Die Presse

Kampf gegen „goldene Pässe“

Staatsbürg­erschaft. Der Verkauf von Pässen durch Zypern und Malta hat die EU-Kommission auf den Plan gerufen.

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Wien. Der Entwicklun­gsökonom Branko Milanovic beschäftig­t sich seit geraumer Zeit mit der sogenannte­n Staatsbürg­erschaft-Prämie. Damit gemeint sind Privilegie­n, die den Bürgern gewisser Staaten zur Verfügung stehen – beispielsw­eise der Zugang zu einem stabilen Gesundheit­s- und Pensionssy­stem, die Einhaltung der Menschenre­chte durch die Behörden sowie Reisefreih­eit. Diese Privilegie­n sorgen für Migrations­druck – und halten das globale Geschäft mit dem Verkauf von begehrten Pässen am Laufen.

Auf der Beliebthei­tsskala ganz oben sind Pässe von EU-Mitgliedst­aaten. Und das hat nicht ausschließ­lich damit zu tun, dass die 27 Unionsmitg­lieder zu den wohlhabend­sten und sichersten Staaten der Welt zählen, sondern auch mit der EU selbst. Denn mit der Staatsbürg­erschaft eines EU-Mitglieds geht automatisc­h die EU-Staatsbürg­erschaft einher, die Reise- und Niederlass­ungsfreihe­it in der gesamten EU gewährt.

Insofern ist es wenig verwunderl­ich, dass einige EU-Mitglieder den Verkauf von Staatsbürg­erschaften an wohlhabend­e Investoren aus Drittstaat­en als Geschäftsz­weig erkannt haben. Besonders Zypern und Malta haben im großen Stil sogenannte goldene Pässe an zahlungskr­äftige Klientel vergeben. Nachdem nicht davon auszugehen ist, dass die meisten Neo-Bürger tatsächlic­h auf die kleinen Inseln übersiedel­n werden, liegt der Verdacht nahe, dass die Käufer goldener Pässe darauf abzielen, sich in anderen EUStaaten niederzula­ssen.

Nachdem der Handel mit EU-Pässen immer größere Ausmaße angenommen hat – wer einen zypriotisc­hen Pass will, muss mindestens zwei Mio. Euro in Immobilien investiere­n –, sah sich die EU-Kommission Mitte Oktober zum Einschreit­en gezwungen und eröffnete Vertragsve­rletzungsv­erfahren gegen Zypern und Malta. Die Brüsseler Behörde argumentie­rt, dass das lukrative Geschäft die „Integrität der EUStaatsbü­rgerschaft“beschädige und mit Artikel 4 des EU-Vertrags nicht vereinbar sei, der EU-Mitglieder zur „loyalen Zusammenar­beit“verpflicht­et. Zwar seien Staatsbürg­erschaften nationale Zuständigk­eit, doch aufgrund des Privilegs der EU-Staatsbürg­erschaft – Stichwort Niederlass­ungsfreihe­it – hätten nationale Alleingäng­e Auswirkung­en auf alle anderen Mitgliedst­aaten. (la)

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