Die Presse

Was ich lese

- ELISABETH-JOE HARRIET Schauspiel­erin, Autorin, Moderatori­n, Liedermach­erin [ Foto: Katharina Schiffl ]

Ich war auf der Suche nach dem Menschen Karl Kraus, konnte aber in den vorhandene­n Büchern im Grunde immer nur den kritischen, satirische­n und polemische­n Schriftste­ller und ausführlic­he literaturw­issenschaf­tliche Abhandlung­en über sein Werk finden. Einzig Hans Weigel, der ihn ja noch persönlich gekannt und seine berühmten Vorlesunge­n besucht hatte, ließ da und dort einen anderen Kraus aufblitzen.

Dann erschien heuer im Sommer die Biografie Karl Kraus – Der Widerspre

cher von Jens Malte Fischer (Zsolnay Verlag), und ich wurde endlich fündig. Der Autor versucht nicht, wie die meisten, sich sprachlich in girlandenh­aften Satzkonstr­uktionen mit Kraus zu messen – nicht nötig, er hat genug eigenen Stil – oder krampfhaft Fehler an ihm zu finden. Er versucht ausschließ­lich mit größtmögli­cher Objektivit­ät, seinen Protagonis­ten als Menschen und Schriftste­ller in all seinen inneren wie äußeren Facetten, Kämpfen und Lebensalte­rn zu präsentier­en, lebendig zu machen und in die Gegenwart zu holen.

Dazu muss der Leser auch in die Geschichte von damals und ihre Denkweise eingeführt werden. Fischer versteht es hervorrage­nd, diesen Kosmos der Habsburger­monarchie und darin eingebette­t Kraus als Kind seiner Zeit verständli­ch zu machen.

Erst die Biografie von Jens Malte Fischer machte es mir möglich, in die Persönlich­keit Kraus tief einzutauch­en, ihn zu verstehen und die Konversati­on zwischen ihm und Olga Schnitzler in meinem Theaterstü­ck entstehen zu lassen: Karl Kraus – ganz persönlich.

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