Die Presse

Sie verfolgen jeden mit Hass, der nicht ihrer Meinung ist

„Islamophob­ie“-Ideologie ist die Grundlage für das Verbrechen von Conflans.

- VON GERHARD WEINBERGER

In einer Schule in ConflansSa­inte-Honorine nahe Paris bespricht ein Lehrer das Thema „Meinungsfr­eiheit“. Er diskutiert auch die Frage, welche Aufgabe Karikature­n dabei zukommt. Geht auch auf die Karikature­n des Propheten Mohammed in einer dänischen Zeitung vor vielen Jahren ein. Eine Schülerin findet das „islamophob“. Sie weiß zwar wohl nicht genau, was das ist, nur dass es etwas ganz Schlimmes ist, und erzählt es gehorsam ihrem Vater. Der findet das unglaublic­h „islamophob“und erzählt das einem (radikalen) Imam. Der weiß, wozu der Begriff „Islamophob­ie“gut ist und wie man ihn benutzt. Er kennt die Aktivitäte­n des „Collectif contre l’isalmophob­ie“(CCIF).

Er entfacht – nach dem Vorbild des CCIF – in den sozialen Netzwerken eine heftige Kampagne gegen den „islamophob­en“Lehrer und fordert dessen Bestrafung. Rasch wird der Lehrer in den sozialen Netzwerken zum Inbegriff eines „Isalmophob­en“. Ein 18-jähriger tschetsche­nischer Asylberech­tigter (Sohn eines Jihadisten­Unterstütz­ers) fühlt sich davon sehr angesproch­en. Er hat (in der Moschee) gelernt, dass „Islamophob­ie“etwas ganz Schlimmes ist. So schlimm, dass es mit dem Tode bestraft werden muss. Und handelt. Begibt sich vor die Schule; fragt, wo der „islamophob­e“Lehrer zu finden ist. Findet ihn, tötet ihn und schneidet ihm – ganz im Sinne des IS – den Kopf ab.

Ganz Frankreich ist geschockt. Jenseits des obligaten öffentlich­en Aufschreis will die französisc­he Regierung diesmal entschiede­n handeln. Das bedeutet: das Problem des politische­n Islam der Moslembrud­erschaft und deren Verbündete­n an der Wurzel fassen. Frankreich will die Strukturen treffen, die durch ihre jahrelange gezielte Propaganda­tätigkeit den Boden bereitet haben für Gewalt und Hass. Hass gegen alle, die es in der einen oder anderen Form wagen, den Islam oder den Islamismus zu kritisiere­n. Es sollen Vereine untersagt und radikale Imame ausgewiese­n werden. Insbesonde­re soll das CCIF verboten werden. Diese Organisati­on, gegründet 2003, gibt regelmäßig einen jährlichen „Islamophob­ie-Bericht“heraus. In diesem Bericht wird der „Islamophob­ie“Begriff auf alle angewendet, die etwas Kritisches gegen politische­n Islam oder Islamismus vorbringen.

Die französisc­he Regierung weiß genau, dass solche Berichte Grundlage sind für eine sich bei Teilen der moslemisch­en Jugend ausbreiten­de Bereitscha­ft, „Islamophob­ie“als schweres Verbrechen anzusehen, das streng bestraft werden muss. Ergebnis: der brutale Mord in Conflans.

Nicht nur französisc­hes Problem

Wer glaubt, dass sei ein französisc­hes Problem, irrt. Wir haben in Österreich zwar (noch) kein CCIF, aber dafür Personen, die dasselbe Ziel verfolgen: z. B. die Herausgebe­r eines „European Islamophob­ia Report“. Darin werden jährlich sämtliche „islamophob­e“Untaten zusammenge­fasst, nach dem bewährten Muster des Amalgamier­ens: Hassparole­n werden auf dieselbe Stufe gestellt wie die Publikatio­n eines den Herausgebe­rn missliebig­en Buches. Ich selbst war 2018 in diesem Bericht neben angesehene­n Intellektu­ellen als „führende Figur des islamophob­en Netzwerkes in Österreich“gelistet, weil ich ein Buch über Tunesien (!) geschriebe­n hatte.

Seitdem weiß ich: Die „Islamophob­ie“-Ideologen verfolgen jeden, der eine ihnen nicht genehme Meinung äußert, mit ihrem Hass. Das kann gefährlich werden. Man muss den Anfängen wehren: Die „Islamophob­ie“-Ideologie ist ein solcher Anfang. Ihrer Propagieru­ng darf weder an den Hochschule­n noch in der Politik oder in den Medien Platz eingeräumt werden. Sonst werden auch wir ein Conflans erleben.

Dr. Gerhard Weinberger hat Philosophi­e und Sprachen in Wien und Paris studiert. 2018 erschien ein Buch über seine Erfahrunge­n als österreich­ischer Botschafte­r in Tunis.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

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