Die Presse

„Es ist der König“

Brasiliens Legende Pele´ wird 80: Vom Schuhmache­r zum dreifachen Weltmeiste­r und Werbemilli­onär.

- (red.)

Wo er auftritt, ist er immer noch der Star. „Pele,´ Pele,´ e o rei“(„es ist der König“), riefen die Menschen, als der Nationalhe­ld Brasiliens, nach mehreren Hüftoperat­ionen im Rollstuhl sitzend, zur Einweihung der nach ihm benannten Fußball-Akademie in Resende im Bundesstaa­t Rio de Janeiro kam. Am Eingang des Nachwuchsz­entrums wurde eine Pele-´Statue enthüllt, rund um die Spielfelde­r ein „Torwald“mit 1283 Setzlingen gepflanzt – die Zahl der Treffer des „Königs“.

„Ich habe bereits 1969, als ich das 1000. Tor geschossen habe, gesagt, dass wir auf die Kinder schauen müssen. Sie sollen weiter träumen können, um das zu werden, was sie wollen“, sagte Pele.´ Heute feiert der ehemalige Sportstar, der von 1995 bis 1998 auch als Sportminis­ter Brasiliens tätig war, seinen 80. Geburtstag.

Mit seiner Spielkunst und der Geschichte vom armen Buben zum Millionär steht der dreifache Weltmeiste­r wie kein anderer für Brasilien. Er hat eine Ära geprägt. Als Pele´ in den 1950er-Jahren begann, wollte kaum jemand Fußballpro­fi werden, das Einkommen war gering. Anfang der 1960er-Jahre, also bereits nach dem ersten Gewinn der Weltmeiste­rschaft (1958), verdiente Pele´ so viel wie aktuell ein Jungprofi bei einem großen Klub.

Gott schickt die Rechnung

Mit dem Wechsel zu Cosmos New York zum Karriere-Ausklang verhalf Pele´ gemeinsam mit Franz Beckenbaue­r dem US-Fußball zu Aufmerksam­keit – und es gelang der Sprung in die Geschäftsw­elt. Der Beckenbaue­r zufolge „größte Fußballer aller Zeiten“nutzte seinen Namen in den folgenden Jahrzehnte­n gewinnbrin­gend, vor allem als Werbefigur. 2014, im Jahr der WM in Brasilien, war er weltweit einer der zehn bestbezahl­ten Sportler im Ruhestand.

Viel früher, in den 1970er-Jahren, wechselte der Chilene El´ıas Figueroa – einer der weltbesten Abwehrspie­ler – statt zu Real Madrid lieber zu Internacio­nal Porto Alegre, um mit Pele´ in einer Liga zu spielen. Heute träumen brasiliani­sche Talente schon als Teenager von einem Vertrag mit einem europäisch­en Klub.

Zuletzt ist es auch aus gesundheit­lichen Gründen ruhiger um den „König“geworden. In der Coronapand­emie ist Pele´ zu Hause in Guaruja im Bundesstaa­t Sao˜ Paulo geblieben, um eine Ansteckung zu vermeiden. Eine Feier wie etwa 50 Jahre nach seinem 1000. Tor im eigenen Museu Pele´ in Santos 2019 ist deshalb nicht geplant. Sein Stammklub FC Santos zählt die Tage bis zum runden Geburtstag Peles´ herunter und würdigt ihn in den sozialen Medien.

Bei der Einweihung der Akademie in Resende erwähnte Pele´ auch seine Familie. „Die Leute sprechen über Fußball, meine Karriere, aber niemand hat nach meinen Kindern gefragt“, sagte er. „In dieser Situation habe ich etwas mehr Zeit mit ihnen verbracht und viel gelernt.“Sieben Kinder hat Pele´ – unter ihnen mehrere uneheliche. Zweimal ging eine Ehe in die Brüche. 2016 heiratete er mit 75 Jahren zum dritten Mal, die Unternehme­rin Marcia Aoki.

Doch neben dem Körper schmerzt auch Peles´ Seele. Sein Sohn Edinho berichtete im Sportporta­l „Globoespor­te“von einer gewissen Depression des Mannes mit dem strahlende­n Lächeln. „Er ist der König, er war immer eine so imposante Figur, und heute kann er nicht mehr richtig gehen.“In einem Interview der Zeitung „Folha de S. Paulo“zum 78. Geburtstag sagte Pele,´ Gott habe die Rechnung für seine Jahre als Athlet geschickt.

Bei Santos erhielt der Schuhmache­rlehrling 1956 einen Vertrag und debütierte bereits als 15-Jähriger in der ersten Mannschaft. Nationaltr­ainer Vicente Feola nahm den 17-jährigen Pele´ 1958 mit zur WM in Schweden, wo dieser der bis heute jüngste Weltmeiste­r der Fußballges­chichte wurde. So wie Peles´ Stern damals aufging, machte Pele auch Brasilien der Welt bekannt.

Da wir gute Brasiliane­r sind, ist Pel´e unser Gott. Das Spiel dürfte nicht Fußball heißen – es müsste Pele´ heißen.

Romario

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[ AFP ] 2012 nahm Pele´ noch die Huldigunge­n des Fußballvol­kes entgegen, zuletzt wurden seine öffentlich­en Auftritte weniger.

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