Messungen: Wasser auf dem Mond
Astronomie. Neue spektroskopische Messungen bestätigen, dass es auf dem Trabanten der Erde Wasser gibt. Allerdings nur in kleinen Mengen, eingeschlossen in Gestein oder Glas – und in Gegenden, die dauerhaft im Schatten sind.
Es sind nur kleine Mengen, eingeschlossen in Glas oder Gestein.
The moon is a dry blood beast“, schrieb Doors-Sänger Jim Morrison in seinem Gedicht „An American Prayer“1969, in dem Jahr, als erstmals Menschen den Mond betraten. Eine trockene Blutbestie: Die Assoziation unseres Trabanten mit Trockenheit war damals poetisch, heute ist sie längst Allgemeingut. Wir stellen uns den Mond staubig, staubtrocken vor.
Wohl auch deshalb klingt es ein bisschen aufregend, wenn die Nasa berichtet, dass neue Hinweise für Wasser auf dem Mond gefunden wurden. Und darum auch posaunte sie dies am Montag in einer eigenen Pressekonferenz hinaus – nicht ohne zu betonen: Wasservorkommen auf dem Mond könnten „enorm wichtig“für die weitere Erforschung des Mondes sein, etwa für bemannte Mondstationen. Die Nasa scheint ein wenig unter Druck von Präsident Trump zu stehen: Dieser hat erst im Februar 2020 verkündet, er wünsche, dass spätestens 2024 wieder Amerikaner Fußstapfen auf dem Mond hinterlassen. Das letzte Mal taten sie dies vor 48 Jahren, im Dezember 1972, seither hat kein Mensch mehr den Mond betreten.
Signale in Infrarotspektren
Die in Nature Astronomy (26. 10.) von Forschern um Casey Honniball (University of Hawaii) berichtete Wassersichtung ist keine Überraschung. In den letzten Jahren häufen sich Hinweise darauf, dass auf dem Mond mehr Wasser sein könnte als einst angenommen. So fand die Nasa-Mondmission „Lunar Crater Observation and Sensing Satellite“schon 2009 Spuren von Wassereis. Auch die jetzigen Berichte bedeuten natürlich nicht, dass auf dem Mond Wasser fließt oder gar in Seen vorliegt. „Der Großteil des Wassers, das wir detektieren, muss in Gläsern oder in
Spalten zwischen Gesteinskörnern, die von der harschen Umwelt auf dem Mond abgeschirmt sind, gespeichert sein“, schreiben die Forscher. So könne das Wasser auf der Oberfläche des Mondes bleiben, der ja keine Atmosphäre hat. Dass glasähnliche Substanzen auf dem Mond existieren, verdankt sich übrigens Meteoriteneinschlägen, bei denen sie sich – auch auf der Erde – bilden können.
Wie haben die Forscher das Wasser denn detektiert? Mit einem in einem Flugzeug installierten Teleskop namens Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie (Sofia). Dieses misst, wie der Name sagt, im infraroten Bereich. Beobachtet wurde eine Linie, besser ein Band bei 6 mm, das exklusiv auf Wasser deuten soll – im Gegensatz zum bisher gemessenen Band bei 3 mm, das auch von anderen Verbindungen mit einer OH-Gruppe stammen könnte. Die Forscher schätzen sogar aus der Stärke des Signals die Konzentration, in der das Wasser vorliegen soll: zwischen 100 und 400 Mikrogramm Wasser pro Gramm der Substanz, in der es gespeichert ist. Das ist eine Konzentration, bei der man auf der Erde nicht einmal von Feuchtigkeit sprechen würde.
Konzentriert an den Polen
Detektiert wurden diese Wasserspuren naturgemäß auf der uns zugewandten, nicht der dunklen Seite der Mondes. Um trotz Sonneneinstrahlung nicht zu verdampfen, müssen sie dauerhaft im Schatten liegen, argumentieren Forscher um Paul Hayne in einer zweiten, zeitgleich in Nature Astronomy publizierten Arbeit. Solcher Schatten finde sich in tiefen Einschlagskratern – die ja am Mond, wo keine glättende Erosion wirkt, dicht gesät sind –, aber womöglich auch in sogenannten Mikro-Kältefallen. Mit einer Kombination von Daten der Nasa-Sonde „Lunar Reconnaissance Orbiter“und theoretischen Modellen kommen die Forscher auf die gewaltige Fläche von 40.000 Quadratkilometern, die im ständigen Schatten liegen soll. Dort könnte Wassereis stabil lagern. Die meisten dieser schattigen Regionen liegen in der Nähe der Pole. „Wenn man sich vorstellt, auf der Mondoberfläche nahe einem der Pole zu stehen, würde man überall Schatten sehen“, erklärt Hayne. „Viele dieser kleinen Schatten könnten voller Eis sein.“
Keine ganz staubtrockene Bestie also, unser guter Mond. Eine häufig bemühte – und gerade von der Nasa (vor allem im Zusammenhang mit Wasser auf dem Mars) – missbrauchte Assoziation darf man jedenfalls heftig zurückweisen: die von Wasser mit Leben. Es mag zwar sein, dass Leben ohne flüssiges Wasser nicht möglich ist, das heißt jedoch keinesfalls umgekehrt, dass allein das Vorliegen der stabilen, häufigen anorganischen Substanz Wasser einen Hinweis auf potenzielles Leben bedeuten könnte.