Seiersberg war verfassungswidrig
Shopping City Seiersberg. Die ursprüngliche Rechtskonstruktion für das Einkaufszentrum war rechtswidrig, so der VfGH. Das Land Steiermark hat jedoch schon reagiert.
Wien. In der Causa Shopping City Seiersberg hat nun der Verfassungsgerichtshof (VfGH) eine Entscheidung getroffen, die eigentlich schon überholt ist: Die Definition der Verbindungsbauten als Interessentenwege zwischen den einzelnen Häusern des Einkaufszentrums wurde als verfassungswidrig erkannt. Praktische Auswirkungen dürfte das aber keine mehr haben. Denn im Mai hatte die schwarzrote Landesregierung eine Einzelstandortverordnung erteilt, wodurch die Bauten rechtlich abgesichert sind.
Die komplexe Sachlage reicht schon Jahre zurück: Die Shopping City Seiersberg ist das größte Einkaufszentrum der Steiermark. Sie liegt südlich von Graz in der Gemeinde Seiersberg-Pirka an der Autobahn (A9) und hat rund 85.000 Quadratmeter Verkaufsfläche. Der Komplex besteht eigentlich aus fünf Häusern, die durch Brücken – sie wurden rechtlich als sogenannte Interessentenwege geführt – verbunden sind. Mittels der Interessentenwege können Kunden direkt unter Dach von Gebäude zu Gebäude gehen. Der VfGH hob diese Rechtskonstruktion aber auf, das Land reagierte daraufhin mit einem neuen Straßengesetz.
Darf Rauch doch ausbauen?
In diesem neuen Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetz (LStVG) wurde die Begriffsbestimmung der Verbindungsbauten als Interessentenwege ermöglicht. Eine Verordnung des Gemeinderats von Seiersberg-Pirka hatte die Verbindungswege dann auch als öffentliche Interessentenwege eingeordnet. Dagegen wurde aber erneut von der Volksanwaltschaft vorgegangen. Da sich abzeichnete, dass der VfGH die gesetzliche Grundlage abermals aushebeln wird, entschied sich die Landesregierung im Mai für eine Einzelstandortverordnung. Mit dieser bleibt die nun getroffene Aufhebung durch den VfGH ohne tiefer gehende Konsequenz für den Betrieb der Shopping City Seiersberg.
Ebenfalls aufgehoben wurde vom VfGH am Freitag die Volksabstimmung in der Vorarlberger Gemeinde Ludesch vom 10. November 2019. Damals entschied die Bevölkerung gegen den Willen der Gemeindevertreter, dass verschiedene Grundstücke nicht umgewidmet werden dürfen. Dies wäre notwendig, damit der ansässige Fruchtsafthersteller Rauch sein Werk wie geplant erweitern kann.
Grundlage der Entscheidung ist, dass der VfGH Bestimmungen des Vorarlberger Gemeindegesetzes und des Landes-Volksabstimmungsgesetzes als verfassungswidrig erkannt hat. Die Gemeindevertretung könne nicht gegen ihren Willen durch eine Volksabstimmung an eine bestimmte Entscheidung gebunden werden, hieß es.
Das Verfahren zur Volksabstimmung in Ludesch wurde somit zur Gänze aufgehoben. „Die Entscheidung über die Widmung der betreffenden Grundstücke liegt damit wieder in der alleinigen Verantwortung der Gemeindevertretung“, hieß es. (APA)