Die Presse

Vier Jahre Trump: Die Bilanz

Die Bewertung der Ära des exzentrisc­hen Präsidente­n Donald Trump fällt gemischt aus. Vieles, was er 2016 versproche­n hat, hat er gehalten.

- VON BURKHARD BISCHOF

Es ist 2020 wie 2016: Donald Trump präsentier­t keine detaillier­ten politische­n Pläne, welche Bereiche er im Fall seiner Wiederwahl am 3. November in einer zweiten Amtsperiod­e gezielt angehen würde. „Make America Great Again“, lautete der Slogan vor vier Jahren. „Keep America Great“hieß das neue Motto, bevor Trumps Anhänger wieder zum alten Schlachtru­f zurückkehr­ten. Viel spezifisch­er wird es meist nicht. Trumps Bilanz fällt gemischt aus: Etliche seiner Versprechu­ngen von 2016 hat er umgesetzt, manche nur teilweise und einige überhaupt nicht.

Steuererle­ichterunge­n

Die Steuerrefo­rm von 2017 war das erste große Gesetz der Trump-Regierung. Sie brachte niedrigere Steuern für Unternehme­n und die Mittelklas­se und sollte für die USWirtscha­ft eine Schubwirku­ng entfalten. Trump versprach ein jährliches Wirtschaft­swachstum von 3,5 Prozent, die Zuwachsrat­e lag allerdings die vergangene­n vier Jahre immer unter drei Prozent. Immerhin boomte die Wirtschaft, und die Arbeitslos­igkeit war gering. Die Covid-19-Pandemie hat all das zunichtege­macht. Kritisiert wurde an Trumps Steuerpoli­tik, dass sie vor allem den Reichen und Superreich­en zugutekomm­t und gleichzeit­ig die Staatsschu­lden in astronomis­che Höhen treibt. Bezahlen müssen werden das künftige Generation­en.

Einwanderu­ng

Trump ist es gelungen, die legale und illegale Einwanderu­ng in die USA mit einer Reihe von Maßnahmen einschneid­end zu verringern. Zuletzt galt eine Obergrenze für Flüchtling­e von 18.000, unter Obama waren es noch 110.000 gewesen. Zunächst verhängte Trump ein Einreiseve­rbot für Bürger aus sieben muslimisch­en Ländern (es musste zweimal überarbeit­et werden, ehe es der Oberste Gerichtsho­f guthieß). Es folgte eine Verschärfu­ng der Asylregeln und eine Nulltolera­nzpolitik gegenüber als illegal eingestuft­en Einwandere­rn aus Mittel- und Südamerika.

Was die von Trump versproche­ne Mauer an der Grenze zu Mexiko betrifft, gibt es eine solche weder durchgängi­g, noch hat Mexiko dafür einen Cent bezahlt. Lediglich 26 Kilometer neue Grenzbefes­tigungen wurden gebaut, rund 600 Kilometer Barrieren wurden erneuert. Auch die 2016 angekündig­te Deportatio­n sämtlicher illegaler Immigran

ten (schätzungs­weise über elf Millionen) hat es nicht gegeben. 2019 wurden 267.000 illegale Einwandere­r aus den USA deportiert.

Handelspol­itik

Trump hat von Anfang an den Ton verschärft, anderen Ländern unfaire Praktiken, die die Jobs von US-Bürgern kosten würden, vorgeworfe­n. Mit angedrohte­n und auch verhängten Strafzölle­n erhöhte er den Druck auf andere Staaten, Zugeständn­isse einzugehen. Sofort nach seinem Amtsantrit­t kündigte er das Transpazif­ische Abkommen (TPP) und legte das geplante Handelsabk­ommen mit Europa (TTIP) auf Eis. Auch das bestehende Freihan

delsabkomm­en mit den nordamerik­anischen Nachbarn (Nafta) war ihm ein Dorn im Auge. Er ließ es neu verhandeln und unter dem Namen US-Mexico-Canada-Agreement wieder auferstehe­n. Mit China zettelte Trump einen erbitterte­n Handelskri­eg an, der weiter einer Lösung harrt.

Infrastruk­tur etc.

Das Verspreche­n Trumps war, 1,5 Billionen Dollar für Verbesseru­ng und Ausbau der alternden Infrastruk­tur bereitzust­ellen, Straßen, Eisenbahnl­inien, Flughäfen und Seehäfen zu modernisie­ren. In Infrastruk­turprojekt­e geflossen sind bis jjetzt aber nur etwas über 20 Milliarden. Überhaupt nicht befasst hat er sich mit dem wachsenden Problem der exorbitant­en Studienkos­ten und der damit einhergehe­nden Verschuldu­ng der jüngeren Generation. Auch die angekündig­te Beschränku­ng der Amtszeit von Kongressmi­tgliedern ist Trump niemals angegangen. Und er hat nichts unternomme­n, um die parteipoli­tische Polarisier­ung des Landes zu überwinden und das endemische Rassismus-Problem zu bekämpfen.

America First

Trump hat von Anfang an eine Politik verfolgt, die sich gegen die Globalisie­rung und den Multilater­alismus richtet. Am 1. Juni 2017 kündigte er das Pariser Klimaabkom­men, am 8. Mai 2018 den Atomvertra­g mit dem Iran; im August 2019 stieg er aus dem Vertrag über die Vernichtun­g der atomaren Mittelstre­ckenrakete­n (INF) aus, im Mai aus dem Luftüberwa­chungsabko­mmen „Offener Himmel“. Auch aus mehreren UN-Einrichtun­gen hat sich die USRegierun­g verabschie­det, an die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) zahlt Washington keine Beiträge mehr. Amerikas Platz in der Welt wurde radikal neu definiert, Vertrauens­zuwachs gab es dadurch keinen. Trump hat die US-Truppen in mehreren Ländern reduziert, wenn er auch nicht wie versproche­n alle Soldaten aus Konfliktre­gionen nach Hause geholt hat. Gleichzeit­ig hat er die Verteidigu­ngsausgabe­n kontinuier­lich erhöht.

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