Die Presse

Luftangrif­f als Warnung an die Türkei

Die russische Luftwaffe tötet Dutzende protürkisc­he Kämpfer in Nordsyrien.

- Von unserem Mitarbeite­r THOMAS SEIBERT

Istanbul. Es ist eine klare Kampfansag­e an Ankara: Rund 80 Türkei-treue Kämpfer hat die russische Luftwaffe nun bei einem Angriff auf ein Ausbildung­slager der Gruppe Failak al-Sham getötet. Die Attacke nur wenige Kilometer von der türkischen Grenze entfernt war ein schwerer Schlag gegen die Rebellen in der nordsyrisc­hen Provinz Idlib. Moskau erhöht den Druck auf Ankara in Syrien und warnt die türkische Regierung zugleich wegen ihrer Einmischun­gsversuche im Konflikt um Berg-Karabach.

Russland und die Türkei arbeiten seit Jahren in Syrien zusammen, obwohl Moskau den syrischen Präsidente­n Bashar al-Assad unterstütz­t und Ankara die Rebellen, die gegen Assad kämpfen. Die Kooperatio­n nützte bisher beiden Seiten: Russland konnte das NatoLand Türkei aus dem Westen herauslöse­n, und Ankara konnte die eigenen Interessen in Syrien verfolgen. Eine Offensive Assads in Idlib, der letzten Rebellenba­stion in Syrien, belastete jedoch bereits Ende vergangene­n Jahres das russischtü­rkische Bündnis.

Im Frühjahr einigten sich Kremlchef Wladimir Putin und der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan˘ auf einen Waffenstil­lstand zwischen ihren Verbündete­n in Syrien, der die Lage in Idlib stabilisie­ren sollte. In jüngster Zeit fliegen russische und syrische Kampfflugz­euge jedoch wieder mehr Angriffe in der Gegend; türkische Soldaten mussten sich von einigen Beobachtun­gsposten zurückzieh­en.

Berg-Karabach als Auslöser

Der Angriff am Montag sei als direkte Botschaft Moskaus an Ankara zu verstehen, schrieb Charles Lister vom Nahost-Institut in Washington auf Twitter. Auch Russland-Experte Kerim Has meint, der Luftangrif­f hänge mit dem Konflikt im Kaukasus zusammen: „Für Moskau ist das Timing perfekt“, sagt er zur „Presse“. Der Krieg in Berg-Karabach sei der Auslöser für den Angriff gewesen.

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