Heeresgeschichte: Massive Kritik an Museumsführung
HGM. Nach Rechnungshofbericht fordern Grüne die Ablöse von Direktor Ortner.
Wien. Wenn der Rechnungshof prüft, findet er meist auch etwas zu kritisieren. In diesem Fall ist die Kritik aber ungewöhnlich scharf: In dem am Freitag veröffentlichten Bericht über das Heeresgeschichtliche Museum (HGM) listen die Prüfer eine ganze Reihe von Missständen auf – bis hin zu strafrechtlich relevanten Tatbeständen.
Im Visier der Prüfer steht aber nicht nur das Museum selbst, sondern auch der Eigentümer: Das Verteidigungsministerium habe die Dienstaufsicht nur unzureichend wahr genommen.
Der Rechnungshofbericht befeuert eine schon länger laufende Diskussion über das HGM. Das Museum war in den vergangenen Jahren schon mit einer Reihe von Vorwürfen konfrontiert. Der schwerwiegendste: Es verbreite ein revisionistisches Geschichtsbild, im Museumsshop würde Nazi-Devotionalien verkauft sowie Literatur, die die Wehrmacht verherrliche. Eine vom Verteidigungsministerium eingesetzte Expertenkommission beurteilte die Dauerausstellung „Republik und Diktatur“als zwar nicht explizit rechtsextrem, aber doch als „nicht mehr zeitgemäß und unzureichend.“
Der Rechnungshof hat sich in seiner Kritik naturgemäß nicht auf wissenschaftliche Inhalte sondern auf organisatorische Fragen konzentriert. Und da gab es einiges zu bemängeln: So habe das Museum keinen Überblick über die eigene Sammlung. Das Inventarverzeichnis sei unvollständig, man wisse nicht, was vorhanden ist und auch nicht, was sich nicht mehr auffinden lässt. Definitiv nicht mehr vorhanden sind drei Briefe von Egon Schiele an das Museum aus dem Jahr 1918.
Bei einer Vor-Ort-Prüfung in einer Außenstelle stießen die Prüfer auf einen Bunker voll mit Panzer-Ersatzteilen unbekannter Herkunft. Dieser Fall könnte für den verantwortlichen Beamten auch strafrechtliche Konsequenzen haben, es wurde wegen des Verdachts des unbefugten Besitzes von Kriegsmaterial Anzeige erstattet.
Auch nicht unheikel: Das Museum hat seinem Direktor und dessen Stellvertreter 54 Ausstellungsstücke abgekauft, wobei kein nachvollziehbares Regelwerk für derartige Geschäfte besteht. Das Museum argumentiert damit, dass man da auf Flohmärkten eingekauft habe. Ein weiterer Kritikpunkt richtet sich auf nahestehende Vereine: Direktor Christian Ortner habe mehrere Vorstandsfunktionen in Vereinen innegehabt, die dem Museum eng verbunden seien. In der engen personellen, räumlichen und organisatorischen Verflechtung liege ein Risiko für Interessenkonflikte.
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner erklärte, sie werde den Bericht an die Kommission weiter leiten, die das Museum prüft. Den Handlungsbedarf bezeichnete sie jedenfalls als „enorm“. „Ich werde da nicht tatenlos zusehen.“Kommissions-Vorsitzender Wolfgang Muchitsch verweigert aber die Einarbeitung des Berichts: Man befasse sich mit den öffentlich zugänglichen Bereichen des Museums, nicht mit den Strukturen. Die Grünen fordern eine Abberufung von Direktor Ortner. Dieser führt das Museum derzeit interimistisch, weil der Job nach Auslaufen seiner Amtsperiode Ende des Vorjahres nicht neu ausgeschrieben wurde. Eine Neuausschreibung soll nun bald erfolgen.
Assistenzeinsatz evaluieren
Der Rechnungshof hat nicht nur das Heeresgeschichtliche Museum geprüft, sondern auch den Assistenzeinsatz des Bundesheers bei der Grenzsicherung und dabei grundsätzliche Bedenken geäußert: Es fehle eine Evaluierung des Assistenzeinsatzes in Hinblick auf Wirkung und Nutzen – auch angesichts der seit 2015 stark gesunkenen Zahl an Flüchtlingen. Nur für einen geringen Teil der Aufgriffe war übrigens das Bundesheer verantwortlich.
Auch für die Erweiterung des Assistenzeinsatzes um die Bewachung ausländischer Vertretungen in Wien ab August 2016 sehen die Prüfer keine „unabdingbare Notwendigkeit“. Negativer Effekt der Assistenzeinsätze sei, dass die Ausbildungsqualität der Rekruten gelitten habe. Die Assistenzeinsätze hat sich das Bundesheer übrigens großteils selbst bezahlen müssen: Bei Kosten von 273 Mio. Euro zwischen 2015 und 2017 wurden nur 90 Mio. Euro ersetzt.