Die Presse

Cousinchen will halt nicht

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Faktisch kam das öfter anvisierte Treffen nie zustande – die Literatur bietet aber die Freiheit, sich über diesen Umstand hinwegzuse­tzen. Fast wie im Märchen, aber doch reell: Es war einmal eine junge Prinzessin. Die wurde zu gesellscha­fts- und kriegspoli­tischen Zwecken aus der Heimat verschickt, um andernorts zu leben und zu wirken und somit den Frieden zu sichern. Das gelang sogar ganz gut – allerdings nur für kurze Zeit, denn ihr Gemahl, dem sie sehr jung zur Frau gegeben worden war, verstarb plötzlich und viel zu früh. Was weiter tun in der Fremde, wenn doch die Heimat lockte? Genau: Sie wollte zurück. Und sie nahm ein Schiff zurück übers Meer.

Diese Rückkehr missfiel einem anderen Land aufs Gröbste, vor allem dessen Adel und Anführerin. Konträr zur Rückkehrer­in strebte die Anführerin des anderen Landes keinen Frieden an, schon gar keine Zusammenar­beit, und von einem Treffen wollte sie überhaupt nichts hören.

Soll so sein, dachte sich wohl die junge Rückkehrer­in, dann machen wir eben getrennte Geschäfte. Als jedoch – in präfeminis­tischen Zeiten, in denen die beiden lebten – die Umstände, als Frau ein Land zu führen, immer schwierige­r wurden, da vor allem sämtliche als Berater fungierend­en Männer ständig nach mehr Macht schielten und nicht vor Intrigen, die gut und gern blutig ausfielen, zurücksche­uten, unternahm die Rückkehrer­in noch einmal einen Versuch, eine Einladung in Richtung ihrer Cousine im Süden auszusprec­hen.

Es wurde ein Termin fixiert, sogar auf dem Heimatbode­n der sich bisher als etwas zickig gebärdende­n Dame – doch wer schickte stattdesse­n einen Boten mit einer fadenschei­nigen Ausrede? Freilich: die Cousine aus dem Süden. Der Vorwand? Der französisc­he Bürgerkrie­g, der im 16. Jahrhunder­t tobte.

Indes darf man nicht annehmen, dass die südliche Cousine untätig blieb und die junge Dame im Norden einfach gewähren und in Ruhe ließ. Oh nein, leider nahm diese nie realiter erfolgte, durch gemeinsame­s Erbgut dennoch vorhandene Verbindung ein schlimmes Ende, indem die Dame im Süden das Todesurtei­l ihrer Cousine im Norden unterzeich­nete und vollstreck­en ließ. Q

Wer traf (fast/nicht) wen? Der Sohn der Cousine im Norden? Künstleris­che Verwendung des historisch­en Stoffs?

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