Lask but not least Zu Besuch bei Jose´ Mourinho
Reportage. Die Linzer Athletiker bemühten sich gegen Tottenham, unterlagen jedoch klar mit 0:3. Jos´e Mourinho, der exzentrische Manager der Spurs, streute dem Gegner Rosen, jedoch diese tragen viele Dornen.
London. Auf 62.000 Zuschauer ausgelegt ist das brandneue Stadion von Tottenham Hotspur im Norden Londons. Doch in dieser Saison steht das Schmuckkästchen, das eine Milliarde Pfund gekostet hat, zumeist leer. Corona ist eben auch in England ein Spielverderber. Als Lask in der Europa League zu Gast war, waren nur wenige Gäste zugelassen. „Wir haben 48 Pressepässe ausgegeben“, sagt Lewis Tizard, Medienbetreuer des Traditionsvereins. „Die Presse“war als einzige österreichische Zeitung dabei.
Wo sonst Fangesänge ertönen, über Gegner geblödelt und Aufstellung gerätselt wird, herrscht jetzt Stille. Die meisten Zuschauerreihen sind abgedeckt. Das Clubmotto „To dare is to do“prangt auf Planen. „Es zu wagen, ist es zu tun.“– ist dem Wappen von Sir Henry Percy („Audere est facere“) entlehnt, der sich im 14. Jahrhundert im Kampf mit den Schotten nicht nur den Ruf eines „Heißsporns“einhandelte, sondern dessen Familie auch einen Großteil jenes Landes besaß, das heute den Stadtteil Tottenham ausmacht.
Raubkatze an der Seitenlinie
Ein Heißsporn unserer Tage, Jose´ Mourinho, hat bei dem Traditionsverein das Sagen. In der Pressekonferenz vor der Begegnung streute er den Linzern noch Rosen: „Eine gefährliche Mannschaft, die mit aggressivem Spiel jeden Gegner unter Druck setzen kann.“Dazu ließ es der Portugiese dann im Spiel aber gar nicht erst kommen. Die Linzer spielten ehrbar, tapfer, waren jedoch – Lask, but not least – beim 0:3 chancenlos.
Man hörte die Schreie der Torhüter Joe Hart und Alexander Schlager bis tief in die Nachspielzeit: „Decken!“, „Attackieren!“, „Aufpassen!“Was bleibt da einem Coach noch zu tun? Lask-Trainer Dominik Thalhammer wanderte hin und her. Mourinho verfolgte die Partie gespannt wie eine Raubkatze von der Randlinie seiner Coachingzone. In der 42. Minute nahm er das erste Mal Platz. Als ein paar Augenblicke später Andreas Gruber mit einem Weitschuss Hart prüft, stürmt einer der Assistenten los und brüllt Anweisungen auf das Feld. Es sollte die einzige brenzlige Situation bleiben.
Für ihren neuen Manager mussten sich die Spurs-Fans erst erwärmen. „Anfangs war seine Bestellung ziemlich umstritten“, meint Paul, der seit 30 Jahren über die „Spurs“berichtet. Mourinho, der sich einst als „The Special One“empfohlen hatte, galt nicht nur als arrogant, sondern hatte zuvor mit Chelsea und Manchester United schon zwei andere englische Topklubs betreut. „Man wusste nicht, ob man ihm trauen kann“, meint Paul vom „Irish Examiner“.
Bale in Badeschlapfen
Mittlerweile hat sich Mourinho etabliert. Allein in vier Oktober-Spielen haben die „Lilywhites“19 Tore geschossen. Der Portugiese sagt: „Keine englische Mannschaft ist besser mit dem Ball als wir.“
Seine Ambitionen als Clubchef unterstrich er zuletzt, als er mit einem Leihvertrag Gareth Bale nach denkbar unglücklichen Jahren bei Real Madrid nach Hause holte. In Nordlondon wurde seine Verpflichtung gefeiert wie die Rückkehr des verlorenen Sohns: „Die Fans lieben ihn einfach“, erzählt Samantha, die das Lask-Spiel für den „Morning Star“beobachtete. Sie selbst darf man getrost dazuzählen: „Ich habe noch von ihm signierte Matchprogramme.“Gegen die Linzer durfte Bale erstmals von Beginn an starten, den Gästen gelang es aber geschickt, den mit der ungewohnten Nummer 9 aufgelaufenen Waliser zu neutralisieren. Dass er bei Andrades Eigentor zum 2:0 beteiligt war, war Glück. Er stapfte noch lang nach Spielschluss, der lautstark mit der Vereinshymne „Glory, Glory, Tottenham Hotspur“abgefeiert wurde, in Badeschlapfen gut gelaunt am Spielfeldrand von Interview zu Interview. Auch Mourinho beteuerte: „I am very happy“, wobei er so grimmig in jede Kamera schaute, dass man sich fast fürchten musste.
Als Gastgeber war Mourinho unübertrefflich: „Wo ist der Österreicher?“, fragte er in der Pressekonferenz vor dem Spiel nach dem Chronisten der „Presse“. „Gib ihm drei Fragen, und die letzte soll er auch haben“, wies er seinen Pressesprecher an und ließ ausrichten: „Der österreichische Fußball steht nach der Zeit eines Herbert Prohaska und Hans Krankl wieder vor einer goldenen Epoche.“Ob Österreich dann Hoffnungen hegen dürfe, sich dereinst mit Portugal messen zu dürfen? Das war dann doch ein Schritt zu weit für Liebenswürdigkeiten. „Absolut nicht. Portugal ist Weltklasse.“
Europa League, 1. Spieltag:
Tottenham – Lask 3:0 (Gruppe J), Rapid – Arsenal 1:2 (B), WAC – ZSKA Moskau 1:1 (K).