Der Showdown im „Sunshine State“
US-Wahlkampf. In Florida werben die Kandidaten vor allem um Pensionisten und Hispanics. Ein Wahlkampf der Kontraste: Donald Trump sieht Heimvorteil in seiner Wahlheimat, Joe Biden reaktiviert Polit-Rentner Barack Obama.
Wien/Washington. Tampa wurde am Donnerstag zum Kristallisationspunkt im Endspurt des Wahlkampfs. Im Abstand von wenigen Stunden und ein paar Kilometer voneinander entfernt hatten Donald Trump und Joe Bilden in der Stadt in Florida, 2012 Schauplatz des Parteitags der Republikaner, ihre Auftritte angesetzt, die deutlich in Kontrast zueinander standen. Der demokratische Herausforderer, der sonst nur vor einigen Dutzend Anhängern spricht, hatte unter Einhaltung strikter CoronaSchutzmaßnahmen diesmal einen Parkplatz als Ort gewählt, der insgesamt ein wenig mehr Zuschauer erlaubte und zugleich Sicherheit gewährleistete.
Und doch erntete der bald 78-Jährige erneut den Spott des 74-jährigen Präsidenten, der das Bad in der Menge liebt – je größer, desto besser, lautet Trumps Devise. Tausende Anhänger tummeln sich bei seinen Veranstaltungen, dicht gedrängt und meist ohne Gesichtsmaske. Biden warf ihm wiederum Totalversagen im Management der Coronakrise vor. Mark Meadows, Trumps Stabschef, hatte ihm kürzlich neue Munition geliefert. Er gab zu, die Kontrolle über die Pandemie verloren zu haben.
„Covid, Covid, Covid“
Vom „C-Wort“, dem Coronavirus, mag Trump indes nichts mehr hören, obwohl die Zahl der Infektionen neuerlich ansteigt – bis zum Spitzenwert von 83.000 am vorigen Wochenende. „Covid, Covid, Covid“, stöhnt Trump in gespielter Entrüstung. Nichts anderes würden die „Fake-News-Medien“trommeln – bis zum 4. November, dem Tag nach der Wahl, suggeriert er. Umfragen belegen, dass Floridas Pensionisten die Angst vor der Pandemie deutlich mehr bewegt als ihren Präsidenten, der sich als bestes Beispiel für einen geheilten Patienten präsentiert.
Die Senioren und die Hispanics sind die umkämpften Zielgruppen im Showdown um den „Sunshine State“, wie sich Florida bezeichnet. Jüngste Umfragen deuten neuerlich auf ein Kopf-anKopf-Rennen hin. So gab der Präsident in seiner Wahlheimat kürzlich seine Stimme ab. Mehrmals trat er bei Kundgebungen auf – auch in „The Villages“, einer Stadt, in der viele zugezogene Rentner ihren Lebensabend verbringen und überwiegend republikanisch wählen.
Im Finish hat Biden den PolitRentner Barack Obama für den Wahlkampf reaktiviert. In Miami und Orlando fand der Ex-Präsident zunehmend Gefallen daran, öffentlich gegen seinen Nachfolger zu sticheln und ihn mit seinen Attacken zu provozieren. Um Trump nervös zu machen, schickt Biden überdies seine Vizepräsidentschaftskandidatin, Kamala Harris, nach Texas, einst eine republikanische Bastion.