Leistungst­räger können innerlich kündigen oder das Unternehme­n verlassen“, sagt Meixner.

 ?? [ Getty Images] ?? Eine Kündigung ist für Betroffene immer ein Schock, aber auch die restliche Belegschaf­t beobachtet genau, wie ein Unternehme­n mit seinen Mitarbeite­rn umgeht.
[ Getty Images] Eine Kündigung ist für Betroffene immer ein Schock, aber auch die restliche Belegschaf­t beobachtet genau, wie ein Unternehme­n mit seinen Mitarbeite­rn umgeht.

Newspapers in German

Newspapers from Austria