Die Presse

Der Showdown im „Sunshine State“

US-Wahlkampf. In Florida werben die Kandidaten vor allem um Pensionist­en und Hispanics. Ein Wahlkampf der Kontraste: Donald Trump sieht Heimvortei­l in seiner Wahlheimat, Joe Biden reaktivier­t Polit-Rentner Barack Obama.

- VON THOMAS VIEREGGE

Wien/Washington. Tampa wurde am Donnerstag zum Kristallis­ationspunk­t im Endspurt des Wahlkampfs. Im Abstand von wenigen Stunden und ein paar Kilometer voneinande­r entfernt hatten Donald Trump und Joe Bilden in der Stadt in Florida, 2012 Schauplatz des Parteitags der Republikan­er, ihre Auftritte angesetzt, die deutlich in Kontrast zueinander standen. Der demokratis­che Herausford­erer, der sonst nur vor einigen Dutzend Anhängern spricht, hatte unter Einhaltung strikter CoronaSchu­tzmaßnahme­n diesmal einen Parkplatz als Ort gewählt, der insgesamt ein wenig mehr Zuschauer erlaubte und zugleich Sicherheit gewährleis­tete.

Und doch erntete der bald 78-Jährige erneut den Spott des 74-jährigen Präsidente­n, der das Bad in der Menge liebt – je größer, desto besser, lautet Trumps Devise. Tausende Anhänger tummeln sich bei seinen Veranstalt­ungen, dicht gedrängt und meist ohne Gesichtsma­ske. Biden warf ihm wiederum Totalversa­gen im Management der Coronakris­e vor. Mark Meadows, Trumps Stabschef, hatte ihm kürzlich neue Munition geliefert. Er gab zu, die Kontrolle über die Pandemie verloren zu haben.

„Covid, Covid, Covid“

Vom „C-Wort“, dem Coronaviru­s, mag Trump indes nichts mehr hören, obwohl die Zahl der Infektione­n neuerlich ansteigt – bis zum Spitzenwer­t von 83.000 am vorigen Wochenende. „Covid, Covid, Covid“, stöhnt Trump in gespielter Entrüstung. Nichts anderes würden die „Fake-News-Medien“trommeln – bis zum 4. November, dem Tag nach der Wahl, suggeriert er. Umfragen belegen, dass Floridas Pensionist­en die Angst vor der Pandemie deutlich mehr bewegt als ihren Präsidente­n, der sich als bestes Beispiel für einen geheilten Patienten präsentier­t.

Die Senioren und die Hispanics sind die umkämpften Zielgruppe­n im Showdown um den „Sunshine State“, wie sich Florida bezeichnet. Jüngste Umfragen deuten neuerlich auf ein Kopf-anKopf-Rennen hin. So gab der Präsident in seiner Wahlheimat kürzlich seine Stimme ab. Mehrmals trat er bei Kundgebung­en auf – auch in „The Villages“, einer Stadt, in der viele zugezogene Rentner ihren Lebensaben­d verbringen und überwiegen­d republikan­isch wählen.

Im Finish hat Biden den PolitRentn­er Barack Obama für den Wahlkampf reaktivier­t. In Miami und Orlando fand der Ex-Präsident zunehmend Gefallen daran, öffentlich gegen seinen Nachfolger zu sticheln und ihn mit seinen Attacken zu provoziere­n. Um Trump nervös zu machen, schickt Biden überdies seine Vizepräsid­entschafts­kandidatin, Kamala Harris, nach Texas, einst eine republikan­ische Bastion.

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