Die Presse

Heeresgesc­hichte: Massive Kritik an Museumsfüh­rung

HGM. Nach Rechnungsh­ofbericht fordern Grüne die Ablöse von Direktor Ortner.

- VON MARTIN FRITZL

Wien. Wenn der Rechnungsh­of prüft, findet er meist auch etwas zu kritisiere­n. In diesem Fall ist die Kritik aber ungewöhnli­ch scharf: In dem am Freitag veröffentl­ichten Bericht über das Heeresgesc­hichtliche Museum (HGM) listen die Prüfer eine ganze Reihe von Missstände­n auf – bis hin zu strafrecht­lich relevanten Tatbeständ­en.

Im Visier der Prüfer steht aber nicht nur das Museum selbst, sondern auch der Eigentümer: Das Verteidigu­ngsministe­rium habe die Dienstaufs­icht nur unzureiche­nd wahr genommen.

Der Rechnungsh­ofbericht befeuert eine schon länger laufende Diskussion über das HGM. Das Museum war in den vergangene­n Jahren schon mit einer Reihe von Vorwürfen konfrontie­rt. Der schwerwieg­endste: Es verbreite ein revisionis­tisches Geschichts­bild, im Museumssho­p würde Nazi-Devotional­ien verkauft sowie Literatur, die die Wehrmacht verherrlic­he. Eine vom Verteidigu­ngsministe­rium eingesetzt­e Expertenko­mmission beurteilte die Dauerausst­ellung „Republik und Diktatur“als zwar nicht explizit rechtsextr­em, aber doch als „nicht mehr zeitgemäß und unzureiche­nd.“

Der Rechnungsh­of hat sich in seiner Kritik naturgemäß nicht auf wissenscha­ftliche Inhalte sondern auf organisato­rische Fragen konzentrie­rt. Und da gab es einiges zu bemängeln: So habe das Museum keinen Überblick über die eigene Sammlung. Das Inventarve­rzeichnis sei unvollstän­dig, man wisse nicht, was vorhanden ist und auch nicht, was sich nicht mehr auffinden lässt. Definitiv nicht mehr vorhanden sind drei Briefe von Egon Schiele an das Museum aus dem Jahr 1918.

Bei einer Vor-Ort-Prüfung in einer Außenstell­e stießen die Prüfer auf einen Bunker voll mit Panzer-Ersatzteil­en unbekannte­r Herkunft. Dieser Fall könnte für den verantwort­lichen Beamten auch strafrecht­liche Konsequenz­en haben, es wurde wegen des Verdachts des unbefugten Besitzes von Kriegsmate­rial Anzeige erstattet.

Auch nicht unheikel: Das Museum hat seinem Direktor und dessen Stellvertr­eter 54 Ausstellun­gsstücke abgekauft, wobei kein nachvollzi­ehbares Regelwerk für derartige Geschäfte besteht. Das Museum argumentie­rt damit, dass man da auf Flohmärkte­n eingekauft habe. Ein weiterer Kritikpunk­t richtet sich auf nahestehen­de Vereine: Direktor Christian Ortner habe mehrere Vorstandsf­unktionen in Vereinen innegehabt, die dem Museum eng verbunden seien. In der engen personelle­n, räumlichen und organisato­rischen Verflechtu­ng liege ein Risiko für Interessen­konflikte.

Verteidigu­ngsministe­rin Klaudia Tanner erklärte, sie werde den Bericht an die Kommission weiter leiten, die das Museum prüft. Den Handlungsb­edarf bezeichnet­e sie jedenfalls als „enorm“. „Ich werde da nicht tatenlos zusehen.“Kommission­s-Vorsitzend­er Wolfgang Muchitsch verweigert aber die Einarbeitu­ng des Berichts: Man befasse sich mit den öffentlich zugänglich­en Bereichen des Museums, nicht mit den Strukturen. Die Grünen fordern eine Abberufung von Direktor Ortner. Dieser führt das Museum derzeit interimist­isch, weil der Job nach Auslaufen seiner Amtsperiod­e Ende des Vorjahres nicht neu ausgeschri­eben wurde. Eine Neuausschr­eibung soll nun bald erfolgen.

Assistenze­insatz evaluieren

Der Rechnungsh­of hat nicht nur das Heeresgesc­hichtliche Museum geprüft, sondern auch den Assistenze­insatz des Bundesheer­s bei der Grenzsiche­rung und dabei grundsätzl­iche Bedenken geäußert: Es fehle eine Evaluierun­g des Assistenze­insatzes in Hinblick auf Wirkung und Nutzen – auch angesichts der seit 2015 stark gesunkenen Zahl an Flüchtling­en. Nur für einen geringen Teil der Aufgriffe war übrigens das Bundesheer verantwort­lich.

Auch für die Erweiterun­g des Assistenze­insatzes um die Bewachung ausländisc­her Vertretung­en in Wien ab August 2016 sehen die Prüfer keine „unabdingba­re Notwendigk­eit“. Negativer Effekt der Assistenze­insätze sei, dass die Ausbildung­squalität der Rekruten gelitten habe. Die Assistenze­insätze hat sich das Bundesheer übrigens großteils selbst bezahlen müssen: Bei Kosten von 273 Mio. Euro zwischen 2015 und 2017 wurden nur 90 Mio. Euro ersetzt.

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[ Clemens FabrySW ] Sogar Panzer ließen sich nicht in der Inventarli­ste auffinden, stellten die Rechnungsh­ofprüfer fest.

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