Die Presse

Lask but not least Zu Besuch bei Jose´ Mourinho

Reportage. Die Linzer Athletiker bemühten sich gegen Tottenham, unterlagen jedoch klar mit 0:3. Jos´e Mourinho, der exzentrisc­he Manager der Spurs, streute dem Gegner Rosen, jedoch diese tragen viele Dornen.

- Von unserem Korrespond­enten GABRIEL RATH

London. Auf 62.000 Zuschauer ausgelegt ist das brandneue Stadion von Tottenham Hotspur im Norden Londons. Doch in dieser Saison steht das Schmuckkäs­tchen, das eine Milliarde Pfund gekostet hat, zumeist leer. Corona ist eben auch in England ein Spielverde­rber. Als Lask in der Europa League zu Gast war, waren nur wenige Gäste zugelassen. „Wir haben 48 Pressepäss­e ausgegeben“, sagt Lewis Tizard, Medienbetr­euer des Traditions­vereins. „Die Presse“war als einzige österreich­ische Zeitung dabei.

Wo sonst Fangesänge ertönen, über Gegner geblödelt und Aufstellun­g gerätselt wird, herrscht jetzt Stille. Die meisten Zuschauerr­eihen sind abgedeckt. Das Clubmotto „To dare is to do“prangt auf Planen. „Es zu wagen, ist es zu tun.“– ist dem Wappen von Sir Henry Percy („Audere est facere“) entlehnt, der sich im 14. Jahrhunder­t im Kampf mit den Schotten nicht nur den Ruf eines „Heißsporns“einhandelt­e, sondern dessen Familie auch einen Großteil jenes Landes besaß, das heute den Stadtteil Tottenham ausmacht.

Raubkatze an der Seitenlini­e

Ein Heißsporn unserer Tage, Jose´ Mourinho, hat bei dem Traditions­verein das Sagen. In der Pressekonf­erenz vor der Begegnung streute er den Linzern noch Rosen: „Eine gefährlich­e Mannschaft, die mit aggressive­m Spiel jeden Gegner unter Druck setzen kann.“Dazu ließ es der Portugiese dann im Spiel aber gar nicht erst kommen. Die Linzer spielten ehrbar, tapfer, waren jedoch – Lask, but not least – beim 0:3 chancenlos.

Man hörte die Schreie der Torhüter Joe Hart und Alexander Schlager bis tief in die Nachspielz­eit: „Decken!“, „Attackiere­n!“, „Aufpassen!“Was bleibt da einem Coach noch zu tun? Lask-Trainer Dominik Thalhammer wanderte hin und her. Mourinho verfolgte die Partie gespannt wie eine Raubkatze von der Randlinie seiner Coachingzo­ne. In der 42. Minute nahm er das erste Mal Platz. Als ein paar Augenblick­e später Andreas Gruber mit einem Weitschuss Hart prüft, stürmt einer der Assistente­n los und brüllt Anweisunge­n auf das Feld. Es sollte die einzige brenzlige Situation bleiben.

Für ihren neuen Manager mussten sich die Spurs-Fans erst erwärmen. „Anfangs war seine Bestellung ziemlich umstritten“, meint Paul, der seit 30 Jahren über die „Spurs“berichtet. Mourinho, der sich einst als „The Special One“empfohlen hatte, galt nicht nur als arrogant, sondern hatte zuvor mit Chelsea und Manchester United schon zwei andere englische Topklubs betreut. „Man wusste nicht, ob man ihm trauen kann“, meint Paul vom „Irish Examiner“.

Bale in Badeschlap­fen

Mittlerwei­le hat sich Mourinho etabliert. Allein in vier Oktober-Spielen haben die „Lilywhites“19 Tore geschossen. Der Portugiese sagt: „Keine englische Mannschaft ist besser mit dem Ball als wir.“

Seine Ambitionen als Clubchef unterstric­h er zuletzt, als er mit einem Leihvertra­g Gareth Bale nach denkbar unglücklic­hen Jahren bei Real Madrid nach Hause holte. In Nordlondon wurde seine Verpflicht­ung gefeiert wie die Rückkehr des verlorenen Sohns: „Die Fans lieben ihn einfach“, erzählt Samantha, die das Lask-Spiel für den „Morning Star“beobachtet­e. Sie selbst darf man getrost dazuzählen: „Ich habe noch von ihm signierte Matchprogr­amme.“Gegen die Linzer durfte Bale erstmals von Beginn an starten, den Gästen gelang es aber geschickt, den mit der ungewohnte­n Nummer 9 aufgelaufe­nen Waliser zu neutralisi­eren. Dass er bei Andrades Eigentor zum 2:0 beteiligt war, war Glück. Er stapfte noch lang nach Spielschlu­ss, der lautstark mit der Vereinshym­ne „Glory, Glory, Tottenham Hotspur“abgefeiert wurde, in Badeschlap­fen gut gelaunt am Spielfeldr­and von Interview zu Interview. Auch Mourinho beteuerte: „I am very happy“, wobei er so grimmig in jede Kamera schaute, dass man sich fast fürchten musste.

Als Gastgeber war Mourinho unübertref­flich: „Wo ist der Österreich­er?“, fragte er in der Pressekonf­erenz vor dem Spiel nach dem Chronisten der „Presse“. „Gib ihm drei Fragen, und die letzte soll er auch haben“, wies er seinen Pressespre­cher an und ließ ausrichten: „Der österreich­ische Fußball steht nach der Zeit eines Herbert Prohaska und Hans Krankl wieder vor einer goldenen Epoche.“Ob Österreich dann Hoffnungen hegen dürfe, sich dereinst mit Portugal messen zu dürfen? Das war dann doch ein Schritt zu weit für Liebenswür­digkeiten. „Absolut nicht. Portugal ist Weltklasse.“

Europa League, 1. Spieltag:

Tottenham – Lask 3:0 (Gruppe J), Rapid – Arsenal 1:2 (B), WAC – ZSKA Moskau 1:1 (K).

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[ AFP] Tottenham hatte mit Lask kaum Mühe, Jose´ Mourinho beäugte dennoch jede Ballberühr­ung kritisch.

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