Die Presse

Zusammen ist man weniger allein

Franchise. Jobmotor, schnell wachsend, sehr lukrativ: Von der Franchiseb­ranche ist man stete Jubelmeldu­ngen gewohnt. Wie sieht das im Coronajahr aus?

- VON ANDREA LEHKY

Franchisin­g auf Wachstumsk­urs“. So oder ähnlich titelte der Österreich­ische Franchise-Verband jedes Jahr. Für 2019 lieferte er noch beeindruck­ende Zahlen: 480 Franchise-Systeme mit 9400 Partnern (Franchisen­ehmern), davon 2100, die gleich mehrere Standorte betreiben. Macht zusammen 11.700 Standorte mit 10,3 Milliarden Euro Jahresumsa­tz, 87.300 Beschäftig­te und Pläne für 4500 weitere. Was blieb davon im Coronajahr?

Folgt man Thomas Tauber, Chef der Le-Burger-Kette, eine Menge. Tauber plant weiterhin, jedes Jahr zusätzlich zu seinen selbst betriebene­n Filialen mindestens eine als Franchise aufzusperr­en. Dafür engagierte er kürzlich einen eigenen Expansions­manager.

Wer denkt, ein Vorteil von Franchise sei, mit vergleichs­weise geringem Kapital in ein erprobtes Konzept einzusteig­en, der sollte nicht bei Le Burger anklopfen. Dort schlägt allein die Investitio­nssumme für die Einrichtun­g der kleinstmög­lichen Filiale mit 600.000 Euro zu Buche. Bei großen Filialen klettert das bis auf 1,2 Millionen Euro. Auch die Eintrittsg­ebühr liegt mit 35.000 Euro im Spitzenfel­d. Zum Vergleich: Im Österreich-Schnitt beträgt die Investitio­nssumme zum

Start 137.000 Euro. Die durchschni­ttliche Eintrittsg­ebühr beläuft sich auf 15.000 Euro, die jährliche Franchiseg­ebühr auf sechs Prozent des Umsatzes. Hier ist Tauber mit fünf Prozent vergleichs­weise günstig. Er kann es sich leisten: Corona hin oder her, seine Filialen sind voll. „Bei 10.000 Euro Tagesumsat­z sind die Investitio­nen schnell zurückverd­ient.“

Pizza Hut ist in derselben Branche tätig. Dort gibt man – wie in drei Vierteln aller Systeme – teils heftige Einbußen zu. Auf der Franchise Expo 20, die am Mittwoch umständeha­lber erstmals digital stattfand, sprach Pizza Hut Brand President Matthias Kern von 25 Prozent weniger Umsatz im Vergleich zum Vorjahr in den Filialen, aber auch von 50 Prozent mehr im Delivery-Bereich. „Das spiegelt sich auch in den Partneranf­ragen wider. Die stiegen nach April.“Das Thema Lieferserv­ice finde gerade großen Anklang. „Im Vorjahr war das nicht der Fall.“

Kuscheln im Netzwerk

Gegenüber Eigengründ­ern haben Franchisen­ehmer einen gewaltigen Vorteil: Sie sind nicht allein. Neben ihnen stehen andere Partner, hinter ihnen steht ein System, das seine Einkommens­quellen nicht versiegen lassen wird. Remax-Geschäftsf­ührer Peter Reikersdor­fer etwa schwärmt vom Zusammenha­lt seines Partnernet­zwerkes gerade in schweren Zeiten.

Von den Zentralen kommt einiges an Rückendeck­ung. So manche verstärkte ihre Werbeaktiv­itäten in Social Media und Web. Andere wie Sonnentor stundeten ihren Partnern Rechnungen und reduzierte­n oder erließen ihre Gebühren. LernQuadra­t entwickelt­e Online-Nachhilfek­onzepte, Badezimmer-Sanierer Viterma einen E-Book-Ratgeber. Storebox verhindert­e mit ausgeklüge­lten Sicherheit­skonzepten ein Schließen seiner Standorte.

Besonders hart traf die Krise die Fitnessanb­ieter. Glücklich, wer seine Leistung in Einzelstun­den oder Kleingrupp­en anbieten kann – so wie Piyoma, das ausschließ­lich Unternehme­n bedient und als „Bester Newcomer des Jahres“nominiert ist. Oder wer wie Bodystreet rechtzeiti­g digitalisi­erte und als Webinar genauso funktionie­rt. Doch das trifft nicht auf alle zu.

Der Eroberungs­wille jedenfalls ist ungebroche­n. Das beweist auch der Anlass der Franchise Expo 20. Es ging um das Expandiere­n österreich­ischer Systeme nach Deutschlan­d.

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[ MGO ] Fordernde Zeiten für die erfolgsver­wöhnte Branche.

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