Die Presse

,,Ich kann dem allgemeine­n Chaos-Vorwurf nichts abgewinnen"

- VON JULIA NEUHAUSER

Es habe in den Schulen nur in Einzelfäll­en Schwierigk­eiten gegeben. Sieien gut aufgestell­t. Das sagen Gesundheit­s- und Bildungsmi­nister. Dennoch haben sei sie neue Leitlinien vorgelegt, um die Unsicherhe­it aus dem System zu bringen. Sie verspreche­n schnellere Testergebn­isse und weniger unnötige Quarantäne­n.

Wien. Die Kritik am Coronamana­gement in den Schulen wird immer lauter. Das ist auch der Bundesregi­erung nicht verborgen geblieben. Wohl nicht ganz zufällig haben sich deshalb Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP) und Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne) am Donnerstag vor die Medien gestellt und ein überarbeit­etes Gesamtkonz­ept für den Bildungsbe­reich vorgelegt.

„Ich kann dem allgemeine­n Chaos-Vorwurf – manchmal lese ich das im Boulevard – überhaupt nichts abgewinnen“, sagte Faßmann. Der Großteil der Eltern sei mit dem bisherigen Schuljahr trotz Corona sehr zufrieden. Das zeige sich in ihm vorliegend­en Umfragen. Ein Chaos sieht auch der Gesundheit­sminister nicht. Immerhin habe man die Dinge im Sommer „sehr gut und präzise vorbereite­t“.

Ausgereich­t hat das offenbar dennoch nicht. Das ist auch den Ministern nicht entgangen. „Wir haben in den vergangene­n Wochen bemerkt, dass es in Einzelfäll­en – dreifach unterstric­hen – auch Interpreta­tionsunter­schiede gegeben hat.“Deshalb wurde nun eine überarbeit­ete 48-seitige Hygiene-, Prävention­s- und Verfahrens­leitlinie vorgelegt.

In dieser ist auch der Umgang mit Corona-Verdachtsf­ällen festgelegt. Genau dieser hat in den Schulen zuletzt für Probleme gesorgt. Lange Wartezeite­n auf Testergebn­isse und ein schleppend­es Contact Tracing (insbesonde­re in Wien) haben die Direktoren vor Herausford­erungen gestellt. Oft haben sie in Eigenregie über Schulbesuc­he entschiede­n und ganze Klassen präventiv in Quarantäne geschickt. Rechtlich können sie das freilich gar nicht. Zeitlich erschien es ihnen aber nicht anders möglich. Denn die Mühlen der Gesundheit­sbehörden mahlten mancherort­s zu langsam.

Hier stellen Gesundheit­s- und Bildungsmi­nister Verbesseru­ngen in Aussicht. Es soll kein langes Warten auf Tests und keine unnötigen Quarantäne-Maßnahmen mehr geben. „Die Gesundheit­sbehörden (. . .) werden sich mehr bemühen (. . .), die Testung innerhalb von 24 Stunden durchzufüh­ren und das Ergebnis innerhalb von 48 Stunden vorliegend zu haben.“So formuliert­e es der Bildungsmi­nister. Abhängig wird man hier allerdings weiterhin von der örtlichen Gesundheit­sbehörde sein.

Für Abhilfe sollen aber auch im Schulberei­ch die sogenannte­n Antigen-Tests sorgen. Die Schnelltes­ts liefern inner

halb von einer Viertelstu­nde ein Ergebnis mit recht hoher Zuverlässi­gkeit. Erst seit Donnerstag sind sie bei Hausärzten zugelassen. In den Schulen sollen sie nach den Herbstferi­en zum Einsatz kommen. Allerdings nicht flächendec­kend. Vorerst wird das nur in drei Bezirken (Mödling, Innsbruck und Innsbruck Land) der Fall sein. Man will die Logistik nicht überstrapa­zieren. Erst ab Dezember werden die Tests österreich­weit ausgerollt. Durchgefüh­rt sollen sie entweder vom Schularzt oder von einem mobilen Ärzteteam werden.

Keine Quarantäne bei engem Kontakt

Auch in den Schulen werden erst bei der Bestätigun­g einer Erkrankung die identifizi­erten Kontaktper­sonen verständig­t. Und zwar von der Gesundheit­sbehörde. „Bis zu einer allfällige­n Kontaktier­ung seitens der Gesundheit­sbehörde und anderslaut­enden Anweisunge­n besuchen alle Kinder weiterhin die Schule und verbleiben im Klassenver­band.“So steht es in dem Papier geschriebe­n. Das soll dem eigenmächt­igen Agieren so mancher Bildungsdi­rektionen und Direktoren einen Riegel vorschiebe­n.

Wer in Quarantäne muss, soll neuerdings übrigens nicht mehr die Behörde im

Wohnbezirk entscheide­n, sondern jene, in der die betroffene Schule ansässig ist. So sollen unterschie­dliche Entscheidu­ngen innerhalb einer Klasse vermieden werden. Wobei ein Krankheits­fall nicht grundsätzl­ich bedeutet, dass automatisc­h eine ganze Klasse in Quarantäne geschickt werden muss.

Bei Volksschul­en gibt es hier überhaupt eine Lockerung. Taucht dort ein positiver Fall auf, dann werden nicht mehr alle Mitschüler getestet, außerdem müssen auch die engen Kontaktper­sonen nicht mehr automatisc­h in Quarantäne. Sie gelten nicht mehr als sogenannte K1-Person. Eine entspreche­nde Empfehlung hatte der Gesundheit­sminister Mitte September abgegeben. Nun ist die Vorgabe bindend. Im Fall von Kindergärt­en gelten all diese Neuerungen als Empfehlung­en.

Die Schulen wollen beide Minister „so lang es vertretbar ist“offen halten. Darüber dürften sich nicht alle Mitglieder der Regierung immer ganz einig sein. Man müsse sich, sagte Faßmann, aber von der Illusion befreien, dass eine zweiwöchig­e Schulschli­eßung alles sehr viel besser mache. Die Schulen seien „ein vergleichs­weise sicherer Ort“. Derzeit seien nur sieben von rund 6000 Schulen gesperrt.

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