„Wollte auf die Sonnenseite“
Zimmerservice. Eine Woche nach der Eröffnung ihres ersten eigenen Lokals kam der Lockdown. Roman Kulas und Edske Ringers mussten sich neu erfinden.
Manchmal treffen sich einfach die Richtigen. Das war im Fall von Roman Kulas und der Josefstadt so. Seit Langem wollte sich der 47-Jährige nach vielen Jahren in der Gastronomie selbstständig machen. Es scheiterte an der richtigen Lage, an finanziellen Mitteln. Bei seinen Streifzügen durch die Stadt zog es ihn immer wieder in den Achten. „Die Josefstädter Straße trennt den Bezirk in zwei Seiten. Mich interessierte die vernachlässigte, die nicht so hübsche.“
Ausgerechnet auf der Strozzigasse, ein gerade zwei Blöcke reichender Abschnitt einer vom 13A beherrschten Verbindung, die vorher Lederergasse und nachher Neubaugasse heißt, verschaute sich Kulas in ein Eck, das als „toxisch“galt. Es gibt Orte, an denen kein Konzept aufgeht, Lokale kommen und immer wieder gehen. Er wurde gewarnt, erzählt Kulas. Doch er hatte sich schon in den Ort verschaut: „Ich wollte immer auf die Sonnenseite.“
Die Pfeilgasse ist in dem dicht verbauten Gebiet eine in allen Jahreszeiten begünstigte Sonnenallee. Die Stimmung in der Gegend sei „offen, neugierig“, das „nicht Perfekte“reizvoll, die Nachbarschaft befruchtend. Ein paar Schritte weiter befindet sich ein Studentenwohnheim, gegenüber ein Würstelstand, der lang nur im „Tatort“geöffnet war, nun aber auch in echt. Und dann wäre da noch das „Cafe´ Strozzi“, das irgendwie schon immer öffentliches Wohnzimmer und Anlaufstelle des Grätzels war.
Aus dem dunklen kleinen Ecklokal wurde ein lichtdurchfluteter, mit den Sinnen spielender Raum, ein Koch war gefunden, im Dezember 2019 wurde eröffnet. Doch es funktionierte nicht. Die Gäste blieben aus, die monothematische Karte stieß auf wenig Begeisterung. Es folgte die schmerzhafte Trennung von Koch und Konzept und der Schritt zurück auf Start.
Manchmal treffen sich einfach die Richtigen. Das war auch im Fall von Roman Kulas und Edske Ringers so. Der gebürtige Kroate und die Holländerin hatten sich mit 18 Jahren beim Skifahren in Vorarlberg kennengelernt, nach sieben Jahren des Pendelns war Ringers vorübergehend nach Wien gezogen. Aus kurz wurde bis jetzt, die drei gemeinsamen Söhne sind 16, 18 und 20 Jahre alt.
Küchenlinie „Free Style“
Ringers war gerade auf dem Weg zu einem neuen Job, als sie in der Not – es gab noch keinen Küchenchef – als Köchin einsprang. Ihre Linie? „Free Style“, sagt sie lachend. Farbenfroh, regional, bio, eine Fusion „aus allem, was ich mag“. Gemeinsam wurde neu eröffnet, die Tür zur Gasse weit aufgestoßen. Nach einer Woche kam der Lockdown. „In mir ist alles zusammengebrochen“, sagt Kulas, „nun standen wir vor dem Nichts.“Zwei Wochen lang habe er nur gegrübelt, mit der Familie Krisenrat gehalten.
Als schließlich Liefern erlaubt wurde, gab es keine Gäste, die das Lokal schon kennen konnten. Man machte Flyer, schrieb Slogans auf die Fenster des Lokals, radelte mit einem einzigen bestellten Salat quer durch die Stadt. Als seine Frau Suppe in Einmachgläser füllte, sei bei ihm der Groschen gefallen: „Das waren perfekte Take-away-Cocktailgläser.“Die Idee schlug ein: Über ein Pult an der Tür wurden Moscow Mules und Gin Tonics verkauft, die Leute kamen, man plauderte kurz, ging weiter.
Als im Mai wieder eröffnet werden konnte, hatte das Lokal seine Seele gefunden: Zwar kommen die Gäste nicht mehr für Take-away-Cocktails, aber für Ringers köstliche Kreationen. Was als Notlösung gedacht war, erwies sich als Glücksgriff. Wie lang will sie noch in der Küche stehen? „Ich plane nur noch von Woche zu Woche“, sagt sie lächelnd. Zu oft wurden die Dinge anders als gedacht. Aber gut.
AUF EINEN BLICK
Zimmerservice, Strozzigasse 25 (Ecke Pfeilgasse), 1080 Wien.
Reservierungen unter 0660 811 79 08.
Umfangreiche Frühstückskarte, Smoothies, wechselnde Tageskarte, Aperitivo.
Öffnungszeiten:
Dienstag–Samstag, 9–23 Uhr; Sonntag und Feiertag, 9–15 Uhr. Schanigarten auch im Winter geöffnet.