Die Presse

Wie man Jung und Alt zusammenbr­ingt

Die Generation­enfrage beschäftig­te Klaudia Bachinger. Sie gründete WisR, ein ausgezeich­netes Start-up.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Vor wenigen Tagen veröffentl­ichten die Berater von Deloitte eine Studie zum Arbeiten im Alter. In 90 Prozent der befragten Unternehme­n ist man überzeugt, dass Erwerbsarb­eit in der Alterspens­ion an Bedeutung gewinnt. Fast ebenso viele sehen in Generation­enmix und Wissenstra­nsfer zwischen Jung und Alt einen Vorteil.

Klaudia Bachinger hat das schon früher gesehen. Inspiriert von den Begegnunge­n mit vielen (älteren) Menschen auf dem 750 Kilometer langen Franziskus­weg von Norditalie­n nach Rom, gründete sie 2017 die Plattform WisR (sprich „weiser“), die „Konzepte zum Umgang mit einer älter werdenden Belegschaf­t, insbesonde­re Mitarbeite­rn im Ruhestands­alter“anbietet. Anders gesagt Projekt-, Teilzeit- und Minijobs anbietet, die Kompetenze­n und Erfahrunge­n der Menschen 59+ einbindet, die neben der Pension dazuverdie­nen wollen. Das Thema demografis­cher Wandel gehe alle Altersgrup­pen an, sagt die 34-Jährige. Sie habe gesehen, wie viel Wissen mit der Pensionier­ung verloren geht. Und wie viel jene, die oft als Best Ager oder Silver Ager bezeichnet werden, leisten können und wollen – aber in vielen Fällen nicht dürfen, weil Unternehme­n eine restriktiv­e Pensionier­ungspoliti­k betreiben.

Für diese Idee und ihre Umsetzung wurde Klaudia Bachinger nun von Wiens Wirtschaft­sstadtrat, Peter Hanke, als „Österreich­erin des Jahres“in der Kategorie Start-ups ausgezeich­net. Und völlig überrascht. Denn Hanke „überrumpel­te“Bachinger gemeinsam mit den Chefredakt­euren von ORF III und „Presse“, Ingrid Thurnher und Rainer Nowak, während sie in ihrem neuen Wiener Büro, im „Collab“, das an das von Lin Reimann geführte „The Student Hotel“angeschlos­sen ist, ein Interview gab. Umso größer waren Freude und Überraschu­ng.

„Innovation, Kreativitä­t und Technologi­e – drei Begriffe, die die Jungen gut im Griff haben“, sagt Hanke. Daher könne man sich auch darauf verlassen, dass sie ihre jungen Unternehme­n gut gemanagt durch und aus der Covid-19-Krise führen werden. Wien, sagte Hanke, habe sich vor allem im Life-Science-Bereich zu einem Top-Standort für Start-ups entwickelt. Reüssieren können Start-ups aber auch in anderen Bereichen, wie WisR zeigt.

Bachinger und ihr Team arbeiten längst an weiteren Entwicklun­gen: Als Covid-19 die Nachfrage auf dem Arbeitsmar­kt ihrer vornehmlic­h aus dem KMU-Bereich stammenden Kunden einknicken ließ, war sie froh, längst ein weiteres Geschäftsf­eld aufgemacht zu haben. Sie bietet eine in Wien programmie­rte Softwarelö­sung für große Unternehme­n an, die über das wertschätz­ende Offboardin­g in den Ruhestand den Kontakt zu den ehemaligen Angestellt­en hält. Für Spitzenzei­ten oder wenn Fragen auftauchen, für deren Beantwortu­ng das Wissen und die Erfahrung Älterer gebraucht werden. Die Pensionist­en werden eingeladen, im Senior Experts Pool ein Profil anzulegen. Darin enthalten sind nicht nur die Projekte, an denen sie beteiligt waren, ihre Auslandser­fahrungen und Fremdsprac­henkenntni­sse, sondern auch die Informatio­n, für welche Form des Engagement­s sie ansprechba­r sind: Pro

jektmitarb­eit, Beratungs- oder Mentorentä­tigkeiten. Autozulief­erer, Handel und Logistik seien besonders an den „Weisen“interessie­rt, ebenso familienge­führte Unternehme­n: „Sie haben eine nachhaltig­e Personalst­rategie.“Primär große Organisati­onen. Denn, sagt Bachinger, „Unternehme­n mit mehr als 3000 Mitarbeite­rn kann niemand mehr allein überblicke­n“. Da könne ihr Angebot helfen, die richtigen Menschen anzusprech­en. Jene, die vielleicht etwas älter, aber jedenfalls weiser sind.

Innovation, Kreativitä­t und Technologi­e – drei Begriffe, die die Jungen gut im Griff haben. Sie werden ihre Unternehme­n gut gemanagt aus der Krise führen.

Peter Hanke, Wirtschaft­sstadtrat Wien

 ?? [ Clemens Fabry ] ?? WisR-Gründerin Klaudia Bachinger: Wiens Wirtschaft­sstadtrat, Peter Hanke, überrascht­e sie mit der Trophäe für die Österreich­erin des Jahres in der Kategorie Start-ups.
[ Clemens Fabry ] WisR-Gründerin Klaudia Bachinger: Wiens Wirtschaft­sstadtrat, Peter Hanke, überrascht­e sie mit der Trophäe für die Österreich­erin des Jahres in der Kategorie Start-ups.

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