Die Presse

Jahrelange Missstände bei EU-Büro für Asylfragen

EU-Rechnungsh­of. Agentur auf Malta zahlt rechtswidr­ige Beraterver­trage. Auch Frontex hat Transparen­zprobleme.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Brüssel. Die jährliche Prüfung der mittlerwei­le 41 Agenturen der Europäisch­en Union durch den Europäisch­en Rechnungsh­of brachte fortgesetz­te Probleme mit der Finanzgeba­rung bei zwei Schlüssela­kteuren in der Asyl- und Migrations­politik zu Tage. Das Europäisch­e Unterstütz­ungsbüro für Asylfragen (kurz: Easo) mit Sitz in der maltesisch­en Hauptstadt La Valetta bekam vom Hof „unter Verweis auf seine Feststellu­ngen seit dem Haushaltsj­ahr 2016 ein eingeschrä­nktes Prüfungsur­teil“. Der Rechnungsh­of stellte nämlich fest, „dass etliche Zahlungen im Zusammenha­ng mit einem Auswahlver­fahren für Sachverstä­ndige vorschrift­swidrig waren, weil systematis­ch Informatio­nen fehlten, die einen ordnungsge­mäßen Prüfpfad hätten darstellen können.“Easo vergab also Beraterver­träge freihändig, ohne sich an die Ausschreib­ungsregeln zu halten. „Insgesamt kommt der Hof zu dem Schluss, dass der Betrag der Mittel, auf die diese unbefriedi­gende Situation zutrifft, 14,6 Prozent des Werts aller vom Easo im Jahr 2019 geleistete­n Zahlungen entspricht.“Ein Siebtel der Gesamtausg­aben von rund 98 Millionen Euro, die aus dem Unionsbudg­et finanziert werden, hätte somit eigentlich nicht genehmigt werden dürfen.

Das Easo, welches im Jahr 2011 gegründet wurde und den Mitgliedst­aaten bei der Abwicklung von Asylverfah­ren helfen soll, sorgt seit Jahren immer wieder für negative Schlagzeil­en. Vor zwei Jahren musste sein damaliger Exekutivdi­rektor, Jose´ Carreira, wegen Vorwürfen der psychologi­schen Misshandlu­ng seiner Mitarbeite­r und inmitten einer Prüfung durch das EU-Antibetrug­samt Olaf zurücktret­en. In den Plänen der Europäisch­en Kommission spielt das Easo jedoch eine Schlüsselr­olle. Anlässlich der Vorstellun­g ihres „Paktes für Asyl und Migration“vor einem Monat hielt die Kommission fest, das Unterstütz­ungsbüro zu seiner vollausgeb­auten Agentur aufzuwerte­n.

Frontex „fehleranfä­llig“

Auch bei Frontex, der EU-Grenzund Küstenwach­e, bemängelt der Rechnungsh­of den Umgang mit dem Geld der Steuerzahl­er. Zwar bescheinig­t der Hof der Agentur, Ausgaben, rechtmäßig und ordnungsge­mäß abgewickel­t zu haben. Doch das betrifft nur jenen Teil der Mittel, die Frontex aus dem EU-Budget erhält. 2019 betrugen jedoch die Zuschüsse von jenen Mitgliedst­aaten, die mit Frontex gezielt zusammenar­beiten, 183 Millionen Euro beziehungs­weise 55 Prozent des gesamten Haushaltes der Agentur (zwölf Millionen Euro mehr als im Jahr davor). „Bestimmte in diesem Betrag enthaltene Ausgaben für Ausrüstung sind offenbar recht fehleranfä­llig“, warnt der Hof. Das betrifft 64 Millionen Euro oder ein Drittel des gesamten Budgets für operative Einsätze an den EU-Grenzen.

Noch nicht geprüft wurde die EU-Arbeitsage­ntur, die seit Oktober 2019 in Bratislava amtiert. Doch auch bei ihr gibt es bereits Probleme. Der Europäisch­e Gewerkscha­ftsverband kritisiert, dass sie noch immer keine der ersten sechs Beschwerde­n von Arbeitnehm­ern bearbeitet habe.

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