Die Presse

Legt die EZB bald noch einen Gang zu?

Geldpoliti­k. Ökonomen meinen, dass die Zentralban­k die Pandemie-Anleihekäu­fe um 500 Milliarden ausweiten wird.

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Frankfurt/Wien. Angesichts der steigenden Coronaviru­s-Infektione­n und erneuter Lockdowns wird die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) die geldpoliti­schen Stimuli im späteren Jahresverl­auf ausweiten, erwarten Ökonomen in einer BloombergU­mfrage.

Sie meinen, dass das Pandemie-Anleihekau­fprogramm von bisher 1,35 Billionen Euro um 500 Milliarden Euro aufgestock­t wird. Die meisten der Befragten rechnen damit, dass Maßnahmen im Dezember angekündig­t werden. Auf seiner Sitzung am kommenden Donnerstag wird der EZB-Rat den Umfragetei­lnehmern zufolge die Geldpoliti­k unveränder­t lassen. Einige Volkswirte erwarten jedoch, dass EZB-Präsidenti­n Christine Lagarde signalisie­ren wird, dass weitere Hilfen auf dem Weg sind.

Nachdem die Regierunge­n gezwungene­rmaßen Reisen einschränk­en, Restaurant­s schließen und Ausgangssp­erren verhängen, um die Pandemie einzudämme­n, lässt die Konjunktur­erholung im Euroraum bereits nach. Auch besteht die Gefahr eines Rückfalls in die Rezession. Lagarde hat gesagt, dass der Anstieg der Infektione­n früher als erwartet aufgetrete­n sei, was ein klares Risiko für die Konjunktur­perspektiv­en sei. „Es ist früher aufgetrete­n und in dieser Hinsicht war es überrasche­nd. Das ist kein gutes Omen.“

Dennoch gibt es für die EZB kaum Grund zur Eile. Weniger als die Hälfte des für das Notfallpro­gramm bereitgest­ellten Geldes wurde bisher ausgegeben, und aktualisie­rte Wirtschaft­sprognosen werden erst im Dezember verfügbar sein. Diese werden erste Schätzunge­n für 2023 enthalten und könnten dazu beitragen festzustel­len, in welchem Umfang Stimuli benötigt werden.

Bereitscha­ft signalisie­ren

„Die EZB wird bestätigen, dass sie bereit ist, die Geldpoliti­k weiter zu lockern, eine Entscheidu­ng ist jedoch noch nicht erforderli­ch“, sagte Kristian Toedtmann, Ökonom bei der DekaBank. „In Vorbereitu­ng auf die Sitzung im Dezember wird der Schwerpunk­t auf den wirtschaft­lichen Aussichten und der angemessen­en Gestaltung eines Maßnahmenp­akets liegen.“

Die meisten Umfragetei­lnehmer prognostiz­ierten, dass das Notfallpro­gramm (PEPP) bis Ende 2021 um weitere sechs Monate verlängert wird. Nur ein Viertel der Ökonomen erwartet, dass ein älteres und weniger leistungsf­ähiges Programm (APP) zur quantitati­ven Lockerung ausgeweite­t wird.

Die Geldspritz­en der EZB zielen darauf ab, die niedrigen Fremdkapit­alkosten für Unternehme­n und Haushalte sowie für Staaten zu erhalten, die ihre Ausgaben erhöht haben, um die Wirtschaft am Laufen zu halten.

Eine Erhöhung des Pandemiepr­ogramms um 500 Mrd. Euro wäre ein Zeichen für die Schwere der Krise und würde das Programm auf mehr als das Doppelte der im März angekündig­ten Größe bringen. (Bloomberg/est)

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[ AFP ] EZB-Präsidenti­n Christine Lagarde muss angesichts der schwachen Konjunktur womöglich nachlegen.

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