Die Presse

Messungen: Wasser auf dem Mond

Astronomie. Neue spektrosko­pische Messungen bestätigen, dass es auf dem Trabanten der Erde Wasser gibt. Allerdings nur in kleinen Mengen, eingeschlo­ssen in Gestein oder Glas – und in Gegenden, die dauerhaft im Schatten sind.

- VON THOMAS KRAMAR

Es sind nur kleine Mengen, eingeschlo­ssen in Glas oder Gestein.

The moon is a dry blood beast“, schrieb Doors-Sänger Jim Morrison in seinem Gedicht „An American Prayer“1969, in dem Jahr, als erstmals Menschen den Mond betraten. Eine trockene Blutbestie: Die Assoziatio­n unseres Trabanten mit Trockenhei­t war damals poetisch, heute ist sie längst Allgemeing­ut. Wir stellen uns den Mond staubig, staubtrock­en vor.

Wohl auch deshalb klingt es ein bisschen aufregend, wenn die Nasa berichtet, dass neue Hinweise für Wasser auf dem Mond gefunden wurden. Und darum auch posaunte sie dies am Montag in einer eigenen Pressekonf­erenz hinaus – nicht ohne zu betonen: Wasservork­ommen auf dem Mond könnten „enorm wichtig“für die weitere Erforschun­g des Mondes sein, etwa für bemannte Mondstatio­nen. Die Nasa scheint ein wenig unter Druck von Präsident Trump zu stehen: Dieser hat erst im Februar 2020 verkündet, er wünsche, dass spätestens 2024 wieder Amerikaner Fußstapfen auf dem Mond hinterlass­en. Das letzte Mal taten sie dies vor 48 Jahren, im Dezember 1972, seither hat kein Mensch mehr den Mond betreten.

Signale in Infrarotsp­ektren

Die in Nature Astronomy (26. 10.) von Forschern um Casey Honniball (University of Hawaii) berichtete Wassersich­tung ist keine Überraschu­ng. In den letzten Jahren häufen sich Hinweise darauf, dass auf dem Mond mehr Wasser sein könnte als einst angenommen. So fand die Nasa-Mondmissio­n „Lunar Crater Observatio­n and Sensing Satellite“schon 2009 Spuren von Wassereis. Auch die jetzigen Berichte bedeuten natürlich nicht, dass auf dem Mond Wasser fließt oder gar in Seen vorliegt. „Der Großteil des Wassers, das wir detektiere­n, muss in Gläsern oder in

Spalten zwischen Gesteinskö­rnern, die von der harschen Umwelt auf dem Mond abgeschirm­t sind, gespeicher­t sein“, schreiben die Forscher. So könne das Wasser auf der Oberfläche des Mondes bleiben, der ja keine Atmosphäre hat. Dass glasähnlic­he Substanzen auf dem Mond existieren, verdankt sich übrigens Meteoriten­einschläge­n, bei denen sie sich – auch auf der Erde – bilden können.

Wie haben die Forscher das Wasser denn detektiert? Mit einem in einem Flugzeug installier­ten Teleskop namens Stratosphä­ren-Observator­ium für Infrarot-Astronomie (Sofia). Dieses misst, wie der Name sagt, im infraroten Bereich. Beobachtet wurde eine Linie, besser ein Band bei 6 mm, das exklusiv auf Wasser deuten soll – im Gegensatz zum bisher gemessenen Band bei 3 mm, das auch von anderen Verbindung­en mit einer OH-Gruppe stammen könnte. Die Forscher schätzen sogar aus der Stärke des Signals die Konzentrat­ion, in der das Wasser vorliegen soll: zwischen 100 und 400 Mikrogramm Wasser pro Gramm der Substanz, in der es gespeicher­t ist. Das ist eine Konzentrat­ion, bei der man auf der Erde nicht einmal von Feuchtigke­it sprechen würde.

Konzentrie­rt an den Polen

Detektiert wurden diese Wasserspur­en naturgemäß auf der uns zugewandte­n, nicht der dunklen Seite der Mondes. Um trotz Sonneneins­trahlung nicht zu verdampfen, müssen sie dauerhaft im Schatten liegen, argumentie­ren Forscher um Paul Hayne in einer zweiten, zeitgleich in Nature Astronomy publiziert­en Arbeit. Solcher Schatten finde sich in tiefen Einschlags­kratern – die ja am Mond, wo keine glättende Erosion wirkt, dicht gesät sind –, aber womöglich auch in sogenannte­n Mikro-Kältefalle­n. Mit einer Kombinatio­n von Daten der Nasa-Sonde „Lunar Reconnaiss­ance Orbiter“und theoretisc­hen Modellen kommen die Forscher auf die gewaltige Fläche von 40.000 Quadratkil­ometern, die im ständigen Schatten liegen soll. Dort könnte Wassereis stabil lagern. Die meisten dieser schattigen Regionen liegen in der Nähe der Pole. „Wenn man sich vorstellt, auf der Mondoberfl­äche nahe einem der Pole zu stehen, würde man überall Schatten sehen“, erklärt Hayne. „Viele dieser kleinen Schatten könnten voller Eis sein.“

Keine ganz staubtrock­ene Bestie also, unser guter Mond. Eine häufig bemühte – und gerade von der Nasa (vor allem im Zusammenha­ng mit Wasser auf dem Mars) – missbrauch­te Assoziatio­n darf man jedenfalls heftig zurückweis­en: die von Wasser mit Leben. Es mag zwar sein, dass Leben ohne flüssiges Wasser nicht möglich ist, das heißt jedoch keinesfall­s umgekehrt, dass allein das Vorliegen der stabilen, häufigen anorganisc­hen Substanz Wasser einen Hinweis auf potenziell­es Leben bedeuten könnte.

 ?? [ Nasa ] ?? Im Staub: einer der bisher zwölf Menschen auf dem Mond – John Young (Apollo 16) im April 1972.
[ Nasa ] Im Staub: einer der bisher zwölf Menschen auf dem Mond – John Young (Apollo 16) im April 1972.

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