Sparschweins beste Zeit ist vorüber
Weltspartag. Die Zinsen auf dem Sparbuch sind im Keller, trotzdem neigen die Österreicher dazu, ihr Kapital unverzinst herumliegen zu lassen. Doch auch Aktien sind nicht ohne Risiko.
Die Österreicher neigen dazu, ihr Geld unverzinst liegen zu lassen.
Wien. Am kommenden Freitag ist es wieder einmal so weit: Da steht der Weltspartag ins Haus. Doch das Coronavirus hat die lieb gewonnene Tradition der Österreicher etwas durcheinandergewirbelt. Statt das Sparbuch wie sonst an nur einem einzigen Tag zu würdigen, entschlossen sich viele Banken dazu, Weltsparwochen auszurufen. Allerdings in einer deutlich abgespeckten Version.
Das Sparbuch macht seinem Namen aber längst keine Ehre mehr. Wie eine Erhebung der Arbeiterkammer zeigt, gibt es für täglich fällige Sparbücher im Median (50 Prozent liegen darüber, 50 Prozent liegen darunter) nur noch 0,01 Prozent Zinsen, für täglich fällige Online-Sparbücher sind es 0,075 Prozent. Selbst längere Bindungsfristen rentieren sich kaum. Bei einer fixen Veranlagungsdauer von 60 Monaten, also fünf Jahren, beläuft sich der Zinssatz auf 0,5 Prozent im Median. Die AK hat sich für ihre Studie die Zinssätze von 32 Banken angesehen.
Zusätzlich zu den niedrigen Zinsen sind teils noch Kosten für die Kontoführung zu entrichten, die Kapitalertragsteuer (KESt) von 25 Prozent wird ebenfalls abgezogen. Den Sparern bleibt nach Abzug der Inflation also ein realer Verlust übrig. Das hielt die Österreicher in den ersten sechs Monaten dieses Jahres aber nicht davon ab, ihr Geld in Form von kurzfristig verfügbarem Kapital zu halten. Der Bestand beläuft sich mittlerweile auf 41 Prozent des gesamten Finanzvermögens.
In den ersten beiden Quartalen erhöhten sich demnach nicht nur die Bargeldbestände, sondern auch jene auf Gehalts- oder Girokonten bzw. täglich fälligen Sparkonten. Schuld daran war und ist die Coronakrise. Die Angst vor der Zukunft und die Sorge vor dem Verlust des
Arbeitsplatzes ließen die Einlagen anschwellen. Hinzu kam ein unfreiwilliger Konsumverzicht im heurigen Frühjahr, der die Menschen am Geldausgeben hinderte oder es ihnen verleidete.
Auch die Sparquote stieg in der Folge an. Sie belief sich zuletzt auf 10,4 Prozent, nach 8,2 Prozent im Vorjahreszeitraum. Eine Entwicklung, die nicht nur in Österreich zu beobachten war. In den USA kletterte die Sparquote im April auf 33 Prozent. Die Deutschen dürften in diesem Jahr wiederum so viel auf die Seite legen wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. In der Bundesrepublik rechnet man auch für das kommende Jahr mit einem erhöhten Niveau.
Streuen erleichtert Anlegen
Doch gibt es auch Haushalte, die ihr Kapital in Aktien investieren – und die coronabedingten Kurseinbrüche in den ersten sechs Monaten zu Nettokäufen an der Börse nutzten. Davon dürften hierzulande aber vor allem die oberen Einkommensschichten Gebrauch gemacht haben. Dennoch liegt die Vermutung nahe, dass auch das allgemeine Interesse an Wertpapieren gestiegen sein könnte. So berichtete die „Presse“schon Ende März von einem Kundenansturm auf Onlinebroker, mancherorts schafften es Kunden gar nur noch auf Wartelisten.
Freilich, wer an der Börse investieren will, braucht nicht nur Nerven, sondern auch die Muße, sich mit ihr zu beschäftigen. Auch die Kosten sind nicht zu vernachlässigen, die KESt beträgt 27,5 Prozent. Zudem kommt es darauf an, wo man investiert. Im breiten US-Index S&P 500 konnte man seit Jänner 2007 Kursgewinne von 169 Prozent (auf Eurobasis) einfahren, im ATX belief sich der Verlust dagegen auf rund 53 Prozent. Weshalb man sich ein Börsenmantra zu Herzen nehmen sollte: streuen.