Die Presse

Mit Abstand betrachtet gar nicht so schlecht

Neue Coronarege­ln sind mehr durchdacht als alte.

- VON PHILIPP AICHINGER philipp.aichinger@diepresse.com

Natürlich kann man wieder einiges an der Regierung kritisiere­n, etwa dass Verordnung­en zu spät erlassen werden. Man kann hinterfrag­en, ob zwei Wochen Übergangsf­rist für Plastikvis­iere nötig sind oder man die Personenza­hl bei Treffen juristisch korrekt beschränkt hat. Aber im Vergleich zum Rechtschao­s aus dem Frühjahr ist die Situation nun schon eine andere.

Das beginnt bei der von der Koalition (mit der SPÖ) beschlosse­nen gesetzlich­en Grundlage. Diesmal hat man im Parlament auf einen besseren Ausgleich zwischen Pandemie und Grundrecht­en geachtet. Einen Lockdown darf es geben, aber nur unter klareren Voraussetz­ungen („drohender Zusammenbr­uch der medizinisc­hen Versorgung“). Auch die Judikatur des Verfassung­sgerichtsh­ofs wurde ernst genommen. Das führt im Ergebnis dazu, dass „Coronasünd­er“diesmal nicht mehr so leicht wie im Frühjahr darauf hoffen dürfen, dass Strafen gekippt werden.

Klüger ist auch die nun wieder neu verordnete Babyelefan­tenregel. Bei der alten musste man im Freien grundsätzl­ich zu jeder Person aus einem anderen Haushalt einen Meter Abstand halten. Das war bei engen Bezugspers­onen lebensfrem­d und gesundheit­spolitisch absurd. Denn in Lokalen (mit höherer Ansteckung­sgefahr) durfte man sich so nahe sein, wie man wollte. Nach der neuen Regel kann man in kleinen Gruppen spazieren gehen, ohne gleich die Polizei fürchten zu müssen.

Der Spagat zwischen nötigen Einschränk­ungen und wichtigen Grundrecht­en wird eine Herausford­erung bleiben. Die Hoffnung, dass man aus dem Frühjahr etwas gelernt hat, ist aber da.

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