Kein neuer Anlauf zur Klärung der Kurdenmorde
Attentat in Wien. Kurden fordern, den Anschlag auf Ghassemlou 1989 neu aufzurollen. Laut Justizministerium sind die Haftbefehle gegen die Verdächtigen aber nicht durchsetzbar, das Ermittlungsverfahren sei abgebrochen.
Wien. Die Antwort aus Österreichs Justizministerium ist deutlich: Im Fall des am 13. Juli 1989 in Wien ermordeten kurdischen Politikers Abdul Rahman Ghassemlou wird sich auch weiterhin nichts bewegen. „Sämtliche bislang an die Staatsanwaltschaft herangetragenen Hinweise wurden zum Gegenstand ergänzender Ermittlungen gemacht. Allerdings führten diese bedauerlicherweise zu keinen neuen Ermittlungsansätzen, die dazu geeignet gewesen wären, die genannten Verbrechen einer Aufklärung näherzubringen“, heißt es auf Anfrage der „Presse“in einer Stellungnahme des Ministeriums. Zugleich wird bedauert, dass die Täter von damals nach wie vor nicht „ihrer gerechten Bestrafung zugeführt werden konnten“.
Damals – vor 31 Jahren – waren Ghassemlou und zwei seiner Mitstreiter in Wien in eine Falle gelockt worden. Der Vorsitzende der Demokratischen Partei KurdistanIran hatte sich mit Abgesandten des Teheraner Regimes in einer Wohnung im dritten Bezirk getroffen. Irans Kurden führten einen bewaffneten Kampf gegen Irans Führung. Während der Verhandlungen in Wien schlug ein Killerkommando zu. Ghassemlou und seine beiden Begleiter wurden erschossen.
Der damalige Leiter des iranischen Verhandlungsteams, Mohammed Jafari Saharoudi, wurde offenbar von einem Querschläger ebenfalls verletzt. Er nutzte das, um sich als Opfer darzustellen. Die Iraner sprachen von einer „dritten Partei“, die für das Attentat verantwortlich sei. Österreichs Behörden schenkten dieser Darstellung aber bald keinen Glauben mehr. Trotzdem durften die iranischen Verdächtigen ungehindert ausreisen. Erst Monate später wurden von Österreichs Justiz Haftbefehle gegen Saharoudi sowie gegen Mustafa Ajvadi und Amir Mansour Bozorgian ausgestellt. Die drei blieben aber unbehelligt. Ebenso die mutmaßlichen Hintermänner in Teherans Regime.
Heute erinnert eine schwarze Gedenktafel in der Linken Bahngasse an das Verbrechen von damals. Ata Nassiri hat dafür gesorgt, dass die Tafel angebracht wurde. Seit Jahren will der iranische Kurde, der schon lang österreichischer Staatsbürger ist, aber die Inschrift ändern lassen. Durch „iranische Terroristen ermordet“, steht jetzt dort. Nassiri will, dass stattdessen Irans damalige Machthaber als Täter benannt werden. Doch die Behörden sind dagegen.
Kein weiteres Rechtshilfeersuchen
Anfang Juli dieses Jahres, eine Woche vor Ghassemlous Todestag, schrieb Ali Mazoudji von der Demokratischen Partei KurdistanIran einen Brief an Justizministerin Alma Zadic.´ Darin ersucht er um die Wiederaufnahme des Verfahrens. Die Haftbefehle gegen die drei iranischen Verdächtigen von damals sind nach wie vor aufrecht. Gab es keine neuen Anstrengungen, die Männer etwa über ein Rechtshilfeersuchen an Irans Behörden zu befragen? Dazu stellt das Justizministerium auf Anfrage der „Presse“fest: „Der Iran liefert eigene Staatsangehörige nicht aus. Dadurch liefe ein neues Rechtshilfeersuchen von vornherein ins Leere; die Haftbefehle sind damit derzeit faktisch nicht durchsetzbar. Aus diesem Grund ist auch das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Wien derzeit abgebrochen.“