„Little Italy“in der Bäckerstraße
Warum die italienische Künstlerin und Lehrerin Antonella Brizioli ihr Herz an ein Wiener Pawlatschenhaus verloren hat. Und wie sie Wohnung wie Werke farblich gestaltet.
Antonella Brizioli ist eigentlich ein Profi in der Disziplin Sieben-Sachen-Packen und Übersiedeln. Doch nach insgesamt zwanzig Umzügen sehnte sie sich doch nach etwas Bleibenderem – und fand ihr Glück in einer zweistöckigen Dachwohnung in einem palaisartigen barocken Stadthaus der Wiener Innenstadt. Genauer gesagt im Bäckerstraßenviertel, wo früher, ja, die Wiener Bäcker werkten. Heute ist es vor allem für seine Renaissancehäuser berühmt.
Gemütlicher Retro-Charme
Die Wohnung war bereits renoviert, „wir konnten gleich mit Sack und Pack einziehen“, erzählt Brizioli. „Und ich fühlte mich endlich angekommen.“Kein Wunder: Das Pawlatschenhaus zwischen Bäcker- und Sonnenfelsgasse hat eine beständige Geschichte. Es stammt im Kern aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts wurde es barockisiert, 1855 durch Anton Grünn umgebaut.
Heute zeigt die Fassade ein Pilasterportal, das mit einem kleinen konvexen Gitterbalkon und Vasen gekrönt ist. Der offene Gang, die Pawlatsche, über den die vom Hof zugänglichen Wohnungen erreicht werden konnten, ist bis heute im quadratischen Innenhof zu finden. Eine bemerkenswerte Vierpfeilertreppe weist noch originale Schmiedeeisengeländer auf. „Ich liebe die Atmosphäre dieser Gegend, die förmlich Geschichte atmet, das gewisse Retrofeeling, wenn ich aus dem Haus gehe.“
Und auch wenn sie drinnen bleibt: Zwei großen Terrassen, die mit viel Liebe begrünt wurden, geben einen Postkartenausblick auf den Glockenturm des Stephansdoms frei. Die helle Wohnung wirkt durch die Dachschrägen besonders gemütlich. „Sie wirkt größer, als sie eigentlich ist. Mein wahrer Luxus ist jedoch das kleine, aber lichtdurchflutete Atelier.“Neben ihrer Tätigkeit als Italienischlehrerein ist Antonella Brizioli auch als Künstlerin tätig. „Malen war schon immer meine Leidenschaft, und ich entwerfe heute auch das eine oder andere Einrichtungsstück.“
„Farbe ist alles“
Das Mobiliar präsentiert sich funktionell. Sehr praktisch sind die zahlreichen cremefarbenen Einbauschränke, die viel Stauraum bieten, aber wie unsichtbar in den weißen Wänden „verschwinden“. „Ich liebe helle Farbtöne, die als Basis dominieren sollen, und kombiniere sie mit lebhaften Farben. Eine Kombination, die man auch in meinen Bildern findet.“
Dazu setzt sie gerne Akzente, wie beispielsweise die beiden Samtsofas in warmen Farben, die miteinander harmonieren. „Meine neueste Kreation, die ich mit dem Sofa kombiniert habe, ist ein kirschrot bemalter Holzparavent mit Samtpaneelen in zwei Farben: Glyzinie und Schlammgrün. Außerdem passt er perfekt zur Lampe aus Kimonostoffen von der Künstlerin Megumi Ito.“
Das Atelier, ein winziger Raum, wo sie sich so richtig kreativ austoben kann, wird vor allem im Winter genützt: „Weil dann das Licht so toll ist.“Die Natur, vor allem das Meer ihrer Heimat, Italien, sind die Hauptinspirationsquellen für ihre Aquarelle. Auch die Farbtöne der Inneneinrichtung sind italienisch inspiriert. „Farbe ist alles. Jeden Morgen, bevor ich aufstehe, überlege ich mir zuerst, welche Farbe mir heute Energie geben wird. Danach wähle ich auch meine Kleidung aus.“Zurzeit sind es vor allem helle Blau– und Grüntöne. „Ganz wichtig für mich ist es deshalb auch, dass die Wände als Kontrast zu den Möbeln und Dekoobjekten weiß bleiben.“
Omnipräsentes Italien
Italien ist überall – in ihren Bildern, in der Wahl der Farben für Möbel und den Dekoobjekten. „Deshalb muss ich auch jedes Jahr einmal in die alte Heimat. Und wenn ich dann aus Italien zurückkomme, dann – meine Familie ist mittlerweile schon vorgewarnt – werden die Möbel in Wien neu umgestellt.“
In der gemütlichen Küche trifft man sich gerne, hier werden immer wieder italienische Kochkurse für Freunde organisiert. So werden österreichische und italienische Kultur auch kulinarisch vereint. Ihr Lieblingsplatz ist aber das Wohnzimmer, „weil es mir positive Energie gibt“. Und, davon abgetrennt, die Lese-Ecke: „Eine stille Insel, wo ich mich konzentrieren kann.“