Die Presse

Frankreich

- Julia Wenzel

Zwar vermochten auch die Hipsterhot­spots von Bad Gastein, das Sommerwand­ern auf der Streif und die pannonisch­en Weinverkos­tungen im Seewinkel und Blaufränki­schland im Corona-Sommer zu begeistern, doch die Reiselust in Richtung Grande Nation steigt mit jedem nasskalten Oktobermor­gen. Studien- und auslandsse­mesterbedi­ngt bereits einmal für ein Jahr zum Lebensmitt­elpunkt auserwählt, weckt Frankreich aktuell am öftesten die Sehnsucht nach Urlaub. Die Erinnerung­en an frühabendl­iche Märsche durch kniehohe provenzali­sche Lavendelfe­lder, das nachmittäg­liche Nippen an einem Glas Sancerre in der Rue des Abbesses am Fuße der Sacre-´Coeur am Montmartre oder die beeindruck­ende Wucht der Dune de Pilat entlang der sanft aufbrausen­den Atlantikkü­ste der Aquitaine sind immer dann besonders intensiv, wenn sich der heimische Herbst wie zuletzt von seiner mausgrauen Seite zeigt. Elegantes Paris, raue Normandie, duftende Provence, alpine Auvergne, deftiges Elsass – so vielseitig das Land seine Besucher zu verzaubern weiß, so eintönig ist die Mischung aus Nostalgie und Fernweh infolge monatelang­er Reiseabsti­nenz derzeit. Mit selbst gekochtem Coq au vin und dem Flanieren durch Wiens französisc­he Ecken wird sie mitunter erträglich­er. Wer das am ehesten als Frankreich-Ersatz für sich nutzen will, dem sei das Servitenvi­ertel zwischen Porzellan-, Grünentor und Servitenga­sse empfohlen. Wo man bei Cafe´ au lait, Pain au chocolat und Vintage-Möbeln schon einmal vergisst: Das hier ist (noch immer) nicht Paris.

Newspapers in German

Newspapers from Austria