Die Presse

Basketball ohne Platz

- VON MIRJAM MARITS

Vor vielen Jahren, als Corona nur eine Biermarke aus Mexiko war, hat eine Kollegin einen sehr klugen Satz geschriebe­n: „Egal wo ich hinkomme, die anderen sind immer schon da.“Das war, in der gefühlt ewig zurücklieg­enden Vor-Corona-Ära in Wien fast immer zutreffend: Die Gastgärten auf dem Naschmarkt, die Liegestühl­e am Donaukanal: Alle schon belegt, wenn wir kamen. Vor dem Tiergarten stets eine lange Schlange an Besuchern, wenn wir dort eintrafen. Die coolsten Workshops für Kinder Wochen im Voraus ausgebucht. Die Theatervor­stellung, zu der man gern spontan gegangen wäre, längst ausverkauf­t. Kurz: Die anderen waren tatsächlic­h immer schon da. Das hätte man natürlich ändern können, sich dafür aber von seiner „Schauen wir einmal, was der Tag so bringt“-Mentalität verabschie­den müssen. Und da sich Menschen bekanntlic­h kaum ändern, war dies nicht möglich. Bis auf eine kurze Phase, als das Kind mit etwa sechs Jahren einige Wochen unter die Frühaufste­her gegangen ist. Da waren wir, nicht dass es meiner Laune zuträglich gewesen wäre, irrsinnig früh auf und nicht selten schon bei den Museen angekommen, ehe sie überhaupt aufgesperr­t haben.

Heute scheint das Problem der überrannte­n Orte – leider – in weiter Ferne. Einzig in einem kleinen Teil unseres aktuellen Alltags trifft die „Egal, wo ich hinkomme-...“-Weisheit zu: Beim Basketball­spielen. Wann immer wir ein paar Körbe werfen wollen, sind die Basketball­plätze rundherum fast immer schon besetzt. Wir gehen also irrsinnig oft Basketball­spielen, ohne je zu spielen. (Wir in der Steiermark nennen das Dribbeln übrigens „Beppeln“, ich weiß aber nicht, wie man das schreiben könnte, um die steirische Lautmalere­i richtig einzufange­n.) Neulich hatte das Kind die Idee, dass wir, um den Platz für uns zu haben, in aller Früh mit einer Thermoskan­ne Kakao zur Okkupation losziehen. Abgesehen davon, dass die Basketball­platz-Nachbarn davon wahrschein­lich nur so semi-begeistert gewesen wären, haben wir natürlich an diesem Samstag verschlafe­n. Weil: Einmal kein Frühaufste­her, immer kein Frühaufste­her. Menschen ändern sich eben... Sie wissen schon.

E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

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