Flügeltüren versus Doppelböden
Sie haben imperiales Flair und beste Adressen. In den neuen Arbeitswelten sind aber zunehmend Effizienz und Flexibilität gefragt – womit sich Altbauten eher schwertun.
Flügeltüren, Stuck, Parkett – und die 1010 im Briefkopf obendrauf: Gründe, sich für ein Büro im Altbau zu entscheiden, gibt es viele. Allerdings haben diese nicht für alle Branchen und Bedürfnisse eine gleich große Bedeutung – und werden im Zuge der Coronakrise noch einmal einer besonderen Prüfung unterzogen. „Für Rechtsanwälte, wirtschaftsberatende Berufe oder Steuerkanzleien ist nach wie vor die Postleitzahl wichtig“, weiß Stefan Wernhart, Geschäftsführer von EHL Gewerbeimmobilien. Auch Harald Rank, Head of Commercial Real Estate bei Spiegelfeld Immobilien, weiß um den Glanz der berühmten 1010 für einige Branchen: „Diese spielt nicht zuletzt für Vertreter des Kapitalmarktes eine große Rolle, wie etwa Privatbanken“, sagt der Makler. „Außerdem haben Unternehmen, die sich auf einen Standort in der Innenstadt kaprizieren, nicht viele Alternativen zum Altbau.“
Konservative und Kreative
Was aber keinesfalls bedeutet, dass sich nicht auch Firmen abseits des Altehrwürdigen für einen Altbau entscheiden, wie Patrick Homm, Leiter des Bereichs Immobilienvermarktung Gewerbe bei Otto Immobilien, berichtet. „Selbst unter den kleineren Kreativen gibt es einige, die in einem Altbau arbeiten wollen, weil es für sie einfach ein individuellerer Ansatz ist“, weiß der Makler um die Standortwünsche von Agenturen, IT-Firmen oder etwa Architekten.
Diese Branchen wünschen sich jedoch weniger die 1010, sondern haben besonders gern in den Bezirken sechs, sieben, acht und neun ihre Arbeitsplätze. Wobei die Liebe zu hohen Räumen und der repräsentativen Beletage deren gewerblichen Nutzern gewisse Zugeständnisse abverlangt.
Das beginnt bereits bei der Größe, die im Unterschied zu Türmen oder Büro-Neubauten deutlich begrenzter ist. „Im klassischen Altbau entsprechen die Größen meist jenen der früheren Wohnung zwischen 150 und 300 Quadratmetern“, berichtet Rank, darüber hinaus werde das Angebot dünn. „Oberhalb von 500 Quadratmetern ist das Angebot sehr gering“, ergänzt Homm. Hinzu komme, dass die vorhandenen Flächen häufig technisch hinter den Angeboten in modernen Bürotürmen hinterherhinken. „Oftmals haben Altbauten keinen Doppelboden, was die Verkabelung natürlich schwieriger macht als in Neubauten, auch wenn man etwa mit Fensterbank-Konsolen arbeiten kann“, meint Wernhart.
Seit der Coronakrise hat vor allem das Thema Flexibilität bei den Arbeitsflächen an Bedeutung gewonnen, mit dem sich Altbauten freilich schwerer tun als etwa Bürotürme. „Da sind sie einfach deutlich unflexibler, es sei denn, man höhlt einen Altbau komplett aus, um dann Wände einzuziehen“, so Rank. Was allerdings dem begehrten Flair wenig zuträglich ist. Neben der Flexibilität werde aktuell vor allem das Thema Effizienz so groß geschrieben wie selten, betont Wernhart. Was selbst bei den größten Fans repräsentativer Räumen und Entrees´ verstärkt zu einem Umdenken führe. „Hier findet ein Paradigmenwechsel statt, speziell mit den New-Work-Konzepten, für die es flexible Arbeits-, Kooperations- und Kommunikationsbereiche geben muss“, erläutert der Makler.
Preise unter Druck
Bedürfnisse, die die Preise für Altbaubüros unter Druck bringen, da diese in den modernen Bürowelten pro Mitarbeiter kalkuliert werden und bei ineffizienten Grundrissen entsprechend höher ausfallen. Aber selbst in absoluten Zahlen liegen sie pro Quadratmeter über jenen von Neubauten, wie Homm vorrechnet: „Innerhalb des Gürtels reichen die Preise von 13,50 Euro pro Quadratmeter bis zu 28 Euro“, berichtet der Makler, wobei es für die höchste Kategorie schon Standorte wie das Goldene Quartier brauche und natürlich die Ausbauqualität eine wichtige Rolle spiele. „Im Neubau, etwa in den Türmen, liegen die Preise dagegen bei maximal 24 oder 25 Euro, im Durchschnitt bei 18 bis 20 Euro bei guter Ausstattung“, weiß der Makler. Was in der jüngeren Vergangenheit noch einmal deutlich an Bedeutung zugenommen habe: „Seit Corona bilden 20 Euro eine Hemmschwelle, jenseits derer man sich überlegt, ob es das tatsächlich wert ist oder sich vielleicht eher ein Neubau lohnt“, berichtet er. Zumal bei Altbauten oft das Parkplatzthema hinzukommt, für das meist mit einem separaten Anbieter Verträge abgeschlossen werden müssen, die das Budget definitiv nicht entlasten.
Sanierung mit Zubau
Warum sich das Wohnen wie das Arbeiten im Altbau abseits aller Effizienzgedanken dennoch lohnen kann, bringt Michael Buchleitner, Gesellschafter von Lakonis Architekten in Wien, auf den Punkt: „Ein Altbau ist eigentlich immer attraktiv, ein Neubau nur dann, wenn er gut geplant ist.“
Ein Dilemma, das er für sich und seine Firma auf ganz besondere Art und Weise gelöst hat: Im Innenhof des selbst sanierten, preisgekrönten Zinshauses im 18. Bezirk, in dem sowohl seine Arbeitswie auch Wohnräume untergebracht sind, findet sich ein moderner Zubau zu den Büros im Erdgeschoß.