Ein Boom, den erst Corona zerstört hat
Covid-19 machte Trumps positive Wirtschaftsdaten zunichte. Er hofft noch auf eine Kehrtwende.
New York. Wenn es ein großes Vorhaben gibt, das Donald Trump umgesetzt hat, dann seine 2017 verabschiedete Steuer- und Bürokratiereform. Sie reduzierte die Abgabenlast für Firmen und Private, vereinfachte das System und trieb das Wirtschaftswachstum an. Zwei Kritikpunkte der Demokraten bleiben: Erstens komme die Reform vor allem Reichen zugute. Zweitens sei sie teuer erkauft worden, weil geringere Einnahmen durchs zusätzliche Wachstum nicht kompensiert worden seien.
Die Steuerbehörde IRS hat die Auswirkungen auf jede Einkommensklasse analysiert. Die Last fiel für so gut wie alle Amerikaner. Etwa um 1,9 Prozent für jene, die zwischen 40.000 und 50.000 Dollar pro Jahr verdienen; um 3,06 Prozent für Besserverdiener mit einem Einkommen von 250.000 bis 500.000 Dollar; oder um 1,36 Prozent für die Spitzenverdiener mit einem Einkommen von mehr als einer Million. Indirekt profitieren die Reichen von einer Reduktion der Unternehmenssteuer von 35 auf 21 Prozent. Sie hat zum Boom an den Aktienmärkten beigetragen, und Wohlhabende halten mehr Wertpapiere. Vor Ausbruch der Pandemie vertraute ein Gutteil der US-Bürger auf die Wirtschaftskompetenz des Präsidenten. Noch im Sommer lag Trump in Sachen Wirtschaft in Umfragen vor seinem Herausforderer Joe Biden. Mit Fortdauer der Pandemie und einer zuletzt langsameren Erholung auf dem Arbeitsmarkt holte der Demokrat auf.
Höchstes Defizit seit Zweitem Weltkrieg
Auch in der TV-Debatte in der Nacht auf Freitag war die Wirtschaft ein Thema. Der „radikale Sozialist“Biden würde die USA an die Wand fahren, sagte Trump. Biden konterte, Trumps Krisenmanagement würde Arbeitsplätze dauerhaft zerstören.
Trump rühmt sich damit, die Börsen zu neuen Höhen und die Arbeitslosigkeit zu einem Rekordtief geführt zu haben. Beides ist vor Covid-19 richtig gewesen: Im Februar, als die Arbeitslosenrate bei 3,5 Prozent lag, waren Trumps Chancen auf eine Wiederwahl mehr als intakt. Den Vergleich mit seinem Vorgänger musste er nicht scheuen. Unter Barack Obama legte die Konjunktur um 2,1 Prozent pro Jahr zu; im letzten Jahr seiner Amtszeit, 2016, um 1,6 Prozent. Trumps Reformen verliehen der Wirtschaft einen Schub, das Wachstum von 2017 bis 2019 lag bei 2,4, 2,9 und 2,3 Prozent, wenn auch nicht bei den versprochenen 3,5.
Die Demokraten verweisen auf den Anstieg der Staatsschulden, das Defizit stieg unter Trump wie niemals zuvor in der Hochkonjunktur. Ohne Covid-19 hätte es sich bei einer Billion Dollar oder fünf Prozent der Wirtschaftsleistung eingependelt.
Während der Pandemie setzten die USA Mittel wie keine andere Industrienation frei, das Defizit beträgt 15 Prozent – der höchste Wert seit dem Zweiten Weltkrieg. Der Stimulus war ein Grund für einen im Vergleich zu Europa kleineren Einbruch im zweiten Quartal. Fünf Tage vor der Wahl stehen die Zahlen für das dritte Jahresviertel an. Trump hofft auf ein hohes Plus und eine politische Kehrtwende in letzter Minute.